15.03

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Sehr geehrte Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Zeiten sind ernst, aber nicht aussichtslos. Wenn man sich aber in unserem Land umhört, dann hört man vor allem, dass die Menschen verunsichert sind. Viele sind ratlos, viele der Älteren – Großeltern, Urgroßeltern – fühlen sich in die Nachkriegszeit zurück­versetzt und immer mehr haben Angst. Sie haben Angst vor der Armut, sie haben Angst vor der Zukunft.

Die Inflation ist, wie Sie wissen, so hoch wie seit fast 50 Jahren nicht mehr. Das Traurige ist, dass die Prognose keine viel bessere ist; die Expertinnen und Experten sagen, dass wir bei der Inflation schon bald die 10-Prozent-Marke durchbrechen werden.

Eine aktuelle Studie zeigt ein desaströses Bild von Österreich: 1,7 Millionen Menschen in unserem Land sind aktuell nicht in der Lage, unerwartet große Ausgaben zu leisten. Was ist groß? – Ausgaben über 1 000 Euro. Wenn man sich Gasnachzahlungen, Strom­nachzahlungen anschaut, dann offenbart sich einem, dass das oft viele Tausende Euro sind, die die Menschen derzeit bezahlen müssen. 1,7 Millionen Menschen wissen nicht, wie.

Fast 400 000 Menschen haben laut dieser Studie nicht genug Geld, um zu heizen – 400 000 Menschen! Bereits jetzt sind 1,5 Millionen Menschen armutsgefährdet. Armuts­gefährdet zu sein heißt, sie haben ein monatliches Einkommen unter 1 300 Euro. Da sind viele Pensionistinnen und Pensionisten darunter, Langzeitarbeitslose, chronisch kranke Menschen, die aufgrund ihrer Krankheit nicht arbeiten gehen können, sehr, sehr viele Frauen.

Vergessen wir eines nicht: Fast ein Viertel aller Armutsgefährdeten in Österreich sind Kinder. Wir reden da von 370 000 Kindern in Österreich, die armutsgefährdet sind. All die Krisen, die wir seit über zwei Jahren in Österreich haben, und die aktuelle Teuerung machen es ihnen nicht leichter, sondern verstärken diese Armutsgefährdung. (Beifall bei der SPÖ.)

Dass immer mehr Menschen in Österreich sogenannte Sozialmärkte mit speziell niedri­gen Preisen für Lebensmittel stürmen müssen, weil sie sich sonst Lebensmittel für das tägliche Leben nicht mehr leisten können, dass die Schlangen davor immer länger wer­den, ist eine Situation, die man einfach nicht akzeptieren darf (Beifall bei der SPÖ), die ich nicht akzeptieren will und die ich nicht akzeptieren kann, sehr geehrte Damen und Herren! (Bundeskanzler Nehammer unterhält sich mit Bundesminister Kocher.)

Arm sein im reichen Österreich, das ist eine bittere Realität, und dieser Realität sollten Sie sich stellen, Herr Bundeskanzler, anstatt hier Seitengespräche zu führen! (Beifall bei der SPÖ.)

Laut Fiskalrat können sich mehr als ein Drittel der Haushalte in Österreich die täglichen Ausgaben nicht mehr leisten. (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) – Ja, Sie sind nicht betroffen, deswegen interessiert es Sie nicht, sehr geehrter Herr Kollege von der ÖVP. Das glaube ich gerne. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Ihre Rede interessiert mich nicht! Ihre Rede interessiert uns nicht! – Abg. Höfinger: Nicht einmal bei der Entlastung mitstimmen, aber gescheit reden!)

Dass sich 35 Prozent der Menschen in Österreich tägliche Ausgaben nicht mehr leisten können, zeigt ja, dass die Teuerung bereits tief in der Mittelschicht Österreichs angekom­men ist. (Abg. Höfinger: Aber nicht zustimmen! Nicht zustimmen! Na herzlichen Glück­wunsch!) Diese Teuerung trifft die Pensionistinnen und Pensionisten des Landes - - (Abg. Michael Hammer: Und in Wien abkassieren! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Sie können sich gerne zu Wort melden, und wir werden sehr gespannt sein, was Sie zu sagen haben. (Abg. Höfinger: Na sicher!) Ich verstehe die Nervosität auf der Seite der ÖVP, ich wäre an Ihrer Stelle auch nervös. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Diese Teuerung, von der Sie offenbar nicht viel wissen wollen, trifft die Pensionistinnen und Pensionisten – Millionen von Menschen – in unserem Land, die ihr ganzes Leben, 30, 40 Jahre lang, gearbeitet haben, hart gearbeitet haben (Abg. Höfinger: Aber nicht mitstimmen!), sie trifft aber immer stärker auch jene, die mitten im Erwerbsleben stehen (Abg. Hanger: Sie stimmen gegen die Maßnahmen! Achtung!): die Jungen, die am Be­ginn ihrer Erwerbstätigkeit stehen, die Frauen, die von Altersarmut jetzt noch stärker betroffen sind, die AlleinerzieherInnen und die hart arbeitende Mittelschicht. (Abg. Höfin­ger: Aber nicht mitstimmen!) Und diese Mittelschicht ist das Leistungsrückgrat (Abg. Höfinger: Na das passt zusammen!) unserer Gesellschaft, sie ist das Fundament des sozialen Friedens in Österreich, sie ist das Fundament unseres gesellschaftlichen Zu­sammenhalts. (Beifall bei der SPÖ.)

Es sind viele Arbeiterinnen und Arbeiter, Angestellte – jene Menschen, die die Betriebe, die Produktion in Österreich am Laufen halten. Es sind die Pflegerinnen und Pfleger, es sind kleine und mittlere Unternehmerinnen und Unternehmer. Und ich sage Ihnen, Herr Bundeskanzler: Wenn die Mittelschicht kippt, dann kippt alles andere auch sehr schnell. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Nur Horrorszenarien!)

Blicken Sie dieser Realität ins Auge! (Abg. Michael Hammer: Das wird dem Doskozil nicht gefallen, was Sie da sagen!) Blicken Sie dieser Realität ins Auge, und es wird Ihnen bewusst werden, dass vieles in Österreich auf dem Spiel steht! Gleichzeitig wissen wir auch eines: Diese aktuelle Krise, diese Teuerung wird nicht in wenigen Wochen oder Monaten vorüber sein, und das ist das große Problem. Wir können es nicht in wenigen Tagen und Wochen lösen. (Abg. Michael Hammer: Ihr löst gar nichts!) Wenn nicht rasch gegengesteuert wird, werden diese Preise erbarmungslos weiter steigen. (Abg. Michael Hammer: Und in Wien nur erhöhen!)

Ich weiß, was Sie jetzt gleich in Ihrer Rede sagen werden (Abg. Michael Hammer: Weil die Opposition nichts tut!), nämlich das, was Ihr Finanzminister schon heute Früh gesagt hat: Die Regierung kann nichts dafür, die Teuerung ist importiert! (Abg. Leichtfried – in Richtung ÖVP –: Warum seid ihr denn so nervös?) – Das hatten wir schon bei Corona gehört: Was kann die österreichische Bundesregierung machen? Es ist eine weltweite Pandemie! (Ruf bei der SPÖ: Es ist ein Skandal! – Abg. Michael Hammer: Wissen Sie, was ein Liter Milch kostet?)

Herr Bundeskanzler, es ist aber zu wenig, darauf einfach mit Achselzucken zu reagieren. Kommen Sie endlich aus dieser ewigen Opferrolle heraus und übernehmen Sie Verant­wortung für Österreich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Schwere The­menverfehlung! – Ruf bei der ÖVP: Wie schaut denn das aus?)

Anstatt rasch, verantwortungsvoll und wirkungsvoll zu handeln – das wäre notwendig – (Abg. Michael Hammer: Stimmen Sie nicht mit, genau!), warteten Sie monatelang ab, zauderten wochenlang (Abg. Michael Hammer: Lehnen Sie alles ab!), führten Schein­diskussionen und beschwichtigten, während andere europäische Länder da ganz anders drauf waren und seit Monaten Maßnahmen gegen die Teuerung gesetzt haben (Abg. Michael Hammer: Wer? – Abg. Wöginger: Na geh, wer? Ruf: Bei der Ökostrompau­schale waren wir schneller!), während die EU-Kommission seit Monaten allen Mitglied­staaten Möglichkeiten und Instrumente in die Hand gegeben hat, um diese Teuerung zu bekämpfen. (Abg. Greiner: Herr Bundeskanzler, das ist nicht witzig! – Abg. Wöginger: Der Olaf! – Abg. Michael Hammer: Der Olaf, ja!) In Österreich passierte viel zu wenig viel zu spät. (Abg. Greiner: Der Kocher und der Herr Bundeskanzler lachen! – Abg. Michael Hammer: Ja, über die Rede muss man lachen! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen. Abg. Wöginger: Bösartig! – Abg. Greiner: Das ist ein sehr ernstes Thema und der Herr Bundeskanzler kann nur lachen!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bitte, den Redner nicht zu unterbrechen, damit die Diskussion ordnungsgemäß geführt werden kann! (Abg. Greiner: Dann greifen Sie ein, Herr Präsident! – Abg. Krainer: ... nicht auf ihrem Platz sitzen, zur Ordnung rufen! – Abg. Wöginger: Schauen werden wir wohl noch dürfen, wie wir wollen! So eine Frech­heit! – Der Präsident gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (fortsetzend): Liebe ÖVP, das ist das größte Problem Österreichs seit Jahrzehnten (Abg. Wöginger: Das ist die Sozialdemo­kratie, die ist das größte Problem, das wir haben!), und ich erwarte von Ihnen Ernsthaf­tigkeit und Respekt gegenüber den Österreichern, dieses Problem zu lösen! (Lebhafter Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger – eine Tafel mit der Aufschrift „Abstimmungsverhalten Anti-Teuerungspaket“ in die Höhe hal­tend –: Mitstimmen! Dort mitstimmen! – Abg. Michael Hammer: Mitleidsapplaus! Sie ver­geigen die Spitzenkandidatur!)

Das, was diese Bundesregierung in den letzten Monaten mit Scheindiskussionen und Zauderei gemacht hat: Sie hat die SPÖ, die seit Monaten, seit Oktober letzten Jahres, darauf hinweist, der Teuerungshysterie bezichtigt. Da wurde offenbar in der Regierung nach einem Prinzip gehandelt, nämlich nach dem Prinzip Hoffnung – der Hoffnung, dass sich diese Teuerung, wie Corona, von selbst in Luft auflöst –, und in dieser Zeit, in diesen wertvollen Monaten, sind die Preise weiter gestiegen – was sonst? Das Leben ist immer teurer geworden, die Spritpreise, die Lebensmittelpreise sind explodiert. Die Strom- und Gasnachzahlungen in Höhe von Tausenden von Euro sind per Post in die Haushalte gekommen. Die Mieten wurden erhöht. (Abg. Litschauer: Die Fernwärme Wien!)

Gleichzeitig könnte das Gas noch knapp werden. Das Gas könnte bald knapp werden, was zu gefährlichen Versorgungsproblemen führen kann. Genau diese Versorgungspro­bleme und diese Knappheit führen in weiterer Folge zu einer weiteren Preisexplosion, spätestens im Herbst (Abg. Michael Hammer: Lösungen? – Abg. Belakowitsch: ... das war ja Aufgabe der ...!), aber auch da wurde beschwichtigt und wurde gesagt, das Gas in den Speichern reiche aus. Tatsächlich reicht es nicht aus, wie wir seit wenigen Tagen wissen. (Abg. Litschauer: Gasmarktliberalisierung!)

Wissen Sie, das ist der rote Faden, der sich seit zweieinhalb Jahren durch die türkis-grüne Regierungsarbeit zieht, von Corona bis Teuerung: den Menschen Sand in die Au­gen streuen, im falschen Glauben, Probleme aussitzen zu können, oder nach bewuss­tem Kalkül. (Abg. Steinacker: Unfassbar! Aussitzen! Maßnahmen mitbestimmen!)

Herr Bundeskanzler, wissen Sie, was Sie den Österreicherinnen und Österreichern in dieser schwierigen Zeit von Anfang an schuldig geblieben sind? – Ehrlichkeit. (Beifall bei der SPÖ.) Nur Ehrlichkeit schafft Vertrauen, und dieses Vertrauen haben Sie in der Be­völkerung in Österreich schon längst verloren. Dieses Vertrauen brauchen Regierende, um in schwierigen Zeiten Krisen bewältigen zu können. Sie brauchen dieses Vertrauen wie die Luft zum Atmen, sonst funktioniert es einfach nicht, wie wir tagtäglich erleben. (Abg. Michael Hammer: Wissen Sie, was die Leute ... über Sie sagen?) Statt zu be­schwichtigen und vor der Realität zu flüchten, wäre es von Anfang an so wichtig gewe­sen, sich als Regierung hinzustellen und einen klaren, einen ehrlichen Befund unserer Situation zu machen.

Wenn man als Ärztin einem Patienten gegenübersitzt, wird er nur dann Vertrauen haben, wenn man ihm gegenüber ehrlich ist, wenn man ihm die Wahrheit sagt, auch wenn sie bitter ist. Wenn man ehrlich sagt: Ja, die Diagnose ist schlecht, aber ich habe eine gute Therapie für Sie!, nur dann wird dieser Patient vertrauen. (Beifall bei der SPÖ.) Das schafft nicht nur das notwendige Vertrauen, Herr Bundeskanzler, das schafft auch Zuversicht, das schafft Optimismus, und genau das fehlt in Österreich gerade so sehr! (Abg. Lukas Hammer: Kommen Sie mal zu den Lösungen!)

Genau das brauchen die Menschen in Österreich in dieser schwierigen Zeit, in dieser Ausweglosigkeit, genau das brauchen wir alle: eine realistische Zuversicht, dass wir das gemeinsam schaffen können. Diese Therapie aber, von der ich rede, diese gute und richtige Therapie, braucht einen Plan; einen Plan, der Ursachen und nicht nur die Symp­tome mit Einmalzahlungen, die verpuffen, bekämpft. Herr Bundeskanzler, flüchten Sie nicht vor der Realität und sagen Sie den Menschen endlich die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ.)

Sich als Regierung diesen großen Krisen entgegenzustellen heißt aber auch, den so­zialen Frieden und den sozialen Zusammenhalt zu bewahren, heißt auch, die Wirtschaft am Laufen zu halten. Der Pessimismus in der Bevölkerung nimmt dramatisch zu. Die Konsumausgaben gehen dementsprechend rasch zurück, und all das hat Auswirkungen auf die zukünftige heimische Wirtschaft, auf die Arbeitsplätze, auf die Gesellschaft als Ganzes. Zu diesem Konsumeffekt kommt das Damoklesschwert des schon erwähnten Gasstopps jetzt noch oben hinzu, das führt zu weiteren Preisexplosionen. Auch die Wirtschaft steht in Österreich bisher ohne Sicherheitsnetz da. Die Folgen wären fatal: eine Vernichtung von Arbeitsplätzen in Österreich in einem Ausmaß, das wir so noch nie gesehen haben. (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Regierung macht einen folgenschweren Fehler, wenn sie glaubt, diesen gewaltigen Problemen mit Einmalgutscheinen begegnen zu kön­nen (Abg. Litschauer: Die Gasmarktliberalisierung war ein Fehler! – Abg. Hanger: Sie haben sich das inhaltlich nicht angeschaut!), denn Ihre Einmalgutscheine verpuffen, be­vor sie angekommen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe bereits in der letzten Sondersitzung – das war übrigens Ihre Sondersitzung – an Sie, Herr Bundeskanzler, appelliert. Sie haben leider nicht daran teilgenommen. Ich habe damals ein Beispiel genannt, und da Sie heute da sind, möchte ich dieses Beispiel wieder erwähnen. Es ist keine fiktive Geschichte von Max und Moritz, sondern es ist eine reale Pensionistin aus Niederösterreich, die geschrieben hat.

Sie lebt in einem kleinen Einfamilienhaus in Niederösterreich. Sie hat jetzt eine Gasnach­zahlung in der Größenordnung von 2 300 Euro bekommen, das heißt, der Preis hat sich für sie verdreifacht, und die Vorschreibung für das nächste Jahr – das geht ja dann im­mer parallel – ist für diese alleinstehende Pensionistin um 4000 Euro gestiegen.

Sie ist nicht allein, sie ist nicht die Einzige, und wir reden da ja nicht nur vom Gas, diese Frau hat ja auch Strom zu bezahlen, sie hat ja auch Lebensmittel zu kaufen. Bis Mit­te 2023 zahlt diese Pensionistin alleine durch die Preissteigerungen nur für Gas 800 Euro mehr Umsatzsteuer an den Finanzminister – 800 Euro! Damit erhält sie aus Ihrem angeblichen Antiteuerungspaket weniger an Einmalzahlungen von Ihnen, als sie zusätzlich an Umsatzsteuern an Sie bezahlt. Also, was soll da für diese Frau aus Ihrem Antiteuerungspaket Gutes herausschauen? – Alleine dieses Beispiel einer Pensionistin aus Niederösterreich zeigt, dass diese Einmalzahlungen nicht funktionieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Wissen Sie, worum es in der Bekämpfung von Krisen geht? – Es geht darum, unsere Gesellschaft zusammenzuhalten, und ja, es kann keine wichtigere, es kann keine höhere Aufgabe für eine Regierung geben, als in schweren Zeiten den wichtigen sozialen Frie­den zu bewahren und die soziale Sicherheit in Österreich aufrechtzuerhalten. Das müss­te ihr oberstes Ziel sein!

Ja, Krisen stellen außergewöhnliche Situationen dar, und außergewöhnliche Situationen brauchen außergewöhnliche Lösungen. Außergewöhnliche Lösungen, Herr Bundes­kanzler, brauchen aber wiederum Mut und sie brauchen einen Plan. Genau das fehlt Ihnen, Herr Bundeskanzler! Was ist das drängendste Problem? – Es ist der Gaspreis. Daher braucht es jetzt den Mut, jetzt rasch den Mut, für eine gewisse Zeit in das Gas­preis- und Strompreissystem einzugreifen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Strompreise, die Preise müssen österreichweit runter. Das hilft nicht nur den Men­schen aktuell, damit das Leben wieder leistbarer wird, es hilft auch der Wirtschaft und es dämpft die Inflation. Das wäre der Sinn dahinter. Ein österreichweiter Preisdeckel für Gas wäre daher dringend notwendig (Abg. Hanger: Und wer bezahlt die Differenz ge­genüber dem Marktpreis? Das sagen Sie nicht dazu!), um die dramatische Preisspirale nach oben zu stoppen. (Beifall bei der SPÖ.)

Von niedrigen Strompreisen profitieren die Menschen und die Wirtschaft. (Abg. Stein­acker: ... Konzerne!) Und wie soll das funktionieren? – Wir schlagen einen zeitlich befris­teten Preisdeckel auf Energie vor. (Abg. Hanger: Und die Differenz bezahlt wer?) Wir schlagen einen österreichweiten Preisdeckel auf Energie vor. (Abg. Hanger: Wer be­zahlt die Differenz? – Abg. Steinacker: Wie sollen die denn das machen? – Abg. Han­ger: Wer zahlt die Differenz? Der Staat! Wer sonst?) Strom wird unterschiedlich er­zeugt – Sie wissen das: Wasserkraft, Windkraft, Gas, Sonnenenergie –, und das aktuelle Preisbildungssystem ist so absurd, dass nur das teuerste Energiesystem den Preis für Strom bestimmt. Das führt zu den extrem hohen Strompreisen auf der einen Seite und zu extrem hohen Übergewinnen bei manchen Stromerzeugern auf der anderen Seite. Beides ist falsch und problematisch, und spätestens jetzt sollte allen klar sein: Dieses System funktioniert in der Krise nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Genau deswegen haben Spanien und Portugal diesen Preisdeckel bereits vor Monaten eingeführt. Wissen Sie, was das dort erzielt hat? – Der Strompreis konnte signifikant gesenkt werden. Für 40 Prozent der spanischen und der portugiesischen Haushalte hat sich die Stromrechnung in Folge halbiert. (Abg. Steinacker: Wer waren denn die Eigen­tümer? – Abg. Litschauer: Dann verbrennen wir unser Öl und Gas, damit in Italien Strom ist, nicht? Das ist eine super Idee! Ihr beschwert euch, dass die Speicher nicht voll sind, und dann sollen wir es für Italien verstromen! Das sind Ideen!)

Apropos Milliardenübergewinne: Es geht sich auch nicht mehr aus (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer), dass einige wenige Energieerzeuger in Österreich Übergewinne machen, die ungerechtfertigt sind (Zwischenruf des Abg. Wöginger), und gleichzeitig Pensionistinnen und Pensionisten und die hart arbeitende Mittelschicht immer stärker unter Druck geraten, immer mehr Mehrwertsteuer an Sie abführen müssen. Diese Schief­lage muss begradigt werden, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Milliarden an Übergewinnen müssen abgeschöpft werden, zur Hälfte zurück in Antiteuerungsmaßnahmen fließen und zur anderen Hälfte in den Ausbau erneuerbarer Energie gesteckt werden. Das wäre ein vernünftiger, ein fairer und ein gerechter Weg. (Abg. Michael Hammer: ... es wären Vorschläge gefragt!)

Herr Bundeskanzler, verabschieden Sie sich endlich vom Prinzip Hoffnung! Das gilt für die Bekämpfung der Teuerung, das gilt für die Bekämpfung der Covid-Krise, das gilt für die Energiesicherheit und das gilt insgesamt auch für die Bundesregierung, denn ich glaube, Sie sind mittlerweile der Einzige in Österreich, der noch die Hoffnung hat, dass diese türkis-grüne Bundesregierung in dieser schwierigen Zeit wirklich noch etwas Sinn­volles für unser Land zustande bringt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ja, jeder Tag länger Türkis-Grün in dieser Zeit ist ein verlorener Tag für Österreich. (Abg. Michael Hammer: Sagt wer?) Auch dieser Realität sollten Sie ins Auge schauen. – Danke schön. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

15.23

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Leichtfried zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.

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