20.54

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, als wir in die Regierung gekommen sind und die Koalitionsverhandlungen begonnen ha­ben, haben wir erahnen können, wie groß der Stellenwert von Zufußgehen und Radver­kehr bisher war: Es gab im Verkehrsministerium nicht einmal eine eigene Abteilung fürs Radfahren – nichts! (Abg. Deimek: Und der Herr Religionslehrer in Wien ...!) Es gab eine Sektion fürs Autofahren, für den Schiffsverkehr, für die Bahn, aber in dem bisher von FPÖ und SPÖ geführten Verkehrsministerium gab es einfach keine Abteilung für den Radverkehr. Und so hat auch die Politik über die Jahre wie die Straßenverkehrsordnung aus den 1960er-Jahren ausgesehen: Radfahrende und auch Zufußgehende waren so­zusagen geduldete Fremdkörper in der Straßenverkehrsordnung. Es wurde alles oder fast alles dem Auto untergeordnet.

Als wir Regierungsverhandlungen geführt haben und anschließend in die Regierung ge­kommen sind, war es unser Ziel, das zu ändern und der aktiven Mobilität, also dem Rad­fahren und Zufußgehen, mehr Platz einzuräumen, in den Ministerien, in den Gesetzen, aber auch auf der Straße. (Beifall bei den Grünen.)

Die Bundesministerin hat in ihrer Verkehrssektion nun bereits eine eigene Abteilung für die aktive Mobilität gegründet, und die Förderungen wurden verfünfzehnfacht, damit auch eine entsprechende Infrastruktur gefördert werden kann.

Unsere Vision ist, dass alle Menschen die Möglichkeit haben, im Alltag sicher und be­quem zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs zu sein, ohne Angst zu haben – also nicht nur die Mutigen. Das ist unsere Vision. Ein guter Gradmesser, um zu überprüfen, ob das Radfahren schon sicher ist, ist meiner Meinung als Vater nach das Bauchgefühl, das wir haben, wenn wir uns vorstellen, dass unsere Kinder ihre Alltagswege alleine mit dem Rad bewältigen, wenn sie zum Beispiel alleine mit dem Rad zur Schule fahren. In Hol­land zum Beispiel ist das komplett normal, dass Kinder alleine oder zusammen in Grup­pen mit dem Rad fahren.

Das ist bei uns nicht normal, wir sind von dieser Situation noch weit entfernt. Ich glaube, wir müssen dorthin. Dafür brauchen wir wesentlich mehr und bessere Radwege – nicht nur ein paar bepinselte Straßen, sondern wirklich baulich getrennte Radwege –, aber auch bessere Gesetze; bessere Gesetze, um Radfahren und Zufußgehen sicherer zu machen, und auch, um Radfahren attraktiver zu machen. Mit dem heutigen Beschluss machen wir genau das. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schnabel.)

Meine Vorrednerinnen und Vorredner sind schon darauf eingegangen, was wir in dieser Novelle alles machen werden. Ich möchte noch ein paar Dinge herausgreifen, die mir wichtig sind: Wir führen zum ersten Mal einen verpflichtenden Sicherheitsabstand ein, das heißt, dieses ungute Gefühl, wenn man mit dem Rad unterwegs ist, und ein Auto einen viel zu knapp überholt und man angesaugt wird, gehört der Vergangenheit an. Zumindest gibt es jetzt einen gesetzlichen Mindestabstand.

Wir kennen alle die Situation, wenn wir durch die Stadt gehen, zum Beispiel mit dem Kinderwagen, und der Gehsteig so zugeparkt ist, dass man nicht mehr vorbeikommt, weil zum Beispiel ein Lieferwagen rückwärts eingeparkt ist. Auch das wird jetzt der Ver­gangenheit angehören: Hineinragen ist verboten. (Beifall bei den Grünen.)

Wir führen ein neues Verkehrszeichen ein, den Grünpfeil – es wurde schon angespro­chen –: Wenn die Ampel rot ist, die Behörde das erlaubt und es, nachdem man stehen geblieben ist, sicher ist, rechts abzubiegen oder bei einer T-Kreuzung geradeaus zu fah­ren  wir alle kennen solche Ampeln –, dann kann man das an Kreuzungen mit diesem Grünpfeil tun. Das wurde in vielen, vielen Ländern erfolgreich getestet. Im Rahmen der Begutachtung gab es Rufe, dass das gefährlich wäre: Nein, ist es nicht; es ist eine Verbesserung für den Radverkehr.

Das Nebeneinanderfahren: Jeder, der mit einem Kind mit dem Rad unterwegs war, kennt das; man wusste nicht, ob man vor oder hinter dem Kind fahren soll. Das Neben-dem-Kind-Fahren war bis jetzt verboten, wir kennen das. Wir erlauben es jetzt: Das Neben­einanderfahren, schützend neben einem Kind zu fahren, ist erlaubt. Auch das Nebenein­anderfahren von Erwachsenen in Tempo-30-Zonen wird erlaubt sein.

Eine besonders wichtige Maßnahme, zu der ich viele Zuschriften hatte – ich sehe: meine Redezeit ist erschöpft –, ist, dass wir diese überzogenen Strafen abschaffen, dass man nicht für jeden einzelnen Reflektor bestraft wird, sondern dass alles als eine Strafe ge­wertet wird.

Heute ist ein guter Tag für die aktive Mobilität. Es ist sehr schade, dass diese kleinen, wichtigen Schritte von der SPÖ nicht mitgetragen werden. Bei der FPÖ wundert es mich nicht. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen, die an den Verhandlungen teilgenommen ha­ben, ganz herzlich bei der ÖVP – es waren sehr konstruktive Verhandlungen – und vor allem bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des grünen Parlamentsklubs sowie auch des Klimaministeriums, die im letzten Jahr hervorragende Arbeit geleistet haben. – Dan­ke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Deimek: Ich glaube, der VCÖ war auch dagegen!)

20.59

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Franz Leonhard Eßl. – Bitte, Herr Abgeordneter.