9.48.12

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Liebe Pflegende, mit dieser Pflegereform erhalten Sie nun endlich die finanzielle Anerkennung, die Ihnen zusteht. Und ich sage es ganz klar und deutlich: Ich gönne Ihnen allen jeden Cent. (Beifall bei den NEOS.)

Als die Stützen unseres Gesundheitssystems brauchen Sie wesentlich mehr Verän­derungen. Es war höchste Zeit und wir freuen uns, dass diese Reform auf dem Tisch liegt. Präsentiert wurden uns aber leider nur Überschriften. Wie die einzelnen Schritte umgesetzt werden sollen, wissen wir noch gar nicht, und ich befürchte, dass vieles davon auch keinen Weg finden wird.

Die angeblich größte Pflegereform aller Zeiten ist de facto 1 Milliarde Euro für Pflege­kräfte für die nächsten zwei Jahre. Wir wissen schon, dass Sie im Gesundheits­minis­terium denken, dass Sie mit einzelnen Schritten die Welt nach Ihrer Regierungszeit vor vollendete Tatsachen stellen und dann die angestrebten Verbesserungen von Ihrer Nachfolge irgendwie geregelt werden müssen. Ich sage Ihnen aber: So funktioniert das nicht! In Österreich denkt schon lange keine Regierung mehr an die Zeit nach der eige­nen Legislaturperiode, aber dass Sie offensichtlich so eine ganze Branche verhöhnen und dann auch noch Teile davon zur Gänze auslassen, ist besonders schamlos.

Schauen wir uns Ihre Vorschläge im Detail an: Die Gehaltserhöhung, wie Sie sie nennen, ist ein zusätzliches Monatsgehalt. Ich bin sehr gespannt, ob Sie das über den Steuer­ausgleich machen oder ob Sie versuchen, alle Krankenhaus- und Pflegeheimbetreiber mit an Bord zu nehmen, und wenn ja: Wissen Sie, wie Sie mit der mobilen Pflege um­gehen? Aber gut, mit nicht stationären Angeboten haben Sie es ja nicht so. Ihre zusätz­liche Urlaubswoche steht ja nur für Pflegekräfte im stationären Setting zur Verfügung. Die Berufe in der niedergelassenen und mobilen Pflege bleiben somit äußerst unattraktiv. Sie zeigen kein Interesse an einer Entlastung für Angehörige, und pflegebedürftige Per­sonen sind darauf angewiesen, irgendwann ins Altersheim zu gehen, und haben auch gar nicht die Möglichkeit, gut versorgt zu Hause zu altern.

Eine nachhaltige Änderung für pflegende Angehörige ist, dass die erhöhte Familien­beihilfe und das Pflegegeld nicht mehr gegengerechnet werden. Das ist gut, aber Sie sagen selbst, dass das den betroffenen Familien lediglich 60 Euro bringt. Das ist für viele der Betroffenen nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn man bedenkt, wie viel medizi­nisches Equipment Eltern von chronisch kranken Kindern oder Kindern mit Behin­derung brauchen.

Bei diesen können Sie erheben, wer als pflegender Angehöriger zählt, aber wie wollen Sie herausfinden, welche und wie viele Personen pflegende Angehörige von Erwachse­nen sind, und wie wollen Sie diesen Bonus dann ausschicken? Wieder per Gutschein?

Um gleich bei Menschen mit Behinderungen zu bleiben: Gelten diese Maßnahmen auch für die BetreuerInnen und AssistentInnen von Menschen mit Behinderungen? – Schon beim Coronabonus 2021 wurde auf diese Personen vergessen. Attraktivere Arbeits­bedingungen, wie zum Beispiel höhere Gehälter und bessere Betreuungsschlüssel, sind auch da unumgänglich.

Es darf in dieser Reform kein Unterschied zwischen Altenpflege und Behindertenhilfe gemacht werden, weil sich das wiederum negativ auf die Personalsituation auswirkt. Im Ausschuss war die Rede von ausschließlich positivem Feedback auf diese Reform. Ich habe ein lautes Grummeln gerade aus dem Bereich der Menschen mit Behinderungen vernommen, die alles andere als überwältigt von diesem großen Wurf sind. Die Schaf­fung einer bedarfsgerechten, bundesweit einheitlichen persönlichen Assistenz, um Men­schen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, kommt in dieser Reform auch nicht vor.

Als Lehrerin muss ich hier leider eine Themenverfehlung attestieren. Sie müssen bei so einem wichtigen Thema wie der Pflege ernsthafte Reformen angehen. Die Menschen haben es verdient, dass wir das System langfristig und nachhaltig verbessern. Wir wer­den unsere Vorschläge dazu weiterhin einbringen, egal wie oft Sie sie vertagen, nur weil Sie nicht über ernsthafte Reformen sprechen wollen. Danke. (Beifall bei den NEOS.)

9.52

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gödl. – Bitte.