Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Guten Morgen, Frau Minister! Ich würde gerne eine Frage zum Maßnahmenpaket gegen Zwangsehe, das ja auch im Regierungspro­gramm steht, stellen. Wir haben ja für Österreich keine konkreten Zahlen, wir kennen aber Zahlen aus anderen Ländern, zum Beispiel aus Deutschland. Dort spricht man of­fiziell von 1 500 Kinderehen, man weiß aber, dass es viele, viele mehr gibt, die einfach nicht in diesem offiziellen Register aufscheinen.

Was Zwangsehen betrifft, haben wir in Österreich NGOs, die sich um davon betroffene Frauen kümmern, da sind Hunderte von Frauen in Betreuung, aber auch die sagen, es muss noch viel, viel mehr Betroffene geben, von denen man nichts weiß.

Wir haben im Regierungsprogramm ein Maßnahmenpaket gegen Zwangsehe verein­bart, aber auch die Prüfung der Anhebung des Ehealters auf 18 und das ausnahmslose Verbot von Cousinenheirat. Das sind Dinge, die da vielleicht helfen würden. Orientex­press, eine NGO, die sich um betroffene Frauen kümmert, sagt, dass ganz oft Minderjäh­rige, hauptsächlich Mädchen, betroffen sind, die in zweiter oder dritter Generation in Ös­terreich leben und im Heimatland ihrer Eltern dann minderjährig verheiratet werden, um die Familienehre zu schützen. Das heißt, das ist auch ein Thema, das Österreich stark betrifft.

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„Welche konkreten Inhalte wird das von Ihnen zu erstellende Maßnahmenpaket gegen Zwangsehe, auf welches wir uns im Regierungsprogramm geeinigt haben, beinhalten?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Ministerin, bitte.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Sie haben es ja angesprochen, wir haben uns im Regierungsprogramm ausgemacht, dass wir prüfen, das Ehealter auf 18 anzuheben. Grundsätzlich ist es ja derzeit so, dass das Gericht auch schon 16-jährige Personen unter bestimmten Voraussetzungen für ehemündig erklären kann. Das ist also ein Thema, das wir uns im Zusammenhang mit der Familien- und Eherechtsreform ge­setzlich sehr wohl anschauen müssen, und wir werden diese Prüfungen, wie im Regie­rungsprogramm vereinbart, auch entsprechend vornehmen. Im Zusammenhang mit der Familien- und Eherechtsreform werden wir auch dieses Thema behandeln. Es ist tat­sächlich so, wie Sie sagen, da müssen wir einfach näher hinschauen und auch sensibili­sieren, da geht es auch darum, Richterinnen und Richter in diesem Zusammenhang zu sensibilisieren.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Wir sprechen einerseits von Kinderehen, aber auch von Zwangsehen, die Phänomene haben ja miteinander zu tun. Das heißt, es geht um das Kindeswohl, aber es geht auch um das Menschenrecht auf Eheschließung, das ja auch beinhaltet, keine Ehe zu schließen, wenn man nicht will, beziehungsweise auch darum, dass der freie Wille durch die Maßnahmen des Staates und die Gesetze gewahrt und geschützt ist.

Sie haben gesagt, es kommt dieses Paket. Wie sieht denn diesbezüglich der zeitliche Rahmen aus und welche Schritte braucht es bis dorthin?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Ministerin, bitte.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Nur um vielleicht meinen Punkt von vorhin zu verstärken: Grundsätzlich ist es ja schon jetzt so, dass Ehen in Österreich erst ab der Volljährigkeit geschlossen werden dürfen. Das Gericht kann das Alter aber unter bestimmten Voraussetzungen absenken, und das ist ja gerade das Thema. Grundsätzlich ist also die Ehemündigkeit an die Volljährigkeit gekoppelt, können Ehen in Österreich erst mit der Volljährigkeit geschlossen werden. Unter bestimmten Voraus­setzungen kann man aber auch jüngere Personen für ehemündig erklären.

Sie haben auch Cousins und Cousinen angesprochen. Auch das ist ein Thema, das wir uns im Rahmen dieser Reform anschauen wollen. Derzeit arbeiten wir sehr intensiv an der Kindschaftsrechtsreform. Sobald die abgeschlossen ist, werden wir die Ehe- und Familienrechtsreform in Angriff nehmen, weil die mindestens genauso umfangreich, wenn nicht noch umfangreicher ist und die Debatte darüber noch emotionaler geführt wird als die Debatte zur Kindschaftsrechtsreform und zum Unterhaltsrecht.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Da alle Anfragen zum Aufruf gelangt sind, darf ich die Fragestunde für beendet erklären, und ich darf mich bei der Frau Minister recht herzlich bedanken. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)