12.33

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Wir behandeln jetzt unter diesem Tagesordnungspunkt 11 eine Regierungsvorlage, die eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2020 in innerstaatliches Recht umzusetzen hat. Diese Richtlinie auf europäischer Ebene wurde im Zuge der Verhand­lungen zur Änderung der Entsenderichtlinie getroffen, weil der Straßenverkehrssektor aus der Entsenderichtlinie ausgenommen war. Die Umsetzung dieser EU-Entsendericht­linie, die wir jetzt auf österreichischer Ebene machen, hat daher in einer eigenen Richtli­nie zu erfolgen.

Das Ziel dieser Richtlinie wären angemessene Arbeitsbedingungen und angemessener Sozialschutz für die Kraftfahrer, aber auch mehr Fairness für den Wettbewerb unter den Unternehmen gewesen. Diese Richtlinie erfüllt in Form der jetzt vorliegenden nationalen Umsetzung diese Ziele aber in keinster Weise.

Warum nicht? – Weil diese Richtlinie auch weiterhin bei Sanktionen zahnlos ist, weil die­se Richtlinie bereits im Entwurf von den Expertinnen und Experten als verunglückt be­wertet wurde. Warum? – Bei Verfehlungen werden keine Mindeststrafen eingezogen und diese neue Richtlinie bedarf in der Kontrolle eines noch größeren Aufwands als bis­her, mit mehr Personal, mit mehr Verwaltungsaufwand.

Diese Novelle führt nicht dazu, dass wir Lohn- und Sozialdumping in Österreich auch in diesem Straßenverkehrssektor bekämpfen. Wir wissen, dass wir 500 000 Entsendungen nach Österreich aus ganz Europa haben. Von den 500 000 Entsendungen fallen 200 000 auf alle anderen Branchen, aber 300 000 Entsendungen gibt es allein im Be­reich Transportwesen – 300 000 Entsendungen im Jahr, oftmals Tagesentsendungen, bei denen Staatsbürger aus EU-Ländern sowie mittlerweile auch aus Drittländern nach Österreich entsandt werden! Wenn man dann eine zahnlose Richtlinie umsetzt, ohne die Chance zu nutzen, sie schärfer zu machen, wenn keine Mindeststrafen vorgesehen sind, wenn es im Wiederholungsfall zu keiner stärkeren Sanktion kommt, dann bedeutet das, dass Ihnen als Bundesregierung offenbar Lohn- und Sozialdumpingbekämpfung in Ös­terreich nicht so wichtig ist. Dann ist Ihnen das offenbar nicht so wichtig! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bekenne mich zu Europa, was mir aber besonders wehtut, ist, dass Europa dazu benutzt wird, ein Geschäft mit Billigarbeitskräften aufzuziehen, mit Menschen aus Dritt­staaten, die über Slowenien nach Österreich entsandt werden, um hier billig zu arbeiten, und dass wir heute beim nächsten Tagesordnungspunkt eine Rot-Weiß-Rot-Karte be­schließen, die das Arbeiten in Österreich billiger macht, eine Rot-Weiß-Rot-Karte, mit der Unterkunft und Verpflegung vom Einkommen abgezogen werden darf, eine Rot-Weiß-Rot-Karte, mit der Teilzeit möglich ist, mit der die Leute mit 1 417 Euro angemeldet werden, wenn sie zu 50 Prozent in Teilzeit beschäftigt werden, und davon zieht man noch 800 Euro fürs Quartier ab! Das alles beschließen Sie heute!

Ich sage Ihnen: Lohn- und Sozialdumping muss man an der Wurzel bekämpfen, nämlich so, dass der Schaden erst gar nicht entstehen kann. Da vermissen wir eindeutig mehr Initiativen und werden daher dieser Richtlinie nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.37

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bettina Zopf. – Bitte.