13.03

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Die Digitalisierung bestimmt unser aller Leben, sie ist bereits überall angekommen, das ist ganz klar. Wenn wir an Gerichts­verfahren oder an behördliche Verfahren in früheren Zeiten und an Faxgeräte denken, die immer wieder Zettel fressen, und den Ärger, der damit verbunden ist, wissen wir, dass das Ganze jetzt mit einer gewissen Nostalgie betrachtet werden kann und der Zukunft weichen muss.

Die Novelle des Zivilverfahrensrechts, über die wir heute diskutieren, ist ein Schritt in diese Richtung. Dabei gibt es aber natürlich Herausforderungen und Fragen, die zu meistern und die zu beantworten es gilt: In welcher Art profitieren die Bürgerinnen und Bürger von der zunehmenden Digitalisierung? Wie können wir die Sicherheit der Ver­fahren garantieren und Sicherheitslücken schließen? Wie kann sichergestellt werden, dass die Verfahren auch jederzeit funktionieren? Haben wir genug Fachpersonal? Haben wir die notwendige Hardware und Software?

Eines vorweg: Es stimmt, wir sind im europäischen Vergleich in puncto Digitalisierung der Justiz verhältnismäßig gut aufgestellt. Papierlose Verfahren, digitale Akteneinsicht und der Elektronische Akt – all das funktioniert zum Teil in der Praxis schon, wie Pilot­phasen seit 2016 belegen. Allerdings ist es immer noch die Ausnahme.

Ich bin der Überzeugung, dass Digitalisierung bei einfachen Verfahren, bei Massenver­fahren durchaus Positives bringt und auch zur Beschleunigung der Verfahren und deren Erledigungen beiträgt. Bei komplexen Verfahren aber bin ich davon nicht so sehr, besser gesagt nicht mehr so sehr, überzeugt. Einen Akt mit zehn Seiten, 20 Seiten digital zu bearbeiten wird möglich sein. Hat dieser Akt jedoch 100, 1 000 oder mehrere Tausend Seiten, verliert man in der Praxis oft den Überblick. Tatsache ist, dass dann in der Praxis sämtliche Aktenteile wieder ausgedruckt werden und es wieder einen Stapel Papier geben wird, weil die Richterin oder der Richter aufgrund der vorhandenen technischen Möglichkeiten nicht in der Lage sein wird, das korrekt zu bearbeiten, weil Aktenbear­beitungsprogramme noch nicht in dem Ausmaß zur Verfügung stehen. Es bräuchte wahrscheinlich einen zweiten Bildschirm, um überhaupt den Überblick über so ein Ver­fahren zu behalten. In diesen gesamten Prozess muss man noch viel stärker jene ein­binden, die tatsächlich tagtäglich damit arbeiten müssen.

Digitalisierung darf aber nicht ein Wegrationalisieren von Arbeitsplätzen bedeuten, oder anders ausgedrückt: Die beste Digitalisierung ersetzt nicht den fachkundigen und hilfsbereiten Menschen, an den man seine Fragen richten und bei dem man seine An­liegen vorbringen kann. Die Justiz war und ist im Personalbereich in den letzten Jahren ohnehin sehr stark unter Druck geraten. Fehlt es an den qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wird es womöglich mehr Nachteile bringen. Diesen Herausforderungen werden wir uns alle stellen müssen.

Ganz besonders wichtig, und das dürfen wir nicht vergessen, sind die Bürgerinnen und Bürger und dieser niederschwellige Zugang zum Recht, also werden wir in die Richtung arbeiten müssen, eine sichere Digitalisierung, eine moderne und bürgernahe Justiz zu gewährleisten, mit der die Menschen  möglichst viele Menschen  mitgenommen wer­den können. Da gilt es noch sehr viel Potenzial zu nützen, Frau Ministerin. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.07

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Harald Stefan. – Bitte.