17.01
Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Meinungsfreiheit inklusive der Medien- und Informationsfreiheit ist die Basis für unsere Demokratie und für eine freie Gesellschaft. Leider werden im Windschatten von Corona, im Windschatten dieses Krieges Tendenzen ersichtlich, dass sich in vielen Ländern die Situation dramatisch verschlechtert. (Abg. Wurm – erheitert –: In Österreich! In Österreich, Frau Kollegin!) Jedes Jahr kommt es zu über 100 Tötungen von Reporterinnen und Reportern. Die Dunkelziffer liegt weit höher.
Bei dem vorliegenden Antrag handelt es sich nun um eine Aufforderung an Herrn Bundesminister Schallenberg, sich weiterhin für die freie Meinungsäußerung und für die Freilassung von Journalistinnen und Journalisten in der Türkei starkzumachen – Journalistinnen und Journalisten, die aufgrund von Verfahren inhaftiert sind, die nicht den internationalen rechtsstaatlichen Standards entsprechen. Oft ist es aber gar nicht nur das Verfahren, sondern es sind die Verfolgung durch die Polizei (Abg. Wurm – erheitert –: Ja!), die langen Untersuchungshaften, die Haftbedingungen, die diese Menschen brechen sollen, mit denen versucht wird, sie einzuschüchtern und sie zum Schweigen zu bringen. Die Diplomatie kann da schon in einem ganz, ganz frühen Stadium helfen, nicht erst im Fall von Haft, sondern bereits bei den Gerichtsverfahren.
Doch die Problematik besteht ja weltweit, gerade jetzt: immer akutere Eingriffe in die Meinungsfreiheit in Südamerika, in Weißrussland, in Russland (Abg. Wurm – erheitert –: In Österreich! Überall!), in China, überall. (Abg. Wurm: Überall!)
So, jetzt erlauben Sie mir bitte – auch Sie, Herr Kollege –, meine Gedanken zur Pressefreiheit zu formulieren: Freiheit kann immer nur mit Verantwortung einhergehen. Diese zwei Begriffe gehören eins zu eins zusammen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)
Wenn wir jetzt die Diskussion über die Grenze der Freiheit führen, wie wir sie zum Beispiel bei Russia Today oder bei anderen Plattformen sehen, so ist festzuhalten: Diese haben unter dem Deckmantel der Pressefreiheit operiert, aber da haben wir jetzt ganz genau hinzusehen (Abg. Wurm: Wer entscheidet das, Frau Kollegin?), denn andererseits werden ja auch durch die Pressefreiheit (Abg. Wurm: Wer entscheidet das?) ganz, ganz viele Existenzen nicht nur gefährdet, sondern auch zerstört, auch hier in Österreich. Durch Berichterstattung über ein vermeintliches Fehlverhalten werden Menschen gebrandmarkt, würde ich fast sagen, und ganz viele scheitern daran.
Auch wenn man jetzt schaut, wie darauf in der Breite der Gesellschaft reagiert wird, kann man feststellen: Viele akzeptieren das auch gar nicht mehr, denn es gilt ja immer die Unschuldsvermutung. (Abg. Wurm: Ganz richtig: Unschuldsvermutung!) Die Unschuldsvermutung schützt aber nicht vor einer moralischen Vorverurteilung durch eine breite Basis. Ich glaube daher, wir täten gut daran, die Pressefreiheit hochzuhalten und sie alle gemeinsam zu verteidigen, aber dafür – um diesen Wert hochzuhalten – braucht es auch die Journalistinnen und Journalisten.
Daher müssen wir uns eines fragen: Auf welchem Grundprinzip baut denn die Pressefreiheit eigentlich auf? – Sie baut darauf auf, dass sich diese Berufsgruppe selbst einem besonderen Ethos unterstellt, dass die ethischen Standards eingehalten werden. Nur das kann auch die Antwort auf diese Tendenzen sein, und zum Glück ist diese Verantwortung den meisten Journalistinnen und Journalisten in Österreich auch bewusst, aber auch da gibt es einige oder viele schwarze Schafe. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wurm.) Hajo Friedrichs, ein bekannter Journalist, hat einmal gesagt: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, [...] dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache“, aber „auch nicht mit einer guten Sache.“ (Abg. Wurm: Objektivität! – Abg. Hafenecker: Das ist nicht in Ordnung, wie Sie über ... reden!) Es muss eine Frage der Ethik sein, ob ich mich entweder als Journalist sehe oder ob ich mich als PR-Berater sehe, und diese Differenzierung muss jeder für sich vornehmen.
Die Pressefreiheit ist eines der höchsten Güter in einer Demokratie wie der unseren, weltweit. (Abg. Brandstätter: ...! Der hat nichts davon gehalten!) – Ich verstehe Sie nicht, Herr Brandstätter. (Abg. Brandstätter: Der Herr Kurz hat davon gar nichts gehalten!) – Von der Pressefreiheit? – Ich glaube, das ist Ihr eigenes Thema. Dieses Thema ist, glaube ich, Ihr Lebensthema. Das werden Sie irgendwann einmal bei einem Therapeuten klären müssen, aber nicht ständig hier. (Heiterkeit der Rednerin. – Beifall bei der ÖVP.)
Was Herr Kurz gemacht hat oder nicht, dafür stehe ich heute nicht hier, ich rede vom Ethos der Journalisten. Die Pressefreiheit gilt es zu verteidigen – und dieses Gut, Herr Brandstätter, liegt aber auch in den Händen der Journalisten, denn da, wo Freiheit ist, da ist auch Verantwortung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Litschauer und Jakob Schwarz.)
17.05
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Holzleitner ist zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.