15.45
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Die Herren auf der Regierungsbank! (Abg. Michael Hammer: Es sitzt eine Dame auch hier! Da könnten sich die SPÖ-Frauen aufregen!) Werte Kolleginnen und Kollegen, aber vor allem geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Was Sie jetzt erlebt haben, ist durchaus erstaunlich: In eine der schwierigsten Situationen dieser Republik hält Herr Nehammer – ich habe den Amtstitel jetzt bewusst weggelassen, weil Sie es nicht respektieren, welches Amt Sie haben – hier eine Büttenrede, die so tut, als wäre die Opposition schuld. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Sagen Sie einmal, Herr Nehammer: In einer Situation, in der die Gasspeicher nicht befüllbar sind, in der mittlerweile der Hafen für die Ausfuhr von kasachischem Rohöl gesperrt wurde – immerhin 40 Prozent des österreichischen Bedarfs –, einer Situation, die überkritisch ist (Bundeskanzler Nehammer: Richtig!), haben Sie sich hier nicht herzustellen und zu sagen: Ich bin ja hier kein Gast. – Nein, stimmt! Sie können nämlich von der Mehrheit herbeigeschafft werden. (Abg. Hanger: Jetzt reden Sie endlich einmal von ...!) Sie sind Chef der Verwaltung und haben hier zu rechtfertigen, was die Regierung macht – nicht Oberlehrer, nicht Belehrung, nicht heruntermachen! Das ist alles nicht Ihre Aufgabe! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Jetzt hätten Sie andere Aufgaben, Herr Bundeskanzler! (Abg. Michael Hammer: Ich hätte die Dringliche eh nicht gebraucht!) Und die Steigbügelhalter so einer Politik brauchen sich nicht aufzuregen. (Zwischenrufe bei den Grünen.)
Als vor 110 Jahren ein Eisberg die Titanic aufgerissen hat, gab es einen Kapitän, der das Orchester hat spielen lassen, und daran erinnert mich diese Situation. (Abg. Michael Hammer: Ein sehr sympathischer Politiker!) Wir beobachten das Problem – wir beobachten das Problem?! Zu einem Zeitpunkt, zu dem Hunderttausende nicht wissen, Tausende Betriebe keine Information von Ihnen haben, wie Sie mit der Krise umgehen wollen, erklären Sie: Wir haben ja ein Superpaket! Schuld ist die SPÖ, die stimmt einer Valorisierung nicht zu! – Wo ist denn der Antrag? Hat ihn jemand gesehen? – Nein, es ist heiße Luft der Regierung, die nicht einmal im Parlament liegt. (Beifall bei der SPÖ.)
Das ist ja unglaublich, was Sie hier machen! Lesen Sie Kommentatoren! Ich empfehle all jenen, die nicht immer den „Standard“ lesen (Abg. Michael Hammer: Ums Momentum Institut geht’s, oder was?), zum Beispiel heute einmal Hans Rauscher zu lesen. „Geht das weiter so mit der Regierung? Die ÖVP, aber auch die Grünen haben keine stringente Krisenpolitik“. – Lesen Sie den Beitrag! Ich glaube, dass er Ihnen schöntut, weil ich nämlich glaube, dass Sie nicht nur nicht können. Ich glaube, dass dahinter Absicht besteht – und ich komme auch gleich dazu, warum ich Ihnen das sage.
Wir fordern einen Preisdeckel, und jetzt muss man den Menschen diese Stromrechnung erklären (Abg. Michael Hammer: Ihr habt’s, glaub ich, eine am Deckel gekriegt!) – Frau Dr. Rendi-Wagner hat das Beispiel der Pensionistin gebracht. Diese Stromrechnung fußt ja auf einem Preissystems, von dem die Leute nur hören, das sei komisch. Ich möchte Ihnen erklären, welches System herrscht:
Das teuerste Kraftwerk bestimmt den Preis für den gesamten Strom, der eingekauft wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das wäre so, als wenn Sie Ihren Ehemann oder Ihre Ehefrau Einkaufen schicken. Der oder die studiert alle Flugblätter, geht in das Geschäft mit dem teuersten Preis, kommt dann aber zurück und sagt: Schatzi, noch besser, ich bin auch in die billigeren Geschäfte gegangen, aber ich habe das Geld dort als Trinkgeld gelassen, weil ich ja immer gerne den teuersten Preis zahle. – Als Konsumentin und Konsument kommt dieses Geld aus Ihrer Tasche und füttert Aktionäre mit Milliarden. Das ist die Absicht der ÖVP (Beifall bei der SPÖ), und deswegen will sie keine Kontrolle, deswegen will sie nichts dagegen tun!
Und was wurde betreffend unsere Anträge, die Richtwerte der Mieten nicht zu erhöhen, gemacht? – Abgelehnt, vertagt. Dabei hätte man zumindest verhindern können, dass bei vielen die Miete steigt. (Abg. Michael Hammer: In Wien, ja!) Warum? – Weil der Haus- und Grundbesitzerbund 2017 ja unter den Großspendern war. Wir wissen ja, warum es so ist! (Beifall bei der SPÖ.)
Hören Sie auf, Klientelpolitik zu machen! In einer der schwersten Krisen, die wir je hatten, machen Sie Klientelpolitik. (Abg. Michael Hammer: Wienbesteuerung!) Sie lehnen die Übergewinnbesteuerung ab. Die Regierung in Griechenland besteht ja nicht aus Kommunisten, das ist eine konservative Regierung; natürlich schöpfen die die Übergewinne ab, das ist ja sonst ein Anreiz dazu, den Leuten weiter das Geld aus der Tasche zu ziehen. Natürlich müssen die Gewinne abgeschöpft werden, die kann man den Konzernen ja nicht als Beute lassen! Was macht die ÖVP? – Sie ignoriert das, und der Koalitionspartner applaudiert auch noch dazu. Wir haben der ÖVP bei solchen Sachen nie applaudiert, auch nicht als Koalitionspartner, das können Sie (in Richtung Grüne) sich in der Frage merken. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Ja, genau!) Selbst der Energieberater (in Richtung Abg. Litschauer), dessen Windkraftwerke jetzt gut kassieren, applaudiert. Da kann man nicht applaudieren! (Zwischenruf des Abg. Litschauer.)
Gut, kommen wir zu den Maßnahmen zurück, zum Preisdeckel. Ich habe heute schon zur ÖVP gesagt: Lernen Sie Geschichte! (Rufe bei der ÖVP: Das war der größte Flop! Na bravo!) Es gab ja wirkliche Bundeskanzler, nicht nur welche, die hier Polemik führen, berühmte Bundeskanzler der ÖVP. (Abg. Sieber: Sebastian Kurz!) Was haben die in so einer Krise, bei so einer Inflationsrate gemacht? – Eine Preisregelung, weil sie offenbar wussten, was für das Volk und für das Land gut ist. Das hat der Rest verlernt; der hat keine Ahnung, der ist ausschließlich für die Aktionäre da, und das ist furchtbar. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
In so einer Situation brauchen wir eine Regierung, die bereit ist, einzugreifen und die Not der Menschen und der Betriebe zu senken. Sie haben keine einzige Maßnahme gesetzt, um die Preise runterzubekommen – keine einzige! Sie haben keine Übergewinne besteuert, Sie haben keine Preisregulierung eingeführt, Sie haben nicht gegen das System der unerlaubten Höchstpreisverordnung – wie das Meritordersystem beim Strom – gekämpft.
Sie bringen uns in eine Situation, in der Sie beobachten, ob wir kein Gas mehr reinkriegen, in der Sie beobachten, ob das Öl abgedreht wird. Der Gipfel davon ist, dass Herr Nehammer (Abg. Weidinger: Der Herr Bundeskanzler!) uns hier erklärt: Wir befinden uns im Krieg!
Ich kann an der Stelle sagen: Österreich ist ein neutrales Land, wir befinden uns nicht im Krieg (Beifall bei der SPÖ – Abg. Hanger: Europa!), und es ist auch nicht Ihr Recht, einen Krieg zu erklären. (Ruf bei der ÖVP: Unglaublich!) Das ist in einer Demokratie nämlich Aufgabe des Parlaments. Wir wollen keinen Krieg und wir befinden uns nicht im Krieg, so ist die Situation. (Abg. Hanger: Europa befindet sich im Krieg! Europa! – Abg. Scherak: Zum Schämen! Das ist alles zum Schämen! Kreisky dreht sich im Grab um!) Wir sind ein friedliches Land und wir befinden uns nicht im Krieg, auch nicht, wenn Herr Nehammer das behauptet. – Danke, meine Damen und Herren. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
15.52
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klubobmann Wöginger. – Bitte.