17.09

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Da­men und Herren! Wir haben gestern ja schon knapp 3 Stunden über die Teuerungswelle, die in Österreich eingetroffen ist, diskutiert und haben sie heute mit einigen Gesetzen, die beschlossen werden sollen, wieder auf der Tagesordnung. Ich habe meine Rede, die ich vorbereitet habe, weggegeben. Ich habe heute ein E-Mail bekommen und ich möchte dieses E-Mail sehr gerne vorlesen, weil es die typische Situation von Betroffenen in Ös­terreich zeigt, und zwar lautet das E-Mail wie folgt – ich zitiere –:

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Keck, ich habe mir im Fernsehen die Diskussion zur Teuerung angesehen. Aus diesem Grund kontaktiere ich Sie, um Ihnen meine Situation zu schildern. Viele Jahre lang konnte ich nur Teilzeit arbeiten, da ich alleine drei wunder­volle Kinder großgezogen habe.

Heute bin ich 71 Jahre alt und stehe mit meiner Pension von 1 200 Euro kurz vor der Verzweiflung. Ich lebe nicht im Luxus. Ich habe nur eine kleine Mietwohnung und meine Kinder und Enkelkinder, denen ich zu besonderen Anlässen immer gerne eine Kleinigkeit geschenkt habe, aber auch das kann ich mir kaum noch leisten.

Jetzt, da alles immer teurer wird, weiß ich einfach nicht mehr, wie ich das schaffen soll. Jeden Monat aufs Neue kratze ich jeden Euro zusammen, um irgendwie über die Run­den zu kommen, und ich weiß nicht mehr, wie ich mir das alles leisten soll – und ich meine damit keinen Urlaub, sondern nur Dinge, die ich wirklich zum Leben brauche. Insbesondere beim Einkaufen von Lebensmitteln, aber auch bei meinen Strom- und Wärmerechnungen merke ich, dass die Kosten in den letzten Monaten sehr stark gestie­gen sind.

Ich traue mich gar nicht, daran zu denken, dass meine Waschmaschine kaputt werden könnte, denn ich wüsste nicht, was ich dann machen sollte. Eine neue könnte ich mir nicht kaufen.

Das Schlimmste wäre für mich, wenn ich meine Kinder um Geld bitten müsste. Mein Sohn hat letztes Jahr wegen coronabedingter Einsparungsmaßnahmen seine Arbeit ver­loren und erst vor ein paar Wochen seine neue Dienststelle angetreten. Meine Töchter waren beide lange Zeit in Kurzarbeit. Ich weiß, dass meine Kinder mich unterstützen würden, wenn ich sie darum bitte, aber sie haben selber Familien zu versorgen und kämpfen auch jeden Monat aufs Neue.

Es macht mich traurig und frustriert mich, dass ich zwar so viele Jahre gearbeitet habe und meinen Beitrag geleistet habe, aber jetzt, da ich wirklich Hilfe brauchen würde, im Stich gelassen werde.

Ich kann nicht glauben, dass ich die Einzige bin, der es so geht. Ich hoffe, dass Sie es schaffen, in der Politik etwas umzusetzen, womit Sie den Menschen in der jetzigen Situa­tion wirklich helfen können. Freundliche Grüße – und die Unterzeichnung mit Namen. – Zitatende.

So, wie es dieser Frau geht, geht es extrem vielen Menschen in Österreich, meine Da­men und Herren. Die Teuerungswelle ist eine Katastrophe, die über sie hereingebrochen ist. Sie stehen mit ihren Einkommen, wie sie speziell die Pensionistinnen und Pensionis­ten haben (Zwischenruf des Abg. Wurm), wirklich vor der Entscheidung: Sollen sie etwas essen, sollen sie schauen, dass sie Wärme haben (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wurm), oder sollen sie schauen, dass sie die Miete bezahlen können und eine Wohnung haben? Sie müssen sich jeden Monat aufs Neue entscheiden.

Wenn jemand sagt: Ich will etwas zu essen haben, ich will Wärme haben!, dann hat er das Pech, dass er vielleicht irgendwann delogiert wird, weil er die Miete nicht mehr zahlen kann. Wenn er sagt: Ich zahle die Miete!, dann kann er vielleicht nicht mehr hei­zen und kann gleichzeitig auch weniger essen, nur damit er sich die Miete leisten kann. Das ist ein Zustand, den wir uns in Österreich nicht erlauben dürfen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend „vorgezogene Pensionsanpassung zur Abfederung der Teuerung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz wird aufgefordert, spätestens im zweiten Quartal 2022 dem Nationalrat eine Regierungsvorlage für eine vorgezogene Pensionsanpassung 2023 in Höhe von zumindest 4 Prozent zur Beschlussfassung zu übermitteln.“

*****

Stimmen Sie diesem Antrag zu, meine Damen und Herren, damit gewährleistet ist, dass unsere Pensionistinnen und Pensionisten, die nichts vom Teuerungsausgleich haben, die nichts vom Familienbonus haben, die auch fast nichts von der ökosozialen Steuer­reform haben, endlich wieder Lebensmut in Österreich finden und sich keine Sorgen um ihre Zukunft machen müssen! (Beifall bei der SPÖ.)

17.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Keck,

Genossinnen und Genossen

betreffend vorgezogene Pensionsanpassung zur Abfederung der Teuerung

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2214/A der Abgeordneten August Wöginger, Ralph Schallmeiner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversi­cherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversi­cherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (1334 d.B.)

Vor kurzem hat die Pensionsversicherungsanstalt die Informationsschreiben zur Pen­sionsanpassung an die Pensionist*innen versandt. Jetzt sehen die Pensionisten schwarz auf weiß, was Ihnen die ÖVP/Grünen-Regierung „beschert“ hat: 15, 18, 21, 25 Euro. Netto! Und die Mieten, die Gas- und Stromrechnung, Heizöl, die Preise in den Super­märkten sind JEWEILS um ein Vielfaches monatlich gestiegen. Da muss man kein Wirt­schaftsprofessor sein um zu erkennen: Das geht sich nicht aus!

Ein/e Pensionist*in mit einer 1.000 Euro Brutto-Pension erleidet aufgrund der massiven Preissteigerungen einen Kaufkraftverlust von 280 Euro im Jahr, eine 1.300-Euro-Brut­topension verliert 466 Euro und die Kaufkraft einer 2.500-Euro-Bruttopension sinkt um 740 Euro im Jahr (alles Nettobeträge, Steuerreform berücksichtigt).

Bei einer aktuell 5,1-prozentigen allgemeinen Teuerungsrate ist selbst bei der Anpas­sung von 3 Prozent (für Pensionen bis 1.000 Euro) der Kaufkraftverlust enorm; ab 1.300 Euro monatlicher Bruttopension gibt’s heuer überhaupt nur 1,8 Prozent Erhöhung und damit ist der Kaufkraftverlust noch deutlicher. Der „wöchentliche Einkauf“ (abgebil­det im „Miniwarenkorb“ stieg zuletzt um fast 10 (!) Prozent). Diese Preisexplosion trifft ältere Menschen ganz besonders. Währenddessen sprudeln die Mehrwertsteuereinnah­men: Bei einer Inflation von 4 Prozent steigen die jährlichen Mehrwertsteuereinnahmen um mehr als eine Milliarde Euro.

Daher muss jetzt dringend etwas geschehen! Die Pensionisten dürfen nicht allein gelas­sen werden, denn sie schaffen es nicht, die enormen Differenzen zwischen der heurigen völlig unzureichenden Pensionsanpassung und den Höchst-Preisen für Energie, Woh­nen und Lebensmittel zwischen zu finanzieren. Die von der Regierung bisher beschlos­senen Einmalzahlungen reichen bei Weitem nicht aus, um die Gesamtbelastungen zu stemmen. Es braucht eine rasche dauerhafte Lösung. Deshalb soll auf Basis der Inflation im Beobachtungszeitraum August 2021 bis Jänner 2022 eine vorgezogene Pensionsan­passung stattfinden, um den Kaufkraftverlust für 2 Millionen Pensionist*innen auszu­gleichen. Diese außerordentliche Anpassung soll bei der nächsten regulären Anpassung in Anrechnung gebracht werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz wird aufgefordert, spätestens im zweiten Quartal 2022 dem Nationalrat eine Regierungsvorlage für eine vorgezogene Pensionsanpassung 2023 in Höhe von zumindest 4 Prozent zur Beschlussfassung zu übermitteln.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und ist ausreichend unterstützt.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Zopf. – Bitte.