15.46

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher! Abgesehen davon, dass die Verlängerungen im falschen Ausschuss gelandet sind, handelt es sich da tatsächlich um eine vollkommen fehlgeleitete Maßnahme. Denn was soll heute hier passieren, sehr geehrte Damen und Herren? – Es werden Ausnahmegesetze, Not­standsgesetze, Verordnungsermächtigungsgesetze verlängert – ohne jegliche Not. Die Situation in Österreich hat sich im Vergleich zum Frühling 2020 in den letzten zwei Jahren doch maßgeblich verändert, die epidemiologische Situation hat sich maßgeblich verändert. Das Coronavirus ist mutiert, die Omikronvarianten sind mittlerweile zwar infektiös, aber deutlich weniger krankmachend als zum Beispiel die Influenzaviren, und trotzdem möchte diese Bundesregierung diese Notstandsgesetze verlängern.

Was bedeutet das, meine sehr geehrten Damen und Herren? – Das bedeutet, dass wir die Fehler der Vergangenheit fortsetzen. Das bedeutet, dass wir Notfallmaßnahmen, die getroffen wurden, als wir vollkommen unvorbereitet auf eine Virusinfektion waren, jetzt genauso fortsetzen und das aber als Vorbereitungsmaßnahmen für den Herbst verkauft wird, anstatt tatsächlich substanziell im Gesundheitssystem Vorsorge zu treffen.

Das nächste Virus ist vielleicht kein Coronavirus, vielleicht ein verstärktes Influenzavirus oder irgendetwas anderes, was daherkommt, und da helfen uns keine gesetzlichen Regelungen, Herr Bundesminister! Da hilft uns keine Verfolgung durch die Justiz und durch die Polizei, und da helfen auch keine Verordnungsermächtigungen, sondern das Einzige, das da hilft, ist eine ordentliche Krisenvorbereitung in unserem Gesundheits­system, damit Erkrankungsfälle bestmöglich und frühestmöglich behandelt werden.

Wenn Sie schon etwas am Epidemiegesetz machen wollen, sehr geehrter Herr Bun­desminister, dann schmeißen Sie die ganze Fehlkonstruktion, die sich da in den letzten zwei Jahren entwickelt hat, über Bord: Setzen wir es neu auf, definieren wir neu, ab wann es tatsächlich in Kraft tritt, wann es auch wieder außer Kraft zu treten hat, definieren wir auch ganz genau, bei welchen Schwellenwerten welche Einschränkungen zulässig sind! Das muss Ihnen ja selber klar sein, dass das in Form dieser Verordnungsermächtigung, wie das jetzt ist, kein langfristiges System sein kann, dass das auch vollkommen intransparent ist und dass das auch zu Fehlauswüchsen führt, wie wir das in den letzten Monaten und Jahren gesehen haben.

Und bevor Sie irgendwelche zusätzlichen Maßnahmen festlegen, evaluieren wir sie bitte, so wie die Deutschen und die Schweizer das teilweise schon gemacht haben, wobei sie draufgekommen sind, dass zum Beispiel Lockdowns einfach viel mehr Schaden anrichten als Nutzen stiften und deshalb nicht nur Ultima Ratio, sondern selbst im letzten Fall eigentlich noch immer kontraproduktiv sind. Wir brauchen also andere Lösungen und nicht eine Verlängerung, nicht more of the same.

Wir brauchen im Gesundheitssystem abseits der Pflegedebatte auch im Bereich der Ärzteschaft Maßnahmen, die die Kapazitäten erhöhen, die die Bereitschaft, in diesen Beruf zu gehen und in diesem Beruf zu bleiben, verbessern. Wir haben vor wenigen Wochen einen Bericht gelesen, dass im Jahr 2021 allein in Oberösterreich vom medi­zinischen Personal in den Spitälern über 3,18 Millionen Überstunden geleistet worden sind. Das ist ein völliges Unding, diese Überstunden müssen irgendwo ausbezahlt oder abgebaut werden. So weit darf es auch nicht wieder kommen, da braucht es zusätzliches Personal, da braucht es auch zusätzliche finanzielle Mittel.

Genau dasselbe ist es bei den Gesundheitsbehörden, Kollege Smolle hat es ja auch angesprochen: vollkommen vernachlässigt. Wir haben noch immer Bezirke ohne Amts­ärzte. Wir haben noch immer keine vernünftige Regelung für die Rekrutierung von Epide­mieärzten. Das heißt, wir stehen bei der nächsten Welle wieder genauso nackert da wie bei den letzten Wellen.

Sie hätten es in der Hand, Herr Minister: Sie können das über die entsprechenden Ver­ordnungen und Erlässe steuern, zumindest im Bereich der Gesundheitsbehörden, und Sie können den Finanzminister auffordern, dass er für die Finanzierung, vor allem für die Krankenanstaltenfinanzierung, die nötigen Mittel lockermacht. Ich bin am Montag im Budgetausschuss gesessen und habe zweimal nachgefragt, weil ich es nicht glauben konnte: Es gibt keine aktive Aufstockung des Krankenanstaltenfinanzierungsbeitrages vonseiten des Bundes, obwohl wir aus der Vergangenheit wissen, dass das Budget für eine Infektionssituation nicht ausreichend war, und wir wissen, dass es da noch immer einen massiven Rückstau gibt, zum Beispiel bei den Überstunden, die ausbezahlt wer­den müssten, oder auch bei den Prämien, die gar nicht finanziert werden können.

Das heißt, die personelle Situation wird sich automatisch im nächsten Jahr genauso schlecht entwickeln wie in den letzten Jahren, weil da keine aktiven Maßnahmen gesetzt werden.

Ich komme zum Schluss: Evaluieren Sie die Maßnahmen, bevor Sie sie verlängern, und schaffen Sie das Impfpflichtgesetz ab! – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

15.51

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann verlege ich die Abstimmungen an das Ende der Verhandlungen über die Vorlagen des Sozial- und Gesundheitsausschusses.