17.09

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Kollegin Jeitler-Cincelli, ich habe Ihren Worten sehr aufmerksam gelauscht und habe mir gedacht, ich traue meinen Ohren nicht. Sie stellen sich hierher, halten eine Sonntagsrede zu Medienfreiheit, wissen aber, dass wir gerade im Untersuchungs­ausschuss über das Beinschab-„Österreich“-Tool reden!

Was haben Sie da vorhin gesagt? Von wegen Freiheit und Verantwortung: Sie haben im großen Stil die österreichische Medienlandschaft komplett korrumpiert. Sie haben diese mit 500 Millionen Euro überschüttet, damit sie Ihre Berichterstattung als Durchläufer an die Bevölkerung überbringt. Sie haben Umfragen fälschen lassen (Ruf bei der ÖVP: Das ist unerhört!), um einen parteiinternen Zwist durchzusetzen und Herrn Kurz an die Macht zu putschen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Haubner und Weidinger.) Dazu haben Sie Steuergelder verwendet. Und jetzt stellen Sie sich  hierher und sagen etwas von Verantwortung und von Freiheit der Medien?! – Frau Kollegin, Ihre Ambitionen in allen Ehren, aber ich glaube, Sie sind jetzt gerade nicht die glaubwürdigste Fraktion, um das hier zu vertreten, ganz ehrlich. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Noch etwas: Sie haben gesagt, Verantwortung müsse man leben, und man müsse halt schauen, wer was schreibt – na wer entscheidet das denn? Sie mit Ihrer Fraktion ge­meinsam mit den Grünen, die am liebsten überhaupt jegliche Meinungsäußerung verbie­ten würden? (Abg. Stögmüller: Na hallo!)

Das wären dann die Instanzen, die vorgeben, was die richtigen Medien und was die falschen sind? – Ich glaube, da haben wir dann ein bisschen ein Problem, Frau Kollegin Jeitler-Cincelli. Wie gesagt, vielleicht denken Sie das nächste Mal, bevor Sie eine Sonn­tagsrede halten, ein bisschen darüber nach, ob Sie das auch wirklich alles so ernst meinen, was Sie da sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Grundsätzlich zum gegenständlichen Antrag: Selbstverständlich sehen auch wir die Situation in der Türkei sehr, sehr kritisch und werden dem Antrag natürlich zustimmen. Dort, wo Presse- und Meinungsfreiheit in Gefahr sind, muss man natürlich entsprechen­de Konsequenzen und auch Zeichen setzen, das werden wir selbstverständlich tun.

Ich habe mir zur Vorbereitung auf die heutige Sitzung auch durchgelesen, zu welchem Schluss die Europäische Union beziehungsweise die Kommission gekommen ist, wie der aktuelle Zustand in der Türkei ist. Da wird festgestellt, dass sich die Lage hinsichtlich der Grund- und Menschenrechte weiter verschlechtert habe, dass Beschränkungen der Tätigkeiten von Journalisten vorgenommen würden und dass auch die Ausübung von Grundrechten eingeschränkt sei. Das führt vor allem zu etwas, das man Selbstzensur nennt.

Da bin ich schon gespannt, wie wir in diesem Zusammenhang morgen eine ähnliche Dis­kussion führen werden, denn wie Sie alle wissen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, haben wir im Verfassungsausschuss einen Gesetzentwurf, der genau diese Zensur auch nach Österreich bringen soll. Bevor jetzt wiederum die Kritikrufe kommen, das wäre eine prorussische Haltung: Ich möchte schon grundsätzlich einmal unter­streichen, dass wir in Österreich ständig irgendwelchen Zensurakten unterliegen. (Ruf bei der ÖVP: Das ist Kriegspropaganda!)

Es ist vollkommen egal, ob es die Ukrainekrise ist oder ob es die Coronakrise ist: Wir leben tagtäglich mit Zensur! Wenn ich einen Bericht schreiben würde, der dem ähnlich ist, was da über die Türkei steht – Selbstzensur, Beschränkung der Meinungsfreiheit –, müsste ich sagen, es gibt dieses Problem mittlerweile auch in Österreich massiv.

Ein Beispiel – und da bin ich gespannt, wie sich das am Ende des Tages argumentativ ausgehen wird – ist die Geschichte, dass man auf sozialen Medien gesperrt wird, wenn man schreibt oder sagt, dass die Impfung gegen Omikron nicht helfe. Jetzt gibt es aber Frau von Laer, die gestern gesagt hat, es gehe sowieso nur mehr eine 1G-Regel, denn die Impfung helfe nicht. Sie schütze nicht vor einer Ansteckung, sie ist sozusagen wertlos, das ist die Conclusio daraus. Jetzt bin ich gespannt, ob Frau von Laer auch eine Schwurblerin ist, und ich bin gespannt, ob sie jetzt auch aus den sozialen Medien verbannt wird und wie man das am Ende erklärt.

Das sind die Zensurakte, die man gesetzt hat: auf Facebook bei der AfD und so weiter und so fort, also da sollte man einmal nachdenken, wie weit wir schon sind. Vielleicht kommt uns ja sonst irgendwann einmal die Türkei zu Hilfe und sagt: Moment einmal, auch bei euch in Österreich gibt es ein Problem mit der Meinungsfreiheit! Die Euro­päische Union will die EMRK schützen, indem sie sie selber bricht – das sind Dinge, bei denen ich gespannt bin, wie wir das morgen diskutieren werden und wie wir damit umgehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, selbstverständlich müssen wir mit dem Finger auf Men­schenrechtsverletzungen zeigen und auch den Finger in die Wunde legen, wenn die Meinungsfreiheit verletzt wird. Nichtsdestotrotz sollten wir uns aber in diesem Zusam­menhang nicht als moralische Oberinstanz aufspielen, sondern auch darauf schauen, was wir selbst in unserem Land zulassen.

Zum Abschluss noch einmal Folgendes: Wenn die ÖVP die moralische Oberinstanz ist, was den Umgang mit den Medien betrifft, dann wünsche ich uns viel Spaß! (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ich glaube, Sie sollten diesbezüglich zuerst Ihre Hausaufgaben machen und beim nächsten Mal dann eine bessere Rede halten. (Beifall bei der FPÖ.)

17.13

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Reimon. – Bitte.