17.55

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Herr Präsident! Werte Mitglieder des Hohen Hauses! Sehr geehrte Da­men und Herren! Wenn man auf Europa schaut: Europa war tatsächlich die einzige Wirt­schaftsmacht, die bis vor gar nicht allzu langer Zeit ohne eine Strategie zum Schutze europäischer Schlüsselindustrien gearbeitet hat. Wir haben deshalb gesehen, dass viele Infrastrukturen, vor allem aber auch viele Technologieunternehmen verkauft wurden, ohne dass jemand darauf geschaut hat. Da geht es nicht darum, etwas zu verhindern, sondern es geht darum, zu wissen, was passiert, sowohl am europäischen Markt als auch am österreichischen Markt.

Das FDI-Screening wurde deshalb, während Österreich die Ratspräsidentschaft inne­hatte, entsprechend umgesetzt, und dieser Mechanismus, sich auf europäischer Ebene auszutauschen und entsprechend Informationen einzubringen, aber auch abzufragen und aktiv mitzuwirken, ist ganz, ganz wichtig. Das ist aus meiner Sicht auch unsere gemeinsame Aufgabe.

Erinnern Sie sich rückblickend daran, was in den vergangenen Jahren passiert ist! Ich nenne Ihnen zwei Fälle: den Fall von Kuka, die verkauft worden sind, und den Hafen von Piräus. Bei beiden Fällen gab es kein FDI-Screening. In beiden Fällen hat keine der Behörden, europäisch oder auch in den jeweiligen Ländern, darauf geschaut, sondern man hat diese Investitionen einfach zugelassen und durchgewunken.

Es geht nicht darum, zu verhindern, sondern es geht darum, ein gutes Augenmaß zu haben und ein Gleichgewicht zu schaffen, um auf der einen Seite ein attraktiver Wirt­schaftsstandort zu sein, aber auch so, wie die USA es machen, wie Japan es macht, wie Kanada es macht und wie viele Länder das schon viele Jahrzehnte vor uns gemacht haben, darauf zu schauen.

Dass wir genau darauf geschaut haben, nicht nur in Österreich, sondern über die Gren­zen hinaus, zeigt der Fall Siltronic. Sie können sich vielleicht erinnern, dass es dabei um einen Waferhersteller für die Halbleiterproduktion in Deutschland ging, der an ein tai­wanesisches Unternehmen verkauft werden sollte. Es ist der letzte Hersteller, den es in Europa gibt. Aufgrund der bestehenden Mechanismen konnte das verhindert werden, das Unternehmen bleibt jetzt in deutschem Besitz, und das ist wichtig, denn wir müssen uns hinsichtlich der verschiedensten Industrien gerade in diesen Zeiten – Sie haben es angesprochen, aufgrund von Covid oder auch aufgrund der Situation des Krieges in der Ukraine durch Russland – entsprechend vorsehen, was auch entsprechend vorgesehen ist.

Wir sind eine offene Volkswirtschaft und wir wollen Ansiedelungen, aber gleichzeitig wol­len wir auch nicht naiv sein. Wir wollen den Zugang von Investorenkapital ermöglichen, aber gleichzeitig auch entsprechend achtsam sein.

Wenn wir uns in dem Bericht anschauen, was passiert ist und was getan wurde: Es wurden 50 Fälle behandelt, es gab im ersten Jahr 50 nationale Prüfverfahren. Wenn wir das mit den vergangenen acht Jahren vergleichen: Da gab es 25 Fälle im Außenwirt­schaftsgesetz, wo das zwar geregelt war, aber sehr gering geregelt war.

Ja, der Großteil der Übernahmen erfolgt durch amerikanische Unternehmen, aber man muss sagen, es war durch Covid der Zugang zum Beispiel asiatischer, vor allem chine­sischer Unternehmen zum europäischen Markt genauso gestört wie jener von österrei­chischen oder europäischen Unternehmen zu China, weil die Märkte nicht entsprechend erreichbar waren. Es geht auch nicht so sehr darum, aus welchem Land genau Inves­titionen kommen – auf Russland gehe ich dann noch gesondert ein –, sondern dass es genaue Prüfkriterien gibt, die auch entsprechend eingehalten werden.

Zu Ihren Fragen, was Russland betrifft: Natürlich kann ich Ihnen sagen, dass alle Sank­tionen streng eingehalten werden und dass eine eigene Abteilung bei uns im Haus ganz klar darauf achtet, dass diese Sanktionen entsprechend eingehalten werden, sowohl die Sanktionen gegen einzelne Personen als auch die generellen Sanktionen.

Das zweite Thema, das Sie hatten, war, dass es jetzt entsprechend zu Verzögerungen bei den Investitionen käme. Dazu kann ich Ihnen sagen: Das ist nicht der Fall, weil wir im Unterschied zu Deutschland einen Mechanismus eingebaut haben, dass so ein Ver­fahren im Grundlauf maximal zwei Monate dauern darf; so lange haben sie zum Großteil überhaupt nicht gedauert. In Deutschland zum Beispiel gibt es das nicht. Wir haben also, anders als zum Beispiel bei den UVP-Verfahren, eine klare maximale Zeit vorgesehen. Auch wenn es eine vertiefte Prüfung gibt, sind noch einmal maximal zwei Monate mög­lich. Kommt es zu keiner Antwort, dann ist es genehmigt. Somit haben wir einen Mecha­nismus, dass es nicht zu Verzögerungen kommt.

Darüber hinaus weiß jeder Unternehmer, dass er sich möglichst früh in einer soge­nannten Due Diligence – das ist die Verkaufsphase – an die Behörde wenden soll. Das ist in Deutschland, in den USA, in Japan, in Kanada so. Das heißt, sowohl die Anwälte als auch die Verantwortlichen der Unternehmen, die zum Verkauf stehen, selbst, wissen das sehr genau. Sie müssen nur rechtzeitig und frühzeitig kommen und nicht erst nach der Unterschrift. Wir haben klar festgestellt, dass die Unternehmer das wissen und das auch entsprechend umsetzen.

Zur Sunsetklausel ist ja ganz klar gesagt worden: Sie betrifft nur den Lifescience-Be­reich, und es ist ausschließlich eine Anhebung von 10 Prozent auf 25 Prozent ange­dacht. Das heißt, wir waren aufgrund der Covid-Krise etwas strenger und haben für den Lifescience-Bereich die 10 Prozent angelegt, und ja: Es gilt, am Ende diese Sunset Clause zu prüfen, aber mitnichten läuft das gesamte Gesetz aus oder sind die anderen Bereiche davon betroffen. Ich nehme die Anregung aber gerne an, und wir schauen uns das ver­tieft an und werden das sicher dann auch im Wirtschaftsausschuss besprechen können.

Zur Situation mit Russland: Man sieht genau, dass bei den jetzigen, im letzten Jahr getä­tigten Investitionen keine solchen dabei sind. Warum? – Weil natürlich, es ist schon ge­sagt worden, die Investitionen primär in Nichttechnologie getätigt und nicht Unternehmen mit hohem Forschungsanteil gekauft wurden. Auch da kann ich versichern: Die Sank­tionen werden bei jedem Erwerb genau beachtet und es sind auch die Personen ent­sprechend unter Monitoring. Die Vermögenswerte sind ja auch eingefroren.

Wenn wir uns in den EU-Kooperationsmechanismus einbringen, so ist das nichts Schlechtes. Das ist ja von Herrn Abgeordneten Loacker als schlecht bezeichnet wor­den. – Das sehe ich nicht so. Ich glaube, es ist unsere Aufgabe, eine aktive Politik in diesem Sinne zu machen, das aktiv zu gestalten und beide Chancen zu nützen, auf der einen Seite mehr Sicherheit, mehr Resilienz, mehr Unabhängigkeit zu haben, auf der anderen Seite aber auch eine offene Volkswirtschaft zu sein und entsprechend Investo­ren nach Österreich zu holen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

18.03

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Him­melbauer. – Bitte.