16.27
Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Treue Zuseherinnen und Zuseher, die die Parlamentsdebatten gerne verfolgen, haben sicher schon mitbekommen, dass das Verhältnis zwischen Herbert Kickl und Karl Nehammer ein ganz, ganz besonderes, ein prickelndes ist und sie im Rahmen von Debatten immer sehr intensiv miteinander diskutieren. Das dürfte vielleicht auch an der gemeinsamen Vergangenheit im Innenministerium liegen.
Da Herbert Kickl in der letzten Sitzung den chinesischen Philosophen Sunzi zitiert hat, hat sich Karl Nehammer überlegt, er muss heute auch mit einem Zitat starten, mit einer Weisheit, die von Karl Nehammer stammt. Diese Weisheit lautet: Politische Sprüche sind etwas anderes als die Realität! Er dürfte das für sich selbst so intensiv und mantraartig wiederholt haben, dass er gesagt hat: Weil die Realität in Österreich eine sehr, sehr schwierige für die Menschen, für die Bevölkerung ist, redet er jedenfalls einmal nicht über die Arbeit der Bundesregierung, weil es ihm eigentlich unangenehm ist und er daran nicht einmal anstreifen möchte. Er merkt ja selber, dass die Bundesregierung in Wahrheit mit dem Krisenmanagement in Österreich überfordert ist. (Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz.)
Er hat sich dann auf das Feld der Außenpolitik begeben. Viele Punkte kann man ja durchaus auch teilen und gemeinsam diskutieren. Er hat nur vergessen, Werner Kogler seine Weisheit – dass politische Sprüche etwas anderes als die Realität sind – mitzugeben. Und Werner Kogler hat dann heute das Vergnügen gehabt, dass er sozusagen der Schönredner der Bundesregierung war, der Einzige, der sich noch aufgeopfert und versucht hat, zu erklären, was diese Bundesregierung in den letzten zwei Jahren nicht alles weitergebracht hat.
Das Spannende war, als er dann versucht hat, auch offen zu sagen, wie gut die Zusammenarbeit der Regierungsmitglieder ist, wie gut die Zusammenarbeit in der Bundesregierung funktioniert. Das ist ja eigentlich beachtlich an einem Tag, an dem wir einen neuen Gesundheitsminister angeloben, der der Nachfolger von zwei Personen ist, die beide von der ÖVP innerhalb von nicht einmal einem Jahr abmontiert worden sind. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich erinnere: Bundesminister Anschober ist mit einem Schwächeanfall im Krankenhaus gelegen, da ist es losgegangen, da hat man angefangen, Spitzenbeamte aus dem Gesundheitsministerium abzumontieren. Es gab brutale Attacken von der ÖVP, und als er dann weg war, ist Minister Mückstein voller Tatendrang hier im Parlament gestanden – damals noch in Turnschuhen – und hat gesagt, er möchte wirklich die zentrale Koordination im Bereich des Coronakrisenmanagements übernehmen. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)
Es hat nur ein paar Wochen gedauert, dann war die Erste, die ihn herpaniert hat, Elisabeth Köstinger, und diejenigen, die ihn im Stich gelassen haben, waren die Grünen. Die Grünen – Sigrid Maurer, Werner Kogler – waren dann diejenigen, die zweimal hintereinander wortlos zugeschaut haben, wie die ÖVP ihren eigenen Gesundheitsminister herpaniert. (Beifall bei der SPÖ.)
Das ist leider das Tragische, dass die Grünen in Wahrheit vor der ÖVP genau so buckeln wie die Freiheitlichen vor Russland. Das ist die einzige Parallele, die wir heute auch bei den Reden gemerkt haben. Deswegen wünsche ich persönlich dem neuen Gesundheitsminister alles, alles Gute bei der Arbeit. Unsere Unterstützung, wenn Sie etwas weiterbringen wollen, werden Sie jedenfalls haben. Nur hinsichtlich der eigenen Reihen, wenn es einmal brenzlig wird, können Sie ganz, ganz sicher sein: Der Mut wählt jedenfalls nicht Grün – um das einmal so zu umschreiben –, der Anstand so und so nicht mehr. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich möchte nur noch inhaltlich darauf eingehen, was Werner Kogler dann erzählt hat, als er behauptet hat, wie es weitergegangen ist. Das war ja blanker Hohn, blanker Hohn für die Menschen in Österreich, für Hunderttausende pflegende Angehörige, für die Menschen, die Tag und Nacht in den Krankenhäusern für uns da sind, als Werner Kogler erzählt hat, was nicht alles in der Pflege weitergegangen ist. Werner Kogler ist jetzt nicht hier, ich darf ihn einfach bitten, dass er irgendwann in ein Pflegeheim oder in ein Krankenhaus geht und dann dort die Märchen erzählt, was er in dem Bereich nicht weitergebracht hat. Er hat recht, es wird nicht von einem Tag auf den anderen gehen und es wird nicht die Wunderwuzzireform vom Himmel fallen, aber eine Sache wissen wir auch alle miteinander: Im grünen Schneckentempo wird aber auch nichts weitergehen. Das wissen wir alle miteinander, deswegen wäre es wirklich dringend an der Zeit, dass die Bundesregierung auch ihre Arbeit macht.
Das ist leider eine Regierung, die nicht optimal aufgestellt ist. Wir haben es im Coronakrisenmanagement erlebt, wo jede Menge Probleme auf uns warten, wir merken es jetzt bei der Teuerung, wenn Elisabeth Köstinger jetzt nicht nur für die Gastronomie zuständig ist, sondern sich in den Medien auch großartig als Rohstoffministerin hat bezeichnen lassen. Es ist, wie so oft in der Regierung, leider immer zu spät. Elisabeth Köstinger ist es entgangen, dass in Österreich die Gasspeicher nahezu leer sind, dass wir Schlusslicht in ganz Europa sind. Jetzt ist sie – irgendwann einmal, viel zu spät – draufgekommen und fährt für einen Fototermin nach Abu Dhabi und versucht, das zu reparieren, was sie in Wahrheit auch in diesem Bereich kaputt gemacht hat.
Ich möchte auf die anderen Regierungsmitglieder gar nicht eingehen, auf einen Außenminister Schallenberg, der wortwörtlich behauptet hat: Wir werden die Taliban an ihren Taten messen, vielleicht sind sie jetzt eh besser geworden! – In Wahrheit fehlen einem ohnehin die Worte. Was will man über diese Regierung noch erzählen? Frau Bundesministerin Raab ist, glaube ich, ohnehin so etwas wie ein Pilotprojekt für das bedingungslose Grundeinkommen. Bis heute weiß ja niemand, was sie ganz konkret in der Bundesregierung leistet. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Vielleicht kann man eine Arbeitsplatzbeschreibung nachreichen.
Ich darf bitten, gerade weil die Zeiten ernst sind und große Aufgaben auf uns alle warten: Wir haben jetzt herausgefunden, dass unter Karl Nehammer der Politapparat in Österreich der teuerste Politapparat aller Zeiten geworden ist. (Abg. Hanger: Wenn du nichts zu sagen hast, setz dich nieder!) Noch nie in der Geschichte Österreichs hat es derart viele Menschen gegeben, die in den politischen Kabinetten gearbeitet haben, angestellt worden sind. Da ist umgefärbt worden. Es waren historisch noch nie so viele Menschen im Politapparat. (Ruf bei der ÖVP: Die meisten Mitarbeiter hat der burgenländische Landeshauptmann, und der kommt bekanntlich aus der Sozialdemokratie!)
Deswegen wäre es dringend notwendig – offensichtlich spielt ja Geld keine Rolle –, dass ihr wirklich auch für die Bevölkerung arbeitet. Wenn ihr auf der einen Seite eure ÖVP-Parteifreunde versorgt, wäre es doch auch einmal an der Zeit, dass ihr an die Bevölkerung denkt – Stichwort Teuerung. Es gibt viele, viele Menschen, die auf Antworten von euch dringend warten würden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hanger: Setz dich nieder! – Ruf bei der ÖVP: Themenverfehlung! Das ist eigentlich eine Frechheit!)
16.34
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte.