12.52

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wenn man der Debatte sehr auf­merksam folgt, dann wird man Zeuge eines ÖVP- und auch Grünen-Weichspülpro­gramms. Die Aussagen sind nahe an der Lüge – nahe an der Lüge, aber jedenfalls Sand in die Augen derjenigen, die zuhören.

Ich möchte das an ein paar Punkten festmachen. Das eine ist – und das ist ganz zen­tral –: Herr Finanzminister, Sie sagen, das sei jetzt ein Schnellprogramm und über struk­turelle Reformen könnten wir später reden. Wir NEOS reden seit 2013 über strukturelle Reformen, die ÖVP verhindert seit über 30 Jahren strukturelle Reformen, und wir sind in einer Ausgangslage, in der Sie sich hier vor die Abgeordneten stellen und darüber reden – das, was Sebastian Kurz auch immer gemacht hat, was immer falsch war –, dass Österreich dermaßen viel besser sei als alle anderen Länder in der Europäischen Union.

Österreich ist, was Ihre Arbeit betrifft, Herr Finanzminister, nämlich in den Vorgängen, eine Katastrophe! Wir haben eine zu hohe Körperschaftsteuer, wir haben eine zu hohe Einkommensteuer, wir haben zu hohe Lohnnebenkosten, wir haben von allem, womit sich Ihre Säcke füllen, viel zu viel! – Das ist die Ausgangslage (Beifall bei den NEOS – Abg. Gödl: Sozialstaat!), und die ÖVP schreit, weil sie glaubt, es gehe um Sozialaus­gaben. (Abg. Gödl: Sozialstaat! Der kostet auch was!) In Wirklichkeit ist die ÖVP einzig in einem wirklich gut: sich selbst die Säcke vollzustopfen – das ist das Einzige, was sie kann –, auf Kosten der Schwächsten und nicht auf Kosten irgendeines anderen. (Abg. Gödl: NEOS ist gleich unsozial!) Das ist die Ausgangslage, vor der wir jetzt stehen.

Wir haben eine Teuerung, die bei den meisten noch gar nicht angekommen ist. Bei denjenigen, die tatsächlich weit pendeln, die schlecht isolierten Wohnraum, also hohe Heizkosten haben, ist es teilweise jetzt schon angekommen. Bei dem, wovor wir jetzt warnen, geht es eigentlich um das, was noch gar nicht in den Supermärkten ist: Wir haben um 25 Prozent höhere Großhandelspreise, die die Supermärkte zum Großteil noch gar nicht weitergegeben haben. Das, was jetzt an einer Kostenlawine auf die Menschen zukommt, passiert erst.

Mit dem, was Sie jetzt gerade bei den Energiekosten dämpfen, dämpfen Sie nur die Energiekosten, da dämpfen Sie nicht die Folgeauswirkungen. Und da komme ich jetzt auch zum wesentlichen Punkt: Sie dämpfen sie nicht bei jenen, die es wirklich brauchen. Ich habe Kollegen Karlheinz Kopf vorhin zugehört. Er ist immer sehr besonnen und dadurch wirkt er glaubwürdig, der Inhalt ist aber leider trotzdem vollkommen falsch.

Er spricht von denjenigen, die existenziell bedroht sind, von sozialer Treffsicherheit. Was hat er noch gesagt? – (In Unterlagen blickend:) Zielsicher seien die Maßnahmen. Wenn man sich anschaut, wo denn die Pendlerpauschale hingeht, dann sieht man: 40 Prozent der PendlerInnen in Österreich gehören zu den höchsten 20 Prozent von Einkommens­beziehern, und 50 Prozent dessen, was Sie jetzt bei der Pendlerpauschale ausschütten, kommen ebenfalls den Beziehern der höchsten 20 Prozent der Einkommen zugute. – Das ist ja nicht sozial treffsicher! Wir als NEOS sind natürlich dafür, dass wir generell weniger Steuern einnehmen – dann müssen wir nachher auch weniger hergeben. Dass Sie aber hergehen und angesichts dessen, dass die obersten 20 Prozent davon in der Krise profitieren, sagen, das sei sozial treffsicher, und Karlheinz Kopf dann behauptet, jetzt seien alle nicht mehr existenziell gefährdet, ist schlicht die Unwahrheit. (Beifall bei den NEOS.) Es ist so nahe an der Lüge, dass man es auch so bezeichnen müsste.

Da komme ich jetzt auch zu einem wesentlichen Punkt, der, glaube ich, auch ganz zentral ist. Sie vergessen eines: Mit der Pendlerpauschale und allem, was tatsächlich die Mobilität betrifft, entlasten Sie ausschließlich die Nichtselbstständigen. Sie entlasten weder Selbstständige, denn der EPUler kann ja auch nur absetzen, was er direkt für die berufliche Ausübung gemacht hat, die Person hat natürlich auch andere Formen der Mobilität, noch werden Studierende, die auf ein Auto angewiesen sind, entsprechend entlastet, übrigens auch nicht Pensionisten und Pensionistinnen. Alle, die nicht gerade als Arbeiter oder Angestellte in einem Dienstverhältnis sind, werden also von Ihrer Pend­lerpauschale überhaupt nicht umfasst. Das heißt, wenn Sie sich jetzt hierherstellen und Ihre Milliarden verteilen, verteilen Sie sie nach oben, Sie verteilen sie in eine Gruppe hinein. Die Landwirte haben Sie nicht vergessen, das ist ja eh allgemein bekannt, im Wesentlichen aber vergessen Sie sehr, sehr viele Menschen.

Dazu kommt noch eines – und damit möchte ich auch schließen –: Sie haben jetzt eine große Uneinigkeit in der Fraktion. Der eine sagt, 1,3 Milliarden Euro, der andere sagt, 2 Milliarden Euro, der nächste sagt, 4 Milliarden Euro – niemand in der ÖVP weiß, wie viel die Entlastung eigentlich gerade ausmacht. Wir wissen aber, wie viel Sie als Finanz­minister zusätzlich einnehmen, eben weil Sie über die Jahrzehnte eine so hohe Belas­tung aufgebaut haben. Um zumindest 7 bis 11 Milliarden Euro wird die Inflation Sie als Finanzminister in den nächsten zwei Jahren reicher machen. Jetzt geben Sie nicht ein­mal die Hälfte weiter, wissen gar nicht, wie viel es ist, und verteilen dann von unten nach oben und nur an Ihr Klientel. – Es ist eine Katastrophe, was Sie machen, und nicht weniger! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

12.57

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christoph Zarits. – Bitte.