11.18

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Ministerinnen und Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Was sich seit einigen Stunden in der Ukraine abspielt, betrifft uns alle. Es ist ein Konflikt auf europäischem Boden, ein Konflikt, der natürlich vor allem und jetzt in erster Linie die ukrainische Bevölkerung direkt trifft, aber er betrifft auch uns hier in Österreich, und er betrifft uns auch als Europäische Union. Warum? – Weil es nicht hinnehmbar und auf das Schärfste zu verurteilen ist, wenn ein Staat internationales Recht bricht, wenn ein Staat das Völkerrecht bricht und auf euro­päischem Boden mit Gewalt Grenzen verschiebt.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Neutralität Österreichs ist unumstößlich. Unsere Neutralität ist ein sehr, sehr hohes Gut, aber Neutralität darf nicht Gleichgültigkeit hei­ßen. Neutralität darf nicht Gleichgültigkeit gegenüber einem eklatanten Bruch des Völ­kerrechts heißen. Wir alle sind Europäerinnen und Europäer, und als solche müssen wir in dieser dunklen Stunde Europas natürlich zusammenstehen und weiterhin geeint und gemeinsam vorgehen. Auch Österreichs Bundesregierung muss gemeinsam mit den europäischen Partnerinnen und Partnern handeln.

Europa muss jetzt eine klare Antwort geben, ja, weitere Sanktionen gegen Putins Russ­land verhängen. All diese Maßnahmen, all diese Reaktionen müssen aber immer ein ganz klares und erklärtes Ziel haben, nämlich, so schnell wie möglich wieder zu Dialog und Diplomatie zurückzukehren, um diesen Krieg so schnell wie möglich zu stoppen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Auch wenn viele sagen – und das ist angesichts der Bilder, die wir alle in den letzten Stunden und Tagen sehen, klar –, Dialog und Diplomatie seien jetzt unmöglich, das gehe nicht mehr, dann müssen wir sagen – und ich sage das an dieser Stelle –: Es gibt immer eine Möglichkeit! Es ist unsere Pflicht, diese Möglichkeit, so klein sie auch ist, zu nützen. Es ist unsere Pflicht, alles Erdenkliche zu tun, um Waffengewalt so schnell wie möglich zu beenden und damit mehr menschliches Leid zu verhindern. Geben wir „dem Frieden eine Chance“, wie es UN-Generalsekretär Guterres heute sehr treffend formuliert hat! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.) Das muss immer unser oberstes Ziel sein.

Der UN-Generalsekretär hat vor wenigen Tagen auch unmissverständlich festgehalten, dass die Grundsätze der UN-Charta „kein Menü à la carte“ sein dürfen. Das ist klar. Alle UNO-Mitglieder haben sie akzeptiert und müssen sie daher auch anwenden und einhal­ten, auch Russland. Er hat an Putin eben heute diesen dringenden Appell, „dem Frieden eine Chance“ zu geben, gerichtet.

Eines ist klar, sehr geehrte Damen und Herren: In keinem der beteiligten Länder, weder in der Ukraine noch in irgendeinem anderen Land, wollen Menschen Krieg. Auch in Mos­kau gehen jetzt keine Massen auf die Straße und fordern Putin auf, in der Ukraine ein­zumarschieren. Das ist klar, weil Menschen immer nur eines wollen: Sie wollen in Frie­den und Sicherheit leben – und sie haben ein Recht auf ein Leben in Frieden.

Weil ich vom Leid der Bevölkerung spreche: Ich sehe es jetzt auch als eine ganz drin­gende und notwendige Aufgabe der Europäischen Union und somit auch der österrei­chischen Bundesregierung an, sich auf sofortige, umfassende und vor allem wirksame humanitäre Hilfe zu verständigen, um die Zivilbevölkerung vor Ort, aber vor allem auch Kriegsflüchtlinge zu unterstützen, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir die Euro­päische Union als Wertegemeinschaft verstehen, dann muss Europa eine starke Stimme für Frieden, Demokratie und Humanität sein.

Unsere volle Solidarität gilt der ukrainischen Bevölkerung. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

11.24

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lopatka. – Bitte.