10.34

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Da­men und Herren Abgeordnete! Liebe Österreicherinnen und Österreicher und Men­schen, die in unserem Land leben! Wir sind derzeit mit einer Situation konfrontiert, von der wir alle gemeinsam hier im Hohen Haus eigentlich gehofft haben, dass sie vor allem in Europa nie wieder eintritt. Gleichzeitig sind wir aber heute seit den Morgenstunden mit dem Faktum konfrontiert, dass in Europa wieder Krieg herrscht.

Lassen Sie mich einen besonderen Aspekt zu einer Nation erwähnen, die jetzt gerade in diesem Augenblick, während wir hier reden, mit Truppen und mit Gewalt versucht, ihre Position zu verändern! Russland, die Russische Föderation, ist ein Land von großer Ge­schichte. Es ist vor allem ein Land, das auch mit unserer Geschichte, wenn man in der Historie weit zurückgeht, eng verbunden ist; und es ist vor allem ein Land, dem wir auch zu verdanken haben, dass wir vom Naziterror befreit worden sind. Russische Soldaten sind für die österreichische Demokratie gefallen.

Gleichzeitig erleben wir jetzt, dass Russland einen Weg wählt, den wir zutiefst ablehnen. Für uns in Österreich gilt der Grundsatz: Es gilt die Stärke des Rechts und nicht das Recht des Stärkeren. Das ist für Österreich immens wichtig, denn es heißt für uns als kleines Land, und auch als Land, das sich Neutralität ins Stammbuch geschrieben hat, dass Völkerrecht für uns essenziell ist. Es ist die Grundlage unserer Zeitgeschichte. Völkerrecht ist das Fundament der Gründung der Zweiten Republik. Wir stehen vor einer Entwicklung, die wir so nicht für möglich gehalten haben. Wir haben tatsächlich wieder Krieg in Europa.

Das, was mich wirklich zutiefst beeindruckt – und zwar in diesem Fall leider im negativen Sinn –, ist: Wir sind offensichtlich nicht in der Lage, aus der Geschichte zu lernen, denn die europäische Geschichte ist mit Blut geschrieben. In den vergangenen Jahrzehnten herrschte auf dem europäischen Kontinent Frieden, das war wie ein Aufatmen. Warnzei­chen hat es schon immer genug gegeben: Ich denke an die Neunzigerjahre und den Zerfall des ehemaligen Jugoslawiens. Schon damals waren wir überrascht, dass Ausein­andersetzungen überhaupt noch mit solcher Brutalität geführt werden können.

Heute erleben wir wieder Politik verbunden mit Gewalt, obwohl wir uns in Europa in den verschiedensten internationalen Organisationen unisono dazu bekannt haben, dass wir uns aus dem Lernen der Geschichte heraus eigentlich dazu verpflichten, Konflikte eben nicht mehr mit Gewalt zu lösen, sondern miteinander zu sprechen, uns an einen Ver­handlungstisch zu setzen – auch wenn es mühsam ist, auch wenn das heißt, man kriegt nicht immer zu 100 Prozent das, was man will – und um den Preis des Friedens willen den Verhandlungstisch nicht zu verlassen.

Eines nämlich zeigt die Geschichte, gerade auch die Europas: Im Krieg gibt es immer nur Verlierer, und die Ersten, die verlieren, sind die Schwachen in unserer Gesellschaft. Das Leid wird dann immer historisch aufgearbeitet, da gibt es ganz viel wissenschaftli­chen Diskurs dazu, das Leid aber bleibt immer das Gleiche. Der Verlust von Menschen ist immer gleich schrecklich, und er lässt sich in Wahrheit nicht dadurch rechtfertigen, dass man versucht, seine politischen Interessen durchzusetzen.

Es ist tatsächlich eine ernste Situation, die wir jetzt gerade in der Ukraine erleben. Wir erleben eine umfassende Invasion vom Norden, vom Süden und im Osten. Die Groß­macht Russische Föderation zeigt ihr gesamtes militärisches Potenzial, von amphibi­schen Anlandungen bis zu Luftlandedivisionen bis zur Panzerwaffe bis zur weitreichen­den Artillerie. All das klingt in Worten und Sätzen noch gar nicht so dramatisch, aber jede Artilleriegranate, jeder Schuss kann ein Menschenleben auf Dauer zerstören oder tat­sächlich auch auf Dauer beschädigen.

Es gibt, glaube ich, tatsächlich – auch das ist ein Lernen aus der Geschichte – nichts, was nur fatal und schlecht ist. Was meine ich damit? – Es ist das, was man der Euro­päischen Union bei all den Diskussionen und Problemen, die wir auf Regierungschef­ebene, auf Ministerebene ständig aufgrund der 27-fach verschiedenen Interessen, die aufeinanderprallen und die oft leidenschaftlich diskutiert werden – von wirtschaftlichen Interessen bis zur Energieversorgung –, zu klären haben, schon seit Langem nicht mehr zutraut. All das ist ein intensiv geführter Diskurs in der Europäischen Union, aber heute und in den Tagen davor ist es anders: Die Europäische Union spricht mit einer Stimme. Die Europäische Union bekennt sich zu einem gemeinschaftlichen Vorgehen, und dieses gemeinschaftliche Vorgehen ist in dieser Zeit der Not, in dieser unglaublichen Krise und Dramatik für die Menschen in der Ukraine so wichtig und gleichzeitig für uns in der Eu­ropäischen Union so einend.

Die Europäische Union hat klargemacht, dass sie klare Zeichen setzen wird – übersetzt: Sanktionen –, wenn es darum geht, demjenigen Einhalt zu gebieten, der jetzt glaubt, die Geschichte revidieren zu müssen, aus der Erkenntnis, dass Krieg das schlechteste aller Mittel ist, um tatsächlich Politik zu gestalten, denn sie ist dann mit Blut und Elend ge­staltet. Die Union hat sich dazu bekannt, klar und geeint mit Sanktionen gegen die Rus­sische Föderation aufzutreten.

Es gibt einen Aspekt, der im Vorfeld immer wieder diskutiert worden ist. Es ist ein kleines, aber nicht unwesentliches Detail. Erinnern Sie sich gemeinsam mit mir daran, die oft gestellte Frage war: Ist Nord Stream 2, die Erdgasleitung, denn gar kein Thema von Sanktionen? Kann es sein, dass der Zynismus so groß ist, dass man dieses Projekt einfach durchlaufen lässt, obwohl so viel Unrecht geschieht? Die Europäische Union hat das Gegenteil bewiesen. In enger Abstimmung mit der Bundesrepublik Deutschland liegt Nord Stream 2 auf Eis.

Das ist nur eine von vielen Maßnahmen, die wir setzen werden, um der Russischen Föderation klarzumachen, dass es in Europa kein Verständnis mehr dafür geben wird – das sind wir unserer Geschichte, das sind wir unseren Kindern schuldig –, dass Politik und Gewalt miteinander kombiniert werden. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Ab­geordneten von SPÖ und NEOS.)

Gerade in einer so angespannten und hinsichtlich der Informationslage tatsächlich auch diffusen Zeit war die große Sorge: Wird denn Österreich seiner eigentlich verantworteten Rolle gerecht, als neutrales Land auch neutral aufzutreten? Auch dazu ein klares Wort: Die österreichische Neutralität war seit ihrer Inkraftsetzung immer eine klare militärische; aber die österreichische Neutralität haben wir – und vor allem auch die Generationen davor, hier in diesem Hohen Haus – niemals so verstanden, dass wir uns hinter ihr ver­stecken oder keine Meinung haben sollen, sondern ganz im Gegenteil: Wir haben uns immer dazu bekannt, solidarisch zu sein. Deswegen gab es auch immer schon unsere Beteiligung in internationalen Organisationen wie der Europäischen Union, der OSZE, aber auch unsere gelebte Solidarität innerhalb der Europäischen Union. Das ist mir deshalb wichtig, zu betonen, weil Österreich eine Rolle niemals aufgeben wird: die des Vermittlers, des Brückenbauers und desjenigen, der an Dialog interessiert ist.

Die OSZE hat den Sitz in Wien. Die OSZE wird wieder eine zentrale Bedeutung erlangen, wenn es darum geht, Menschen zusammenzuführen – zunächst einmal unverfänglich, denn in so einer Konfliktsituation, mit so viel Emotion und Leid, die jetzt gerade ausgelöst werden, sind die Emotionen riesig. Das ist bei den Betroffenen verständlich, und gleich­zeitig ist die Notwendigkeit des Dialogs nicht weniger wichtig.

Die Russische Föderation hat die OSZE für tot erklärt, sie hat sie als Diskussionsklub und kostspieliges Instrument verurteilt, als die OSZE mit ihren Beobachterinnen und Beobachtern begonnen hat. Österreich stellt eine große Zahl daran und leistet einen wesentlichen Beitrag, damit wir wissen, was vor Ort geschieht. Warum ist das so wichtig? – Die OSZE-Beobachter sind die Zeugen des Schreckens, der gerade jetzt den Menschen in der Ukraine widerfährt. Deshalb ist es so wichtig, dass internationale Orga­nisationen da sind, um Menschen zusammenzuführen. Wir können in Österreich stolz darauf sein, dass der Sitz der OSZE in Wien ist und der polnische Vorsitz alles unter­nimmt, um die OSZE tatsächlich wieder in die Bedeutungsrolle zu bringen, die sie ver­dient. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wenn aber so ernste Zeiten wie jetzt gerade anbrechen, ist es auch geboten, den Menschen Antworten auf ihre Sorgen zu geben. Ich möchte mich ausdrücklich bei der Verteidigungsministerin, beim Innenminister, beim Außenminister, bei der Energieminis­terin, bei der Wirtschaftsministerin und beim Vizekanzler dafür bedanken, dass wir schon sehr frühzeitig damit begonnen haben, Vorsorge zu treffen, sollte dieser Fall, den wir jetzt erleben, eintreten. Wir haben ein Krisenkabinett mit dem Zweck gebildet, rasch, effizient und klar für die Österreicherinnen und Österreicher und Menschen, die in Öster­reich leben, reagieren zu können.

Das beginnt auch schon dort, wo sich Österreicherinnen und Österreicher in der Ukraine aufhalten. Wir haben ein Kriseninterventionsteam an die Botschaft in der Ukraine nach Kiew geschickt. Es wurde Kontakt mit den Österreicherinnen und Österreichern aufge­nommen, es wurde ein Plan vereinbart, wie vorzugehen ist, wenn der Fall der Evakuie­rung eintritt, um denen, die das Land verlassen wollen, sofort das Angebot zu machen und sie dabei zu unterstützen. Jetzt ist es aufgrund der instabilen Sicherheitssituation in enger Absprache mit der Botschaft geboten, dass die noch in der Ukraine verbliebenen Österreicherinnen und Österreicher rasch mit der österreichischen Botschaft Verbindung aufnehmen – das Krisenteam tut das auch von sich aus –, um eine geordnete und si­chere Evakuierung in einer sehr unsicheren Umgebung vornehmen zu können.

Was die Menschen in Österreich aber auch bewegt, ist in Wahrheit lang gelebte Tra­dition: Wie schaut es mit der Energieversorgungssicherheit aus? Es ist keine große Neu­igkeit: Österreich braucht russisches Gas. Ob das für die Zukunft so schlau ist, kann man jetzt tatsächlich hinterfragen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie bei Grünen und NEOS.) Es tut dies nicht nur Österreich, sondern die Europäische Union an sich, denn im gesamten Gasliefermarkt braucht Europa Russland zu 40 Prozent. Ich fürchte, dass auch dabei für die Russische Föderation ein Erwachen stattfinden wird, weil die Euro­päerinnen und Europäer jetzt erkennen, dass es wichtig ist, sich an Alternativen und anderen Möglichkeiten zu orientieren.

Diesbezüglich großes Danke an die Energieministerin, die gemeinsam mit der Kommis­sion sehr sorgsam und umsichtig Gespräche führt, was denn passiert, wenn tatsächlich eine Nulllieferung eintritt. Und gleich gesagt: Das ist derzeit nicht der Fall.

Das erste Wichtige ist: Versorgungssicherheit ist gegeben. Das Zweite: Präsidentin von der Leyen hat zugesichert, Verhandlungen mit Alternativanbietern aufzunehmen – und hat das auch schon getan –, damit Lieferengpässe sofort kompensiert werden können. (Abg. Kassegger: USA! – Abg. Belakowitsch: Frackinggas!) Das Dritte und Allerwich­tigste ist: Selbst bei einer Nulllieferung ist Versorgungssicherheit bis in den April hinein garantiert. Keine Wohnung in Österreich wird nach Einschätzungen und der Garantie des Energieministeriums kalt sein, wenn es darum geht, Versorgungssicherheit für die Österreicherinnen und Österreicher und Menschen, die in Österreich leben, zu leisten.

Die Europäische Union hat sowohl mit den USA, mit Nordafrika und dem arabischen Raum entsprechend intensive Verhandlungen aufgenommen, um da rasch reagieren zu können. Auch dazu noch ein Hinweis: Ich habe vorhin beschrieben, wie oft die Europäi­sche Union durchaus zerstritten und uneinig ist, wenn es darum geht, sich in Diskus­sionen über ihre inneren Befindlichkeiten aufzuhalten. In dieser Frage der Sicherheit der Energieversorgung aber gibt es Einigkeit und Klarheit, gibt es engen Kontakt zu den Regierungschefs von Präsidentin von der Leyen bis zum Präsidenten des EU-Rates Michel, gibt es Austausch unter den Regierungschefs und intensive Kontakte zwischen den betroffenen Fachministerinnen und Fachministern.

Energie ist das eine, das andere aber ist, die Diplomatie nicht zu vernachlässigen. Das Außenministerium ist jetzt operativ in erster Linie der Ansprechpartner für die Öster­reicher in der Ukraine, wenn es darum geht, das Land sicher zu verlassen. Das Außen­ministerium und der Außenminister sind aber auch führend darin, die Gesprächskanäle weiter offen zu halten, die notwendig sind, um dann, wenn eine Abkühlphase erreicht ist, auch wieder Gespräche intensivieren zu können.

Der russische Botschafter wird aber heute ins Außenministerium zitiert, um auch der Russischen Föderation – die riesig im Vergleich zu Österreich ist, aber Österreich ist innerhalb der Europäischen Union gewichtiger und bedeutender mit seiner Stimme, als wenn es alleine dastehen würde – klarzumachen, dass das, was gerade passiert, und vor allem das völlig unnötige Leid der Menschen in der Ukraine, das gerade ausgelöst wird, für uns inakzeptabel ist. (Beifall bei ÖVP, Grünen und NEOS.)

Das Innenministerium ist jetzt besonders in der Frage gefordert, was das für die kritische Infrastruktur bedeutet, was das für die Resilienz, für die Widerstandsfähigkeit der Re­publik gegen Spionageangriffe bedeutet. Was bedeutet das auch für die Beobachtung der Szene, wenn es darum geht, dass Sabotageakte gesetzt werden oder die verfas­sungsmäßigen Einrichtungen des Landes bedroht sind? All das wird vom Innenminis­terium, vom Verfassungsschutz gerade jetzt intensiv bearbeitet und der Schutz wird er­weitert.

Darüber hinaus gibt es eine Diskussion, die in Krisenzeiten leider auch immer zu einem Faktor geworden ist: Krieg bedeutet immer auch Vertreibung. Das Innenministerium hat Vorsorge getroffen, sollte tatsächlich eine Fluchtbewegung aus der Ukraine auf Öster­reich treffen. Es wurde einerseits dafür Vorsorge getroffen, andererseits vor allem aber auch dafür, dass Länder wie Polen, die Slowakei und Ungarn als angrenzende Nach­barstaaten auch von österreichischer Seite umfassend und solidarisch bei der Erstver­sorgung unterstützt werden.

Ich habe gesehen, dass sich aus meiner Aussage heraus gleich Schlagzeilen formieren, um vielleicht auch da ein Stück weit wieder Diskussionen anzuheizen: Nehammer ist für Aufnahme von Flüchtlingen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ukraine ist ein europäisches Land. Die Ukraine ist, würde ich den Zirkel in Wien einstechen und einen 500-Kilometer-Radius ziehen, von ihren Grenzen her näher als Vorarlberg. Und wenn die österreichische Geschichte eines bewiesen hat – beginnend bei der Ungarn­krise in den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts über die Krise in der Tschechoslo­wakei in den Sechzigerjahren bis zum dramatischen Zerfall des ehemaligen Jugosla­wiens in den Neunzigerjahren –, dann ist es das, was immer Linie österreichischer Politik war: dass Nachbarschaftshilfe Selbstverständlichkeit ist und Menschlichkeit da in den Vordergrund zu treten hat. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Ich habe heute alle im Parlament vertretenen Fraktionen, alle Landeshauptleute und den Bundespräsidenten über das Geschehen informiert. Dabei hat mir Klubobmann Kickl, als ich ihn angerufen und erreicht habe, eine ganz wichtige Frage gestellt. Er hat mich gefragt: Woher beziehen Sie Ihre Informationen? Und da konnte ich ihm, und das ist ein gutes Gefühl als Bundeskanzler dieser Republik, die Antwort geben: Einerseits aus den Informatio­nen, die uns der EU-Rat und die Europäische Kommission zur Verfügungstellen, vor allem aber lassen wir diese Informationen auch durch das Heeresnachrichtenamt, durch das Bundesministerium für Landesverteidigung überprüfen und gegenchecken.

Es ist von zentraler Bedeutung und es wird sichtbarer denn je, dass das Kapitel militä­rische Landesverteidigung – ob in der Pandemie oder jetzt in der Phase eines Krieges in Europa – eine zentrale Rolle für die Sicherheitsarchitektur der Republik Österreich spielen muss und spielen soll. Dafür meine höchste Anerkennung, Frau Verteidigungs­ministerin, auch gegenüber Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in allen Lage­briefings präzise am Punkt waren, in der Lageeinschätzung nie übertrieben haben. Damit verhelfen sie uns in der Bundesregierung dazu, ein klares Bild von der Situation vor Ort zu haben, Entscheidungsgrundlagen zu schaffen und dass wir uns auf dem Fundament dieser Entscheidungsgrundlagen, auch solidarisch mit der europäischen Politik und der Europäischen Union, tatsächlich auf das Operative einlassen können.

Bei all dem, was ich sage, kommt immer das Wort Sanktionen zum Vorschein. Was bedeutet das? – Sanktionen sind ein wichtiges Instrumentarium, damit sie wirksam aber sind, müssen sie weitgehend sein. Das heißt auch für Österreich, dass es für die Wirt­schaftsbetriebe, die jetzt gerade in der Russischen Föderation oder in der Ukraine inves­tieren und dort Betriebe führen, nicht leicht sein wird, diese Sanktionen auch mitzutra­gen. Dessen sind wir uns bewusst.

Die Wirtschaftsministerin ist sich auch dessen bewusst, dass sie in Kombination mit der Energieministerin Vorsorge treffen muss, dass Wirtschaften in Österreich weiter möglich bleibt. Das Wichtige ist, dass Kommissionspräsidentin von der Leyen den Ländern, die von diesen Sanktionen besonders betroffen sein werden – dazu zählen Österreich, die Slowakei, Tschechien, Polen, die Bundesrepublik Deutschland –,vonseiten der Kommis­sion mit entsprechenden Kompensationshilfen begegnen wird, um dem Rechnung zu tragen, was europäische Solidarität auch in Fragen der Sanktionen bedeutet. Die Ver­handlungen dazu laufen, und es ist für mich ein sehr positives Zeichen vonseiten der Kommission, dass sie bereit ist, auf die unterschiedlichen Betroffenheitslagen innerhalb der Europäischen Union auch tatsächlich einzugehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich werde als Bundeskanzler der Republik mit meiner Regierung die Politik der Transparenz auch im Fall dieser Krise weiter fortführen. Es wird auch heute am Nachmittag wieder ein Briefing durch das Hee­resnachrichtenamt für die Klubobleute geben. Das ist aus meiner Sicht eine Selbstver­ständlichkeit.

Was aus meiner Sicht aber noch zusätzlich wichtig ist, ist, dass man vor allem jetzt eines sieht: Es gibt Krieg in unserer Nachbarschaft, und wir begegnen uns heute hier im Hohen Haus aus meiner Sicht nicht als Vertreter verschiedener Fraktionen mit verschiedenen politischen Interessen, sondern geeint als eine Stimme für das Sicherheitsinteresse der Republik Österreich. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Was ich dem Hohen Haus auch verspreche, ist, dass Österreich alles unternehmen wird, um seiner Rolle gerecht zu werden, als Brückenbauer dem Frieden zu dienen und alles dazu beizutragen, damit der Dialog in den Vordergrund tritt und damit wieder die Diplo­maten die Bühne der Weltpolitik betreten und die Soldaten verschwinden. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

10.59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke dem Herrn Bundeskanzler für seine Ausführungen und seine Erklärung.

Ich darf nun dem Vizekanzler das Wort erteilen. – Bitte, Herr Vizekanzler.