Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Die jüngs­ten Entwicklungen haben gezeigt, dass immer wieder Informationen von Datenträgern, die rechtswidrig erlangt werden, oder Informationen aus Ermittlungsverfahren – und zwar auch dann, wenn sie gar keine strafrechtliche Relevanz haben –, die von der Staatsanwaltschaft gespeichert werden, an die Öffentlichkeit kommen und damit ver­bunden die Betroffenen in ihrer wirtschaftlichen, persönlichen, privaten Existenz nicht nur gefährden, sondern teilweise diese Existenz sogar vernichten. Es ist auch eine Vor­verurteilung damit einhergehend, die mit dem Recht auf ein faires Verfahren nicht im Einklang steht und, wie ich glaube, einem Rechtsstaat auch nicht würdig ist.

Diese Informationen kommen von Datenträgern, und es erhebt sich die Frage, welche Maßnahmen Sie diesbezüglich setzen wollen, da Sie Ihre Schutzfunktion in Ihrer Tätig­keit als Ministerin ja intensiv betonen und dieser Schutz auch für diese Betroffenen gelten muss. Welche Maßnahmen setzen Sie, damit derart Betroffene, von diesen Vor­gängen betroffene Personen, einschließlich Verdächtigter oder Beschuldigter in Ermitt­lungsverfahren, vor allem bezogen auf den Zugriff der Staatsanwaltschaften auf Mo­biltelefone und Datenträger, geschützt werden, damit diese Veröffentlichungen hintan­gehalten werden und diese Vorverurteilungen nicht stattfinden? Was werden Sie dem Gesetzgeber dazu vorschlagen?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 136/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Stärkung der Rechte von Beschuldigten im Strafverfahren werden Sie nicht zu­letzt aufgrund der immer kräftiger werdenden Diskussion zum Beispiel um den Zugriff der Staatsanwaltschaften auf Mobiltelefone dem Gesetzgeber zur Beschlussfassung vorschlagen?“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Wenn Sie die Stärkung der Be­schuldigtenrechte ansprechen, so ist mir das auch ein großes Anliegen. Daher haben wir sowohl im Regierungsprogramm als auch öffentlich immer wieder gesagt, dass, ge­rade wenn es um den Kostenersatz geht, den Ersatz der Kosten im Fall eines Frei­spruchs, wir diesen auch erhöhen wollen. Ich habe dazu auch mit der Verfassungsmi­nisterin und mit dem Finanzminister gesprochen, weil es eben wichtig ist, wenn wir die Beschuldigtenrechte stärken wollen, dass Personen, die freigesprochen werden, auch einen entsprechenden Kostenersatz erhalten.

Das zweite Thema ist natürlich die Beschleunigung der Verfahren. Es ist absolut notwen­dig und wichtig und richtig, dass die Verfahren schneller ablaufen und die Personen rechtzeitig wissen: Wie steht es denn um diesen Fall? Daher habe ich auch einen Kri­tikpunkt aufgenommen, nämlich dass durch die überbordenden Berichtspflichten die Staatsanwaltschaften, gerade wenn es um öffentlichkeitswirksame Verfahren geht, im­mer wieder damit beschäftigt sind, Berichte zu schreiben, und die Zeit dann für Er­mittlungsarbeit fehlt. Ich habe daher die Berichtspflichten, die nicht notwendig sind, re­duziert, damit die Staatsanwaltschaften effizient und rasch ermitteln können.

Die Strafprozessordnung erlaubt die Sicherstellung von Handys, das haben Sie auch angesprochen. Die anschließende Auswertung darauf gespeicherter Daten ist nur dann möglich, wenn dies aus Beweisgründen nötig erscheint. Dabei müssen sowohl belas­tende als auch entlastende Beweise gesammelt werden, und es kommt all das in den Akt, was strafrechtlich relevant ist. Das ist das, was die Staatsanwaltschaft und was die Justiz mit sichergestellten Handys macht.

Wir haben dieses Mal aber zusätzlich die Herausforderung, dass nebenbei der Untersu­chungsausschuss läuft und dass wir vom Verfassungsgerichtshof als auch vom Untersu­chungsausschuss den Auftrag haben, sichergestellte Daten für den Untersuchungsaus­schuss auch nach abstrakter Relevanz zu durchleuchten und dem Untersuchungsaus­schuss diese Daten zur Verfügung zu stellen.

Das Informationsordnungsgesetz regelt klar, wie und in welcher Einstufung diese Daten zu liefern sind, und da gibt es gewisse Verpflichtungen, wie mit diesen Daten umge­gangen werden muss, auch im Untersuchungsausschuss.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Meine Zusatzfrage bezieht sich auf sen­sible Ermittlungsschritte, die aufgrund schwerer Eingriffe in die Grundrechte einer richter­lichen Genehmigung – wie beispielsweise die Anordnungen von Hausdurchsuchungen – bedürfen. Diese Anordnungen werden teilweise mit einem sogenannten Stampiglien­beschluss versehen, das heißt, es wird ein Stempel des Richters mit Unterschrift auf das Schriftstück gesetzt, ohne dass eine nähere Ausfertigung erfolgt. Gerade in sehr sen­siblen Bereichen wäre es sinnvoll, dass eine schriftliche Beschlussausfertigung vorge­nommen wird.

Meine Frage ist daher: Werden Sie Maßnahmen setzen, dass dem Rechnung getragen werden kann?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Ministerin, bitte.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das ist eine Frage, die auch die richterliche Kontrolle über die Staatsanwaltschaften betrifft. Ich habe mich in den Re­gierungsverhandlungen sehr stark dafür eingesetzt, dass wir diese richterliche Kontrolle der Staatsanwaltschaften stärken. Sie ist auch Gegenstand der Arbeitsgruppe zur Ein­setzung eines Bundesstaatsanwaltes. Da wird man sich genau anschauen, inwiefern und inwieweit man diese richterliche Kontrolle ausweiten kann. Ich halte das für richtig und wichtig, das wird auch in dieser Arbeitsgruppe besprochen, und ich bin auf die Er­gebnisse sehr gespannt.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.