18.40

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir werden diesem Gesetz zustimmen, trotz der Mängel, die von Kollegen Kaniak ausgeführt worden sind. Es betrifft die Berufsqualifikation von ÄrztInnen, Hebammen, Zahnärzten und ApothekerInnen. Diese Anerkennung ist in Österreich längst überfällig. Dazu gibt es eine wirkungsorientierte Folgeabschätzung, die davon ausgeht, dass nur sehr wenige Berufsangehörige aus dem EWR-Raum in Österreich ihren Beruf ausüben wollen. Das ist also, wie gesagt, überfällig, aber es wird nichts oder sehr wenig beitragen können, um dem Personalmangel im Gesundheitssystem entge­genzuwirken.

Warum gibt es im österreichischen Gesundheitssystem noch immer einen Personal­mangel? – Aus unserer Sicht deswegen, weil die Anerkennung für Menschen, die in der Pflege und im Gesundheitssystem arbeiten, durch die Regierung nach wie vor ausbleibt, weil es nach wie vor keine Konzepte für eine echte Pflegereform gibt, weil es keine Attraktivierung der Gesundheits- und Pflegeberufe gibt und weil es keine Konzepte gibt, wie man gegen den Vertragsärztemangel ankämpft.

Herr Minister, ich komme aus Niederösterreich, dort laufen die Spitäler seit Monaten im Notbetrieb. Im Klinikum Baden-Mödling gab es am 24.2. eine Protestaktion der Be­schäftigten; in Wiener Neustadt hat die Vorsitzende des Angestelltenbetriebsrates – übrigens ein Mitglied der Fraktion christlicher Gewerkschafter – eine Strukturmangel­an­zeige abgesetzt; im Waldviertel, in der Klinik Waidhofen an der Thaya, werden an Wochenenden PatientInnen nicht mehr behandelt – ein Patient mit einem gebrochenen Bein wurde nicht behandelt, ein Säugling mit einer blutenden Nase und Verdacht auf Nasenbeinbruch wurde nicht behandelt. Das ist in den „Niederösterreichischen Nach­richten“ nachzulesen. In anderen Bundesländern ist es ähnlich: In einem Pflegeheim in Hall in Tirol stehen 30 Pflegebetten leer, weil das Personal fehlt.

Ich kann mich noch gut an die Versprechungen der ÖVP, vor allem der ÖVP Nieder­österreich, erinnern, die gesagt hat, es wird alles besser, wenn die Spitäler von den Städten und von den Gemeinden weg- und unter ein Dach kommen, unter jenes der sogenannten Landesgesundheitsagenturen. Die Personalsituation hat sich vor allem in diesen Spitälern massiv verschlechtert, und das nicht nur aufgrund der Pandemie; sondern das war schon vorher so.

Herr Minister, wir brauchen eine echte Gesundheitsoffensive zum Wohle der Beschäf­tigten, die im Gesundheitssystem arbeiten, und zum Wohle der Menschen in diesem Land, zum Wohle der Patientinnen und Patienten.

Herr Minister, Sie werden es mir nicht glauben, aber ich will, dass Sie erfolgreich sind, denn wenn Sie erfolgreich sind, dann geht es den PatientInnen und auch den Beschäftigten im Gesundheitssystem besser. Machen Sie bitte nicht denselben Fehler wie Ihre zwei Vorgänger: Lassen Sie die Bundesländer, vor allem die ÖVP-geführten Bundesländer, nicht alleine über das Gesundheitssystem regieren, mischen Sie sich ein, legen Sie den Bundesländern Konzepte auf den Tisch! Wir als Sozialdemokratie haben schon Kon­zepte bereitgestellt, vielleicht können Sie diese auch übernehmen.

Es gibt im Land sehr viele Probleme, wir haben im Wesentlichen drei Probleme: einer­seits die Teuerung, über die wir heute schon den ganzen Tag debattiert und diskutiert haben und die die Menschen sehr belastet, andererseits ein an sich sehr gutes Gesund­heitssystem, das aber immer öfter an seine Grenzen stößt. Das dritte – aus meiner Sicht größte – Problem sind die Politik der ÖVP und die ÖVP selbst. Ich denke, über 35 Jahre in der Regierung sind mehr als genug. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischen­ruf des Abg. Hofinger.)

18.44

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Laurenz Pöttinger. – Bitte.