Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Ministerin, wie Sie wissen, ist der Flächenverbrauch in Österreich im Vergleich mit den europäischen Mitgliedstaaten überdurchschnittlich hoch, insbesondere was die Verkehrsflächen, die durchschnittlich gebauten Autobahnkilometer je Einwohner, Einwohnerin, den Anteil der Quadratmeter an Einkaufszentren und die Zersiedelung der Gemeinden betrifft. Die Ursache dafür liegt vielfach nicht unmittelbar in der Bundespolitik, sondern in einer Zersplitterung der Kompetenzen, nämlich dass auf kommunaler Ebene Flächen gewidmet und auf Landesebene entsprechend freigegeben werden. Dadurch entstehen viele, viele Probleme, einerseits für die Biodiversität, andererseits für die Lebensqualität der Menschen in den Gemeinden, drittens wird die Natur für die nächste Generation zerstört und viertens werden die kommunalen Finanzen belastet.
Der Bund hat viele Möglichkeiten, einzuschreiten. Meine konkrete Frage an Sie, Frau Ministerin, ist:
„Welche konkreten Verordnungen bzw. Gesetzesmaterien haben Sie in den letzten 2 Jahren vorgelegt, um den europaweit einzigartig hohen Bodenverbrauch in Österreich merklich zu reduzieren?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sowohl Raumordnung als auch Baurecht und Bodenschutz sind in der Gesetzgebung und im Vollzug Landessache – ich weiß, wir haben diese Frage ja schon öfters diskutiert –, als Klimaschutzministerin kann ich somit nach der aktuellen Bundesverfassung und der festgelegten Kompetenzverteilung keine legistischen Maßnahmen zur Beschränkung der Umwidmungen oder der Versiegelung setzen. Was ich aber schon tun kann und auch tue, ist, in dem Rahmen, in dem das BMK Möglichkeiten hat, Maßnahmen gegen die Flächenversiegelung zu setzen. Ich bin da bereits aktiv geworden, Stichwort Brachflächenrecycling.
Wir haben in Österreich ein großes Potenzial für das Flächenrecycling. Deswegen wurde vom BMK der Brachflächendialog ins Leben gerufen. Das ist eine Plattform und eine mehrjährige Initiative, deren Ziel es ist, möglichst viele Brachflächen wieder in die Nutzung zu bringen. Damit wird ein Beitrag zur Reduktion des Flächenverbrauchs und zur Erhaltung, wie Sie auch sagen, biologisch aktiver Böden geleistet.
Zusätzlich gibt es dazu eine neue Förderschiene Flächenrecycling, die mit 8 Millionen Euro dotiert ist. Das ist ein Kernelement dieses Brachflächendialogs. Zielgruppen sind insbesondere Gemeinden, Privatpersonen und Unternehmen, die in Ortskernen Brachflächen recyceln wollen und dafür Nutzungskonzepte, Entwicklungskonzepte, Untergrunduntersuchungen gefördert bekommen können.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Eine Nachfrage, Frau Ministerin: Es ist zweifellos so, dass in Österreich der Erfolg des Regierens damit verbunden ist, die föderalen Strukturen zu verstehen und auch indirekt Einfluss zu nehmen, um die politischen Ziele zu erreichen. Dafür gibt es von 15a-Vereinbarungen, Finanzausgleich bis hin zu Anreizsystemen viele Möglichkeiten, die die Bundespolitik indirekt hat, um trotzdem ihre Ziele zu erreichen, wenn sie nicht unmittelbar zuständig ist. In den letzten zwei Jahren hat sich jetzt nicht so viel geändert, wie sich hätte ändern müssen.
Meine konkrete Nachfrage ist: Was haben Sie in den nächsten zwei Jahren vor, um die Ziele besser erreichen zu können?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Ministerin, bitte.
Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sie wissen, die Koordinierungskompetenz für das Thema Bodenschutz und Raumordnung liegt laut Bundesministeriengesetz noch im BMLRT, die Novelle ist ja in Arbeit. Dort gibt es auch Arbeiten – an denen wir selbstverständlich mitwirken und in die wir eingebunden sind – zur Frage einer Bodenschutzstrategie. Diese ergibt sich aus dem Beschluss der Österreichischen Raumordnungskonferenz, die ein Gremium ist, das auf einem informellen, aber formalisierten Weg, also auf einem nicht legistischen Weg, die Anstrengungen der Länder, die Kompetenzen und Koordinierungskompetenzen des Bundes an einen Tisch bringt, um eben gemeinsam in dieser Frage weiterzukommen. Die Arbeiten an der Bodenschutzstrategie verantwortet – hauptverantwortlich – das BMLRT.
Das Thema Brachflächenrecycling wird ein Kernelement unserer Arbeit sein, genauso wie die Frage dann auch in den eigenen Gesellschaften – also in den meinem Ministerium unterstellten Gesellschaften ÖBB und Asfinag – ein zentrales Thema ist.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Graf. – Bitte.