13.46

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Reden wir über den Arbeitsmarkt! Unser Arbeitsmarkt erholt sich von den Folgen der Coronapandemie. Das ist eine gute Entwicklung, aber über den Berg sind wir noch lange nicht. Deshalb ist es so auch wichtig, dass wir darauf schauen, wie es wei­tergeht.

Vorgestern waren 166 000 Personen in Kurzarbeit angemeldet, und daher ist es so wichtig, dass wir dieses Instrument auch verlängern und ausbauen – ich glaube, das ist gut. Die Kurzarbeit war ja immer ein Garant dafür, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer ihre Kaufkraft erhalten können und sich weiterhin ihr Leben leisten können, daher ist es wichtig, dass wir auch in Zukunft mit diesem Instrument ein bisschen etwas bei der Kaufkraft tun.

Bisher war es so, dass man jedenfalls 80 Prozent des letzten Einkommens hat bekom­men müssen. Wenn man drei Monate lang in Kurzarbeit ist, kann man das überbrücken, es gibt aber Personen, die jetzt schon zwei Jahre lang in Kurzarbeit sind, und daher, Herr Bundesminister, muss die Ersatzrate für die Arbeitnehmer in Kurzarbeit in der neuen Entwicklung jedenfalls bei 90 Prozent liegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich ersuche Sie, Herr Bundesminister, das in den nächsten Entwicklungen umzusetzen – und wenn Sie sich den Bericht des Rechnungshofes angesehen haben, wissen Sie: Es ist ja eh sehr viel Geld drinnen. Das sollte man auch einmal den Arbeitnehmern geben. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Und da wir gerade vom AMS reden, ist es auch gut, über die Ersatzrate von Arbeitslosen zu reden: Wir fordern ganz deutlich: Das Arbeitslosengeld muss 70 Prozent des letzten Einkommens betragen, damit die Menschen aus der Armutsfalle herauskommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich habe heute in der Früh mit Bürgermeister David Allerstorfer aus Feldkirchen an der Donau gesprochen. Der Herr Bürgermeister hat 40 Menschen, die aus der Ukraine vertrieben wurden, in seiner Gemeinde aufgenommen. Jetzt geht es darum, wie wir mit diesen Menschen umgehen.

Das Erste, was sie bräuchten, ist ein Zugang zu Deutschkursen. Das würde der Bürger­meister organisieren, aber – aber! – wie gehen die Behörden damit um? – Die Behörden sagen: Jetzt machen wir einmal gar nichts, jetzt schauen wir einmal, dass sie einen Aus­weis kriegen. – Das dauert mindestens einen Monat. Also ich habe schon allein zehn Tage dafür gebraucht, dass ich mich mit dieser Gruppe überhaupt bei der Polizei anmel­den durfte – die haben also zehn Tage gebraucht, dass man sich anmelden durfte! Und dann dauert es noch einmal, bis der Ausweis ausgestellt ist, und dann müssen sie noch einmal zum Arbeitsamt gehen und sollen sich arbeitslos melden – und dann denkt man einmal darüber nach, ob man ihnen Deutschkurse anbietet. Herr Bundesminister, ich ersuche Sie: Bauen Sie die Bürokratie ab und schauen Sie, dass die Bürgermeister in ihren Gemeinden Deutschkurse anbieten können! (Beifall bei der SPÖ.)

Und was sie noch brauchen: Wir müssen die Menschen, die Vertriebenen, auch vor Aus­beutung am Arbeitsmarkt schützen. Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz von Vertriebenen vor Ausbeutung auf dem Arbeitsmarkt“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, Vertriebenen aus der Ukraine, die in unserem Land Schutz suchen, rasch den Arbeits­marktzugang zu eröffnen und alle Vorkehrungen zu treffen, um diese Menschen vor Aus­beutung zu schützen. Insbesondere sollen die Kotrollstrukturen der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse, der Österreichischen Gesundheitskasse und des Finanzministe­riums in den kommenden Monaten Schwerpunktaktionen durchführen, bei denen auch die Einkommenseinstufungen dieser besonderen Gruppe kontrolliert und harte Strafen bei Verfehlungen ausgesprochen werden. Um die vorrangige Kontrollen dieser Vertrie­benen durch die Kontrollorgane organisieren zu können, ist es notwendig, dass der be­sondere Status auch für die Kontrollorgane erkennbar wird. Dieser erforderliche Daten­fluss soll sichergestellt werden.“

*****

Besten Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.50

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch,

Genossinnen und Genossen

betreffend Schutz von Vertriebenen vor Ausbeutung am Arbeitsmarkt

eingebracht im Zuge der Debatte zum Antrag 2334/A der Abgeordneten August Wö­ginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird (1406 d.B.)

Tausende der Menschen, die aus der Ukraine flüchten mussten, sind bereits in Öster­reich angekommen und suchen Schutz und Sicherheit in unserem Land. Um ihnen diese auch zu vermitteln, ist es notwendig, dass für sie so rasch als möglich eine gewisse Normalität in ihren Alltag zurückkehrt. Dies kann insbesondere durch den Zugang zu Bildung und Arbeit erreicht werden.

Der Zugang zum Arbeitsmarkt muss daher so rasch als möglich sichergestellt werden. Es muss ein Zugang zu Arbeitsplätzen sein, die auch der Qualifikation der Betroffenen so weit als möglich entspricht, denn das vermittelt den Menschen Würde und Anerken­nung.

Bei Arbeitsangeboten gibt es bereits auch viel privates Engagement, das natürlich eben­falls zu unterstützen ist, allerdings sind aber auch erste Vermittlungsplattformen entstan­den, auf denen gesetzlich vorgeschriebene Details bei angebotenen Arbeitsplätzen feh­len, wie zum Beispiel der Hinweis, dass eine Beschäftigungsbewilligung durch das AMS erteilt werden muss.

Mit dem Schicksal von vertriebenen und geflüchteten Menschen darf jedenfalls kein Lohn- und Sozialdumping betrieben werden. Deshalb muss auch die Einhaltung von Ge­setzen und Kollektivverträgen verstärkt kontrolliert werden, damit es zu keinen Verwer­fungen am Arbeitsmarkt kommt.

Es wird leider auch die Erfahrung gemacht, dass mancherorts mit Menschen, die auf­grund ihrer persönlichen Situation bereit sind, beinahe alles zu tun, um Geld zu ver­dienen, nicht korrekt umgegangen wird. Daher bedarf es eines besonderen Schutzes für die Betroffenen, entsprechender Kontrollen und scharfer Sanktionen für Betriebe, die glauben, das ausnützen zu müssen.

Es müssen daher in den Kontrollstrukturen der BUAK (Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfer­tigungskasse), der ÖGK (Österreichische Gesundheitskasse) und des Finanzministe­riums in den kommenden Monaten Schwerpunktaktionen durchgeführt werden. Es reicht nicht zu kontrollieren, ob die Anmeldung eines Arbeitnehmers erfolgt ist, auch die Ein­stufung muss überprüft werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, Vertriebenen aus der Ukraine, die in unserem Land Schutz suchen, rasch den Arbeits­marktzugang zu eröffnen und alle Vorkehrungen zu treffen, um diese Menschen vor Ausbeutung zu schützen. Insbesondere sollen die Kotrollstrukturen der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse, der Österreichischen Gesundheitskasse und des Fi­nanzministeriums in den kommenden Monaten Schwerpunktaktionen durchführen, bei denen auch die Einkommenseinstufungen dieser besonderen Gruppe kontrolliert und harte Strafen bei Verfehlungen ausgesprochen werden. Um die vorrangige Kontrollen dieser Vertriebenen durch die Kontrollorgane organisieren zu können, ist es notwendig, dass der besondere Status auch für die Kontrollorgane erkennbar wird. Dieser erfor­derliche Datenfluss soll sichergestellt werden.“

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bettina Zopf. – Bitte.