12.52

Mitglied des Europäischen Parlaments Harald Vilimsky (FPÖ): Frau Präsident! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich vorab auf das replizieren, was die Frau Bundesminister gesagt hat und mit erhobenem Zeigefinger in Richtung meiner Fraktion in Bezug auf ein geeintes Europa hier thematisiert hat: Es ist natürlich Konsens, dass Europa ein geeintes und ein gedeihliches sein soll, die Frage ist nur, wie dieses Europa geeint sein soll, ob es das zentralistische Modell ist, das Sie vorschlagen, oder ein Europa, das in Freundschaft zueinander und auf Augenhöhe miteinander an einer gedeihlichen Zukunft arbeitet und nicht alle Kompetenzen nach Brüssel rafft. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Autonomie in Südtirol, und ich komme darauf zu sprechen, ist nämlich generell in einem Zangenangriff auf der einen Seite von Rom, auf der anderen Seite von Brüssel. Und weil Sie auch Frieden, Freiheit und Wohlstand für alle beschworen haben: Ja, das sind die ursprünglichen Ziele eines geeinten Europas, was ich auch gerne unterschreibe. Aber schauen Sie sich die aktuelle Entwicklung der Europapolitik an: Genau das Gegen­teil dessen, was eigentlich die ursprüngliche Intention gewesen ist, ist der Fall.

Ganz kurz vorab noch, weil es mich etwas gejuckt und aufgeregt hat, wie Frau Kollegin Gamon in Richtung meiner Fraktion hier wieder mit Putin-Versteher polemisiert und mit spitzer Zunge versucht hat, politisches Kleingeld zu wechseln: Frau Gamon, wer war es denn, der im Jahr 2017 Putin und die Russen in die EU hineinholen wollte und das als eine wundervolle Idee bezeichnet hat? – Es war niemand anderer als der Geldgeber der NEOS, nämlich Herr Haselsteiner. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Das schreiben Sie sich bitte einmal in Ihr Stammbuch (Abg. Scherak: Aber das zeigt ja nur ...!), wenn Sie in andere Richtung hier mit negativen Befindlichkeiten argumentieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Südtirol ist uns, der Freiheitlichen Partei, ein Herzensanliegen – ich glaube, das ist über die Jahrzehnte der Debatte bekannt –, aber es war auch für mich, genauso wie für ande­re Fraktionen, das Format der heutigen Diskussion, das Sie gewählt haben, befremdlich. Gehen Sie fünf Jahre zurück, als das 25-jährige Jubiläum begangen wurde: Damals wa­ren Landeshauptmann Kompatscher und Altlandeshauptmann Durnwalder hier, es wa­ren die Vertreter der Landtagsfraktionen anwesend, und es war ein würdevoller Akt. Heute, da die ÖVP das bestimmen kann, ist das – ich will nicht sagen – versteckt, aber es hat schon den Anschein, etwas versteckt zu sein in dieser europapolitischen Stunde, obwohl dieses Format für andere Themen geeignet wäre.

Südtirol, der Angriff auf die Autonomie, die Weiterentwicklung in Richtung vielleicht Selbstbestimmung, vielleicht die Diskussion über die Doppelstaatsbürgerschaft voranzu­treiben, das braucht breiten parlamentarischen Raum, es braucht Würde in der politi­schen Debatte – nicht hineingezwängt in eine ÖVP-Europastunde, obwohl in diesem Eu­ropa viele Dinge auf der aktuellen Tagesordnung stehen, die auch für die Südtiroler viel dringlicher sind. Was ist denn mit der Teuerungswelle, die über ganz Europa schwappt, die bis zu einem gewissen Grad durch eine verfehlte europäische Politik auch selbst gemacht ist? Wie ist denn das mit dem ukrainisch-russischen Konflikt, der gerade an den Toren Europas tobt, in dem, statt in Richtung Frieden zu gehen, von vielen Stimmen in Europa gefordert wird, noch mehr Waffen in die Kriegsregion zu beordern, was auch eine vitale Bedrohung darstellt? Was ist mit dem Kaufkraftverlust, der gegeben ist, der gigantischen Inflation, der Armut, die sich breitmacht, Arbeitslosigkeit, Konkursen und, und, und?

Für diese Aktuelle Europastunde – Sie, liebe ÖVP, haben ein Mal im Jahr, nicht einmal ein Mal im Jahr, hier die Gelegenheit, selbst das Thema zu setzen, was für Sie europa­politisch an vorderster Stelle steht – haben Sie das gewählt, was Sie eben gewählt ha­ben, anstatt hier in einem würdevollen Rahmen die Südtirolfrage zu debattieren; aber das sei Ihnen durchaus zugestanden. (Beifall bei der FPÖ.) Ich muss auch nicht verste­hen, wie Sie ticken, das ist Ihre Angelegenheit.

Faktum ist, dass die Autonomie alles andere als in einem guten Zustand ist. In vielen Bereichen – von Urteilen des italienischen Verfassungsgerichtshofes, vom Bereich Han­del, öffentliche Dienste, Raumordnung, Baupläne, öffentliche Arbeiten, Tourismus, Jagd beziehungsweise Tierschutz, Parkkompetenzen – wandern viele Kompetenzen nach Rom auf der einen Seite, auf der anderen Seite werden sie von Brüssel angeknabbert. Das, was jetzt in Brüssel stattfindet, ist das Wegnehmen von noch mehr Kompetenzen und eine noch stärkere Gefährdung der Autonomie.

Die Zukunftskonferenz, die Sie alle unterstützen, bei der 0,01 Prozent der Europäer mit­gemacht haben – so gut wie überhaupt niemand –, im Rahmen derer Sie jetzt weiter zentralisieren wollen, das ist der falsche Weg.

Am Ende meiner Rede komme ich jetzt zu dem zurück, was die Frau Bundesminister gesagt hat: geeintes Europa ja, aber eine Staatengemeinschaft in Freundschaft zueinan­der, auf Augenhöhe miteinander und nicht dieser Zentralismusmurks, der diesen ganzen Kontinent in eine negative Entwicklung bringt. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

12.57

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Europaabgeordneter Thomas Waitz. – Bitte.