16.34
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministerinnen und Minister! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Sie aus der Märchenstunde, die Herr Kucher hier gerade aufgeführt hat, wieder in die Realität zurückholen (Beifall bei Grünen und ÖVP – Oh-Rufe bei der SPÖ) und darf gleichzeitig auch der SPÖ einmal mehr kollektive Amnesie diagnostizieren. Es ist schon beeindruckend und immer wieder aufs Neue erstaunlich, zu hören, was für Problemlagen ihr hier beschreibt, während ihr immer vergesst, zu erwähnen, dass ihr jahrzehntelang Kanzlerpartei wart. Wieso habt ihr diese Probleme nicht gelöst? Wieso nicht? Machen es halt wir jetzt. Schon okay, wir machen das! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Werte Kolleginnen und Kollegen, der heutige 8. März, der heutige Internationale Frauentag wird von zwei Weltgeschehnissen überschattet. Das ist einerseits eine globale Pandemie, die noch immer nicht vollständig überwunden ist, und andererseits ein brutaler Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt.
Seit zwei Jahren berichten Medien sehr ausführlich über geschlechtsspezifische Auswirkungen, die die Coronapandemie auf Frauen hat, und auch unsere Diskussion hier im Hohen Haus dazu begleitet uns schon seit Langem. So vielfältig diese Auswirkungen auf Frauen waren, so vielfältig waren auch die Maßnahmen, die wir gemeinsam als Bundesregierung gesetzt haben. Frau Klubobfrau Rendi-Wagner ist gerade nicht hier – sie hat danach gefragt, ich sage es ihr gerne im Schnelldurchlauf:
Dort, wo Frauen besonders betroffen waren, haben wir sehr entschieden gegengesteuert. Wir haben im Kampf gegen coronabedingte Arbeitslosigkeit eine mit 700 Millionen Euro dotierte Arbeitsmarktstiftung mit einem sehr klaren, dezidierten frauenpolitischen Schwerpunkt ins Leben gerufen. (Beifall bei den Grünen.)
Wir haben einen türkis-blauen Fehler korrigiert und wieder dafür gesorgt, dass 50 Prozent der AMS-Mittel für Frauen aufgewendet werden. Wir haben aus den sozialfeindlichen Plänen zur Kürzung des Arbeitslosengeldes mehr Geld für Erwerbsarbeitslose gemacht, wir haben die Mindestpensionen erhöht, die Notstandshilfe erhöht – all das sind wichtige Maßnahmen zur sozialen Absicherung insbesondere von Frauen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Schauen wir uns auch den Gewaltschutz an: Jahrelang, jahrzehntelang haben Gewaltschutzorganisationen mehr Geld für ihre wichtige Arbeit gefordert, aber zehn Jahre lang hat das vergangene Regierungen nicht interessiert: zehn Jahre SPÖ-geführte Regierungen, SPÖ-Frauenministerinnen – 10 Millionen Euro. Die türkis-blaue Regierung hat sogar noch gekürzt. Wir haben das Frauenbudget, aus dem zentrale Maßnahmen im Gewaltschutz finanziert werden, zum dritten Mal in Folge von 10 auf 18,4 Millionen Euro erhöht und zusätzlich ein Gewaltschutzpaket in Höhe von 24,6 Millionen Euro geschnürt. Zusätzlich! 10 Jahre – 10 Millionen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Mit Gewaltpräventionsprojekten wie der Kampagne Mann spricht’s an oder auch mit der Finanzierung des Projekts Stop – Stadtteile ohne Partnergewalt hat Bundesminister Wolfgang Mückstein wichtige Maßnahmen umgesetzt, und für seinen wirklich großen Einsatz im Kampf gegen Gewalt an Frauen mag ich ihm nochmals ein großes Danke sagen.
Sie, Herr Bundesminister Rauch, mag ich hier im Hohen Haus herzlich willkommen heißen. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Ihnen und ich weiß mit Ihnen einen weiteren Verbündeten auf der Regierungsbank, wenn es um die soziale Absicherung von Frauen, insbesondere von Alleinerziehenden geht, in Fragen der Frauengesundheit und auch wenn es um den weiteren Kampf gegen Gewalt an Frauen geht. Den werden wir weiterhin gemeinsam kämpfen. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen und auch darauf, dass wir Ihnen heute einen Fünfparteienantrag als Rückenwind mitgeben können, der auf die Stärkung von Frauengesundheit abzielt.
Wie aus Männergewalt ein Männerkrieg wird, zeigt ein Blick in die Ukraine. Erstmals seit den Jugoslawienkriegen in den 1990er-Jahren erschüttert ein völkerrechtswidriger Krieg – der von Russland geführt wird – unseren Kontinent. Für diesen Krieg gibt es keinen Grund, für diesen Krieg gibt es keine Erklärung. Ein einzelner Mann, Wladimir Putin, hat entschieden, dass sein persönlicher Machtanspruch wichtiger als die Souveränität der Ukraine ist, wichtiger als die Grundpfeiler moderner Demokratie, wichtiger als Menschenleben.
Nach UN-Angaben sind bisher mindestens 351 ukrainische ZivilistInnen getötet worden, die Dunkelzahl ist natürlich viel höher. Fast zwei Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer sind bereits geflohen, der Großteil sind Frauen und Kinder, da Männer im wehrfähigen Alter nicht mehr ausreisen dürfen. Und seit Jahren, seit Jahrzehnten machen internationale Organisationen auf die besonders gefährliche Situation von geflüchteten Frauen aufmerksam. Auch jetzt gibt es schon Berichte von NGOs über Menschenhändler, die flüchtende Frauen an den Grenzen abpassen und verschleppen wollen. Wir stehen wirklich vor einer brandgefährlichen Situation, die viele schutzbedürftige Frauen in die moderne Sklaverei und auch in die Zwangsprostitution führen könnte. Wir wissen aus vergangenen Kriegen, dass geschlechtsspezifische Kriegsverbrechen wie Vergewaltigungen von Frauen Teil der Kriegsführung sind.
In der jetzigen Kriegssituation ist der Weltfrauentag ein wichtiger Anlass, um diesen Missständen entschieden entgegenzutreten und zu verhindern, dass Schutzbedürftigkeit im großen Stil ausgenutzt werden könnte. Ein erster, ein wichtiger Schritt ist die EU-Richtlinie über vorübergehenden Schutz von Flüchtlingen aus der Ukraine, die gestern in Kraft getreten ist, aber wir müssen noch früher ansetzen, um flüchtende Frauen vor Männergewalt zu schützen. Dafür braucht es einerseits sichere Fluchtwege für Frauen und Mädchen und auch gezielte humanitäre Hilfe vor Ort, an den Grenzen, damit dort geholfen werden kann.
Und Österreich hilft, zum Beispiel mit 17,5 Millionen Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds, die an Unicef, UNHCR und auch an österreichische NGOs gehen, die vor Ort in der Ukraine wirklich humanitäre Hilfe leisten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich freue mich, dass wir heute, am Internationalen Frauentag, als österreichisches Parlament ein starkes Zeichen setzen, und zwar mit einem von den Frauensprecherinnen von vier der im Parlament vertretenen Parteien gemeinsam eingebrachten Antrag, mit dem wir die Bundesregierung ersuchen, sich im europäischen und auch im internationalen Kontext für die raschere und effizientere Hilfe von flüchtenden Frauen und Kindern einzusetzen. Ich bedauere sehr, dass die FPÖ diesen Beitrag nicht unterstützen wollte, weil sie sich dem Wort Angriffskrieg nicht anschließen konnte. Ich bedauere das sehr.
Abschließend: Mein Respekt gilt all jenen, die in Russland gegen Putins völkerrechtswidrigen Krieg auf die Straße gehen, riskieren, dabei verhaftet zu werden, vielleicht auch ihr Leben riskieren. Und mein Herz und meine Gedanken sind heute bei den Menschen in der Ukraine und bei all jenen, die schon geflüchtet sind oder gerade auf der Flucht sind. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
16.40
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Axel Kassegger. – Bitte.