15.02
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Ich bin froh, dass wir heute einen analogen Minister hier haben und nicht nur den digitalen Sekretär. Das ist schon ein Fortschritt im Vergleich zu gestern. Nichtsdestotrotz müssen wir uns hier über eine ernste Sache unterhalten, und zwar ist das die Anfragebeantwortung, die aus Ihrem Ressort gekommen ist und die einmal mehr klargemacht hat, dass ganz offensichtlich vor allem ÖVP-Ministerien als zentrale Geldausleitungsstellen der ÖVP missbraucht werden, um Steuergelder schlussendlich dann zum Nutzen der ÖVP zu missbrauchen. (Abg. Hörl: Unerhört! – Abg. Steinacker: Das geht so nicht!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, bevor es da drüben (in Richtung ÖVP blickend) jetzt laut wird: Ich kann Ihnen gerne auf die Sprünge helfen. Wir haben vor Kurzem sehr breit über die Problematik mit dem Beinschab-Tool diskutiert und gesprochen und haben herausgefunden, was die dort gemacht haben: Sie haben aus dem Finanzministerium, in dem jetzt Herr Minister Brunner sitzt, Geld ausgeleitet. Sie haben irgendwelche Fantasiestudien entworfen, um auf der einen Seite Sebastian Kurz hinaufzuschreiben, auf der anderen Seite Reinhold Mitterlehner hinunterzuschreiben und am Ende des Tages die österreichische Bevölkerung zu hintergehen. Das war das, was Sie gemacht haben. Und das war auch der Grund, warum wir eine Anfrage gestellt haben, in der wir wissen wollten, ob dieses Beinschab-Tool vielleicht auch noch anderwärtig eingesetzt wurde oder wird.
Jetzt sind diese Anfragebeantwortungen zurückgekommen, und wir müssen feststellen, dass Sie auch weiterhin an diesem System festgehalten haben, dass Sie das weiterhin parteiintern gesteuert haben und dass Sie noch dazu die große Auftragsumverteilung innerhalb der türkisen Familie vorgenommen haben. Das ist das, was wir jetzt sehen, und das ist auch ein Sittenbild der Politik der ÖVP.
Wenn man sich anschaut, wie dieses Tool der Frau Beinschab funktioniert hat, dann kommt man auch noch drauf, dass es eine ehemalige Ministerin gibt, Ihre Familienministerin Karmasin, die sich nicht zu schade dafür war, für vermittelte Aufträge an Frau Beinschab auch noch 20 Prozent – sozusagen hintenherum – mitzukassieren. Auch da hat sie noch mitgeschnitten. Genau deswegen wollten wir wissen: Was ist eigentlich in den Ministerien an Aufträgen genau in diese Richtung abgeflossen?
Das Ergebnis, meine sehr geehrten Damen und Herren, war ein katastrophales. Wir haben festgestellt, dass diese beiden Damen in nur zwei Jahren 672 000 Euro aus den Ministerien abgesaugt haben: 672 000 Euro für Studien, von denen man bis heute nicht weiß, wofür die eigentlich gewesen sind, wozu die eigentlich gemacht worden sind und was für einen Nutzen sie dem jeweiligen Ministerium gebracht haben. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Es waren dabei das Finanzministerium, Ihr Ministerium, das Vizekanzleramt, das Wirtschaftsministerium und das Landwirtschaftsministerium. Interessanterweise sind die Ministerinnen der beiden letztgenannten Ressorts vorige Woche zurückgetreten. Vielleicht wollten sie auch gar nicht mehr darüber reden, was da vielleicht noch ins türkise Universum gepumpt worden ist.
Wenn man sich jetzt anschaut, um welche Studien es da geht, und wenn man sich anschaut, was da untersucht worden ist, dann findet man sehr eigenartige und, ich möchte fast sagen, mysteriöse Titel. Sehr oft sind diese Studien gar nicht veröffentlicht worden. Und, ja, man kann da schon das geflügelte Wort aussprechen und kann schon fragen: Was war die Leistung?
Man hat ja direkt den Eindruck – Kollege Ries wird dann vielleicht noch ein bisschen näher darauf eingehen –, dass man sich Fantasienamen für irgendetwas hat einfallen lassen, oder man hat irgendwelche No-na-Studien gemacht, von denen ich bis heute nicht weiß, was die in diesen Ministerien verloren haben. Herr Kollege Krainer hat zuletzt im Untersuchungsausschuss herausgearbeitet, dass das Innenministerium Umfragen zur Mindestsicherung gemacht hat. Da stelle ich mir auch die Frage: Was hat das Innenministerium mit der Mindestsicherung zu tun? – Man sieht, wie der Modus Operandi in der ÖVP ist und wie man für parteiinterne Zwecke Steuergelder missbraucht und eben aus den Ministerien herausleitet.
Wenn man sich jetzt einmal diese ganzen Fantasiestudien schenkt und darüber hinwegblickt, dann sieht man aber noch den Gipfel der Schamlosigkeit, und zwar jenen, dass man alleine 300 000 Euro – und da waren Sie mit dem Finanzministerium sehr weit vorne dabei – dazu verwendet hat, um die Coronapolitik der Bundesregierung schönzureden. Das heißt, jetzt wird schön langsam auch klar, warum die Medien berichtet haben, wie sie berichtet haben: weil nicht nur Umfrageinstitute gekauft worden sind, sondern in weiterer Folge mit knapp 500 Millionen Euro auch die österreichische Medienlandschaft. Ich glaube, das ist auch der Punkt, warum man nie die Wahrheit über die Coronakrise und die Auswirkungen erfahren wird, weil Sie das System von vornherein so in Gang gesetzt haben, dass da nie die ganze Wahrheit herauskommen kann.
Das ist ein Beispiel, wie Ihre Kreislaufwirtschaft funktioniert. Das ist ein Beispiel dafür, wie die Inseratenkorruption funktioniert, und, Herr Bundesminister – deswegen bin ich froh, dass Sie heute da sind –, das ist auch ein Beispiel dafür, wie Ihr Vorarlberg funktioniert. Was auf der einen Seite der ÖAAB in Niederösterreich besorgt, macht auf der anderen Seite der Wirtschaftsbund in Vorarlberg. Und wenn man den Aussagen glauben darf, die man in den letzten Tagen lesen musste, hat sogar niemand Geringerer als der Landeshauptmann selbst die Arbeit des Inseratenkeilers übernommen und hat – frei nach dem Motto des hinter mir sitzenden Nationalratspräsidenten – gesagt: Für ein Inserat gibt es eine Gegenleistung, das ist ja ganz klar!
Das ist Ihre Art und Weise, Politik zu machen, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das ist der Grund, warum wir diese Art und Weise einmal hinterfragen sollten und in diesem Haus auch zu diskutieren haben. Das ist der Grund, warum Sie heute hier sind. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Krainer und Scherak.)
Herr Finanzminister! Ich kann Kollegen Hanger schon nicht mehr hören, der dann immer im Untersuchungsausschuss sagt: Ja, dazu sind wir ja hier, um volle Transparenz zu zeigen und alles aufzuklären. Wissen Sie, was Ihr Landeshauptmann aus Vorarlberg macht? – Der versteckt sich bereits jetzt vor dem Untersuchungsausschuss. Dem Vernehmen nach hat er leider Gottes zu unserem Termin keine Zeit. Und wenn das tatsächlich so eintreten sollte, wie es momentan aussieht, dann verstehe ich nicht, warum die ÖVP das Wort Transparenz überhaupt noch in den Mund nimmt. Da möchte ich Sie, Herr Bundesminister, der Sie ja selbst aus dem Wirtschaftsbunduniversum kommen, darum bitten, dass Sie Herrn Landeshauptmann Wallner hinterbringen, dass es sehr, sehr wichtig wäre, sich nicht hinter dem Arlberg zu verstecken, sondern in Wien Rede und Antwort zu stehen und gegebenenfalls auch die Verantwortung dafür zu übernehmen, sollte dort wirklich alles so gelaufen sein, wie es momentan den Anschein hat.
Wir werden nicht zulassen, dass man diese Dinge aussitzen kann. Herr Bundesminister, Sie kommen uns ja selbst auch im Untersuchungsausschuss besuchen, ich bin gespannt, wie Sie die Vorgänge in Vorarlberg kommentieren. Wir werden nicht zulassen, dass man da sozusagen einfach wieder zur Tagesordnung übergeht, sondern wir werden uns das im Untersuchungsausschuss deswegen anschauen, weil Sie offenbar selbst nicht in der Lage sind, endlich einmal Transparenz zu gewährleisten.
Eines werden wir uns übrigens auch anschauen, und das ist der nächste Ausfluss des Untersuchungsausschusses, der zeigt, warum es so wichtig ist, dass wir hier Aufklärung betreiben: Auch die neue Inseratencausa, die aufgepoppt ist, diesmal in der Stadt Wien und im Innenministerium, werden wir uns genauer ansehen. Wir haben als Quelle dafür die sogenannten Kloibmüller-Chats, und da gibt es schon eine sehr interessante Geschichte, die daraus entsprungen ist, und zwar: Im Jahr 2016 chattet ein Ihnen sicher nicht unbekannter Politiker aus Wien, der Landesparteiobmann, um genau zu sein, damals noch Polizeigeneral, mit dem Kabinettschef des hinter mir sitzenden damaligen Innenministers Sobotka. Wissen Sie, worum es dabei gegangen ist? – Da ist es um das Projekt „Österreich Sicher“ gegangen. Das ist eine Zeitschrift, von der bis heute keiner weiß, welchen Sinn die eigentlich gehabt hat. In dieser Zeitschrift wurden massig Inserate geschalten.
Herr Mahrer aus Wien, damals noch Polizeigeneral – und das hat mich schon das erste Mal stutzig gemacht, denn es kann doch nicht Aufgabe des Vizepräsidenten der Polizei von Wien sein, dass er Inserate keilt –, Herr Mahrer hat nichts anderes zu tun, als Herrn Kloibmüller zu kontaktieren und für drei Dinge zu werben: erstens dafür, dass das Innenministerium Geld lockermacht, was der Minister, jetzt der hinter mir sitzende Präsident, dann auch getan hat, zweitens, dass der Gemeindebund Geld lockermacht, und drittens, dass das Raiffeisenuniversum Geld lockermacht.
Wissen Sie, was noch interessant ist? – Herr Mahrer hat damit geworben, dass es ein absolut sicheres Investment ist, wenn man dort investiert und dort Inserate schaltet, und auf der anderen Seite auch sichergestellt ist, dass man vollen redaktionellen Zugriff hat – voller redaktioneller Zugriff; das Motto von Herrn Sobotka: Für Inserate gibt es eine Gegenleistung.
Wissen Sie, Herr Präsident Sobotka, weil Sie hinter mir sitzen: Sie haben genau das Gegenteil in Ihrer Anfragebeantwortung geschrieben. Sie haben gesagt, Sie haben nie Einfluss auf die Redaktion dieser Zeitschrift genommen. Herr Mahrer hat das Gott sei Dank alles notiert und Herr Kloibmüller auch, wir wissen daher, dass genau das Gegenteil der Fall war.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sehen, dass die ÖVP ein strukturelles Inseratenkorruptionsproblem hat, und ich glaube, es sind wirklich alle Parteien hier im Haus dazu aufgerufen, dass wir das einmal unterbinden, dass Steuergelder ausgeleitet werden, um am Ende des Tages irgendwo im türkisen, schwarzen – oder welche Farbe auch immer man einsetzen möchte – Universum zu landen, dass dann vielleicht noch Provisionen fließen, eventuell auch Kick-back-Zahlungen. Das sollten wir unterbinden und das muss auch unsere Aufgabe sein.
Übrig bleibt für mich in der Causa Mahrer trotzdem eine Frage: Warum ist ein ÖVP-Polizeigeneral als Inseratenkeiler tätig? Warum gründet er ein Jahr danach auch noch eine PR-Agentur, Mahrer Communications? Was hat es damit auf sich? Warum kommt er ein Jahr danach als Abgeordneter zum Nationalrat zurück? Warum hat er übrigens für seine Firma, die eine PR-Agentur ist, nicht einmal eine Homepage?
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, ich kann Ihnen eines sagen: Das Ganze schaut einfach nicht gut aus. – Ich glaube, wir müssen das aufklären. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Bitte wirken Sie auch auf Ihren Parteikameraden Mahrer ein! Eines ist Faktum: Morgen hat Herr Mahrer ja seinen Parteitag in Wien. Wenn man sich das Verhaltensmuster von Herrn Mahrer anschaut und wenn man sich den korruptiven Zugang anschaut, der da vielleicht auch mitspielt, dann ist auch er dafür geeignet, morgen am Parteitag 100 Prozent zu bekommen. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Scherak.)
15.11
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister für Finanzen Magnus Brunner. – Bitte.