18.45

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollegin Fiedler spricht mit ihrem Antrag ein wichtiges Problem an: Die Zahl der niedergelassenen KassenärztInnen sinkt, die Zahl der Privat­ärztInnen nimmt zu. Gerade im ländlichen Raum wirft das die Frage auf, wie unser Gesundheitssystem langfristig dem Anspruch gerecht wird, alle Menschen bestmöglich zu versorgen.

Ich komme aus einer Region, die das ganz besonders trifft, die Obersteiermark. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Vor zwei Wochen, über Pfingsten, gab es im größten Bezirk Öster­reichs, im Bezirk Liezen, keine VisitenärztInnen in drei zentralen Versorgungsregionen. In Schladming, in Bad Aussee und im Großraum Liezen war damit über ein Feier­tagswochenende kein Kassenarzt im Einsatz. (Abg. Meinl-Reisinger – erheitert –: Gott sei Dank war ich nicht krank!) – Kollegin Meinl-Reisinger kennt das Problem. (Heiterkeit des Redners.) Zusätzlich war am Pfingstsonntag sowie am vergangenen Samstag am NEF Rottenmann, also am Notarzteinsatzfahrzeug, kein Notarzt im Dienst, und, meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Zustand ist für unsere Region inakzeptabel. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Das glaube ich!)

Diese Situation tritt nicht nur an den Wochenenden und in großen Bezirken auf, der KassenärztInnenmangel ist eine ausgewachsene Krise in vielen Teilen unseres Landes. Das sehen wir nicht zuletzt auch im Bereich der psychosozialen Versorgung: Nieder­gelassene Kinder- und JugendpsychiaterInnen mit Kassenverträgen werden immer mehr zur Ausnahmeerscheinung. Gerade sie würden wir nach zwei Jahren pandemie­bedingter Krise für unsere Jugend aber ganz dringend brauchen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Eh, aber ... müsste man fragen, warum!)

So sehr ich Kollegin Fiedler beim Aufzeigen des Problems zustimme, so wenig kann ich das bei der angebotenen Lösung tun. Die Politik kann sich nicht zurücklehnen und sagen: Wir finden keine niedergelassenen KassenärztInnen, deswegen geben wir unse­ren Versorgungsauftrag auf! – Fakt ist: Es ist eine soziale Frage, wer sich einen Wahlarzt leisten kann und wer nicht. (Beifall bei der SPÖ.) Wir wollen keine Zwei- oder Dreiklas­senmedizin. (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, eh, aber Sie haben sie geschaffen!) Zählen muss die E-Card und nicht die Kreditkarte, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Aber genau das haben Sie ja geschaffen!)

Für immer mehr Menschen ist es nicht einmal ansatzweise eine Option, zum Wahl­arzt/zur Wahlärztin zu gehen und auf die Refundierung der Kosten zu warten. Das können sie sich schlicht und einfach nicht leisten, und genau deshalb ist das für uns auch keine Lösung. Wenn wir Gesundheitspolitik ernst nehmen, dann gibt es nur eine einzige Lösung: Wir müssen endlich ausreichend in den niedergelassenen Bereich und in die KassenärztInnen investieren! (Abg. Meinl-Reisinger: In Wien gibt es überhaupt keine Kinderärzte mehr auf ...! Null!)

Die SPÖ hat dazu in den letzten Wochen und Monaten schon eine Reihe von Vor­schlägen vorgelegt; über diese diskutieren wir sehr gerne mit Ihnen. Unser Ziel muss klar sein: Jeder Mensch in unserer Republik hat das Recht auf wohnortnahe, kassen­finanzierte und rasche Gesundheitsversorgung. Genau das müssen wir sicherstellen (Beifall bei der SPÖ): ein solidarisch finanziertes Gesundheitssystem.

Wenn wir schon dasselbe Problem sehen, dann sage ich: Kleben wir kein kleines Pflaster auf die Wunde, sondern packen wir das Problem an der Wurzel! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Leichtfried: Bravo! – Abg. Meinl-Reisinger: Aber wie? Das Wie habe ich nicht gehört! – Abg. Leichtfried: Das war eine gute Rede!)

18.48

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef Smolle. – Bitte.