19.39
Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Wie schon mehrmals angesprochen wurde, gilt es nach dem heutigen Tag nun wieder Vertrauen aufzubauen und das rot-weiß-rote Projekt Landesverteidigung weiterzuentwickeln. Hinausgespielte Leaks – wie heute – zerstören leider viel an entgegengebrachtem Vertrauen.
Kollegin Feichtinger, Genossinnen und Genossen haben am 7. Juli 2021 einen Entschließungsantrag betreffend „Ausstattung von Gebäuden des Bundesheers mit Photovoltaik-Anlagen“ eingebracht. Kern des Antrages war, durch die Erzeugung von Strom mittels Fotovoltaik die Autarkie des Bundesheeres im Fall eines Blackouts gewährleisten zu können.
Das bringt mich aber auch schon zur Stärkung des österreichischen Bundesheeres und der Miliz im Gesamten. Wie Sie vermutlich alle wissen, hat die Sozialdemokratie unter Dr. Bruno Kreisky die umfassende Landesverteidigung konzipiert und 1975 auch verfassungsrechtlich verankert. Federführend sei hier der Vater der umfassenden Landesverteidigung Brigadier a.D., Sektionschef i.R., Prof. Dr. Richard Bayer genannt.
Diese in die Zukunft blickenden Persönlichkeiten haben damals verstanden, was es braucht, um Österreich resilient zu machen. Ich darf an dieser Stelle den namhaften Journalisten Conrad Seidl vom 7. März zitieren: „Der damalige Kanzler Bruno Kreisky [...] hat es nämlich verstanden, ein sehr viel breiteres Verständnis von Umfassender Landesverteidigung zu etablieren – und sich dafür auch die Unterstützung der anderen Parlamentsparteien zu holen. Verteidigung sollte in diesen Sinn eben nicht nur Sache des Militärs sein. Als weitere Säulen wurden die wirtschaftliche, die zivile und die geistige Landesverteidigung etabliert. Und zwar als ausdrücklich gleichwertig.“
Als die umfassende Landesverteidigung umgesetzt wurde, sind andere Staaten nach Österreich gekommen, um sich dieses Modell und das damit verbundene Raumverteidigungskonzept, die sogenannte Spannocchi-Doktrin, anzusehen. Diese Raumverteidigung wird heute, gerade in diesen bitteren Stunden, seitens der Ukraine auch in ähnlicher Form umgesetzt.
Meine Damen und Herren, es ist zwingend erforderlich zu handeln, die umfassende Landesverteidigung verfassungskonform umzusetzen, personelle und materielle Bedürfnisse unter Berücksichtigung der Wiedereinführung von Truppenübungen der Miliz auszuweisen – also eine realistische Einschätzung, um unser Heer im 21. Jahrhundert zu modernisieren und den verschärften Risikobildern anzupassen.
Daher bringe ich folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stärkung des österreichischen Bundesheers insbesondere der Miliz“
eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 31: Bericht des Ausschusses für Landesverteidigung betreffend den Entschließungsantrag der Abgeordneten Elisabeth Feichtinger, Robert Laimer, Genossinnen und Genossen betreffend Ausstattung von Gebäuden des Bundesheers mit Photovoltaik-Anlagen (1805/A(E))
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und die Bundesministerin für Landesverteidigung, werden aufgefordert, das Budget für Militärische Angelegenheiten (UG 14) wie angekündigt auf 1% des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen um sicherzustellen, dass das österreichische Bundesheer seinen in der Verfassung vorgegebenen Aufgaben nachkommen kann.
Die Bundesministerin für Landesverteidigung wird zudem aufgefordert, bis spätestens 26. Oktober 2022 ein konkretes Modell zur Beschlussfassung vorzulegen, in welcher Form das Bundesheer, insbesondere im Hinblick auf seine verfassungsgesetzlich vorgesehene milizartige Struktur organisiert und entsprechend finanziert werden und die personellen und materiellen Bedürfnisse und Erfordernisse der Miliz erfüllt bzw. sichergestellt werden können.“
*****
Abschließend, meine Damen und Herren: Die Friedensdividende in Europa ist nun aufgebraucht. Die Friedensmission des neutralen Österreich allerdings ungebrochen, denn wir werden uns nie – niemals! – an einen Krieg in Europa gewöhnen dürfen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
19.43
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Robert Laimer, Reinhold Einwallner,
Genossinnen und Genossen
betreffend Stärkung des österreichischen Bundesheers insbesondere der Miliz
eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 31: Bericht des Ausschusses für Landesverteidigung betreffend den Entschließungsantrag der Abgeordneten Elisabeth Feichtinger, Robert Laimer, Genossinnen und Genossen betreffend Ausstattung von Gebäuden des Bundesheers mit Photovoltaik-Anlagen (1805/A(E)).
In den letzten Wochen und Monaten wurde die Diskussion rund um die Resilienz des Bundesheers regelmäßig diskutiert. Gerade Katastrophenfälle und dort insbesondere neue Bedrohungsszenarien, wie die aktuell immer größer werdende Gefahr eines großflächigen Blackouts, müssen die Frage der Resilienz des Bundesheers im Krisenfall ins Zentrum rücken.
Ein Schritt zur Steigerung der Resilienz ist die Ausstattung der Gebäude des Bundesheers mit Photovoltaik-Anlagen, die so einen wesentlichen Beitrag zur Energie-Autarkie leisten können. Ein anderer, für ein noch viel breiteres Spektrum an Herausforderungen relevanter Bereich, ist die Frage der Einsatzfähigkeit des Heeres in personeller Sicht. Diese ist durch die aktuelle Kriegssituation in der Ukraine wieder verstärkt in den Fokus gerückt und lässt Schwächen in der Struktur des Bundesheers deutlich zu Tage treten.
Diese Probleme gilt es dringend – und im Sinne von Freiheit und Sicherheit der Menschen in Österreich – zu beseitigen, denn die Sozialdemokratie steht für ein Leben in Freiheit und Sicherheit, für alle Menschen, die in unserer Heimat, der Republik Österreich leben.
Als Sozialdemokrat*innen können wir es nicht zulassen, dass dieses friedliche Zusammenleben in unserem pluralistisch-demokratischen Rechtsstaat und die verfassungsrechtlichen Grund- und Freiheitsrechte durch Krieg, Terrorismus, Extremismus, Organisierte Kriminalität in allen ihren Ausprägungen, aber auch von der Natur oder Menschenhand herbeigeführte Katastrophen, bedroht werden. Dies bedeutet, dass wir umfassende Abwehrmaßnahmen vorzubereiten haben, um unser Gemeinwesen im Anlassfall vor äußeren und inneren Bedrohungen schützen zu können.
Das erklärte Ziel sozialdemokratischer Sicherheits- und Verteidigungspolitik war und ist es, Österreich – im Verbund mit der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union – als souveränes, neutrales Land zu bewahren, in dem seine Bürgerinnen und Bürger sowie alle Menschen, die hier legal Aufenthalt nehmen, ohne Angst, ohne Repression, ohne Gewalt und unter Wahrung der verfassungsrechtlichen Grund- und Freiheitsrechte, in Frieden leben können.
Durch den Krieg in der Ukraine wird uns in erschreckender Weise vor Augen geführt, wie rasch sich die Bedrohungslage verschlechtern kann und wie wichtig es daher ist, umfassende Instrumente und Verfahren bereitzustellen, um Schutz und Hilfe für unsere pluralistisch-demokratische Gesellschaftsordnung und seine sozialstaatlichen Errungenschaften gewährleisten zu können.
Artikel 9a B-VG sieht die Umfassende Landesverteidigung als Verfassungsprinzip vor, um Österreich vor Bedrohungen aller Art, nicht nur militärisch, sondern auch wirtschaftlich, zivil und vor allem durch Sicherstellung der Resilienz der Bevölkerung durch Maßnahmen der geistigen Landesverteidigung, zu schützen.
Dieser Auftrag des Verfassungsgesetzgebers wurde in den vergangenen zwei Jahrzehnten nicht nur vernachlässigt, sondern es wurden bewährte Strukturen zerschlagen. So wurde der richtungweisende Landesverteidigungsplan, wie in seiner Präambel ausdrücklich festgehalten, nicht an die jeweils aktuellen Bedrohungsbilder angepasst und weiterentwickelt, sondern de facto ad acta gelegt. Eine unverständliche Vorgangsweise, weil damit einhergehend, auch operative Strukturen nicht mehr funktionsfähig gehalten wurden.
Es ist daher zwingend erforderlich, die Umfassende Landesverteidigung verfassungskonform umzusetzen. Diesbezüglich hat, wie von der SPÖ schon lange gefordert, der Bundeskanzler seine verfassungsrechtliche Koordinierungskompetenz wahrzunehmen und entsprechende aufbau- und ablauforganisatorische Maßnahmen unverzüglich einzuleiten.
Gleichzeitig hat die Bundesministerin für Landesverteidigung ohne Zeitverzug alle erforderlichen Schritte zu setzen, um auf Grundlage der im Generalstab aufliegenden, aktuellen Planungsdokumente unverzüglich die dringend erforderlichen Beschaffungsvorhaben für das Bundesheer einleiten zu können.
Dabei sind die personellen (z.B. Truppenübungen) und materiellen Bedürfnisse der Miliz auszuweisen.
Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und die Bundesministerin für Landesverteidigung, werden aufgefordert, das Budget für Militärische Angelegenheiten (UG 14) wie angekündigt auf 1% des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen um sicherzustellen, dass das österreichische Bundesheer seinen in der Verfassung vorgegebenen Aufgaben nachkommen kann.
Die Bundesministerin für Landesverteidigung wird zudem aufgefordert, bis spätestens 26. Oktober 2022 ein konkretes Modell zur Beschlussfassung vorzulegen, in welcher Form das Bundesheer, insbesondere im Hinblick auf seine verfassungsgesetzlich vorgesehene milizartige Struktur organisiert und entsprechend finanziert werden und die personellen und materiellen Bedürfnisse und Erfordernisse der Miliz erfüllt bzw. sichergestellt werden können.
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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.
Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Volker Reifenberger. – Bitte.