22.15

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Da­men und Herren! Besonders herzlich willkommen heiße ich den Dachverband der Bos­niaken. Vorstandsmitglieder sind hier auf der Besuchergalerie – willkommen, danke für Ihr Kommen! (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS.)

Meine Damen und Herren, am 11. Juli und in den darauffolgenden Tagen des Jah­res 1995 hat das bis dato schwerste Kriegsverbrechen in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges im bosnischen Srebrenica stattgefunden, bei dem mehr als 8 000 Bos­niaken, fast ausschließlich Männer und Jugendliche, grausam ermordet wurden. Der In­ternationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag bezeichnete das Massaker als Völkermord. Der Internationale Gerichtshof hat die systematischen Massentötungen ebenfalls als Genozid deklariert.

Wir dürfen diesen Völkermord, der vor 27 Jahren nur sehr unweit von Österreich statt­gefunden hat, niemals vergessen und müssen uns stets in Erinnerung rufen, zu welchen Gräueltaten Menschen im Namen des Krieges fähig sind. Blinder, hasserfüllter Nationa­lismus und seine abscheulichsten Auswüchse, wie die Vernichtung von Ethnien und Kul­turen, die gewaltsame Vertreibung von Millionen von Menschen, Folter, Vergewaltigun­gen, Verschleppungen, Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und so weiter ha­ben immer unsagbares Leid, Schmerz und im Fall der Balkankriege weit über 200 000 Tote mit sich gebracht.

Es ist ein Versagen der Menschheit, sich gegenseitig abzuschlachten. Das Gedenken an den Völkermord in Srebrenica und die Solidarität mit den Opfern sind daher für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten von sehr großer Bedeutung, um das histo­rische Bewusstsein dafür zu schärfen, dass solche fürchterlichen Verbrechen nie wieder, gleich auf welchem Kontinent und von welchen Konfliktparteien, verübt werden sollen.

Eines sei nämlich an dieser Stelle auch erwähnt: Gerade auch im Jugoslawienkrieg gab es von mehreren Seiten Kriegsverbrechen, auch Gewalttaten an Frauen, an Kindern, an älteren Menschen. Wir sollten keinesfalls Gefahr laufen, furchtbare Verbrechen mora­lisch unterschiedlich zu bewerten, denn Krieg ist immer Leid, Elend und eine Niederlage der Menschheit. Es wird nie einen sauberen Krieg geben. Wichtig in diesem Zusammen­hang ist aber auch, klar und unmissverständlich festzuhalten, dass Bombenangriffe auf die Zivilbevölkerung niemals gerechtfertigt sind, gleich von welchem Bündnis diese erfol­gen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

Ich war vor zwei Wochen im Rahmen eines dreitägigen Besuches der Parlamentarischen Bundesheerkommission mit Kollegen bei Autcon Eufor Althea in Bosnien-Herzegowina. Von der Hauptstadt Sarajewo aus haben wir mehrere Truppenstützpunkte in Bosnien besucht. Wir haben uns vor Ort mit politischen Vertretern, mit unserer Botschafterin, mit Soldaten des österreichischen Bundesheers und Einheimischen ausgetauscht bezie­hungsweise die aktuelle Stimmungslage erhoben.

Als Parlamentarier konnten wir uns einen guten Überblick verschaffen, welches Erbe die Bomben und die Kugeln im bosnischen Teil des ehemaligen Vielvölkerstaates Jugosla­wien hinterlassen haben. Noch immer treten offene Wunden zutage und noch immer finden sich nationalistisch verblendete Akteure, die für ein vergiftetes politisches Klima im Land verantwortlich sind, auf dem Klavier nationaler Interessen spielen und so das Trennende vor das Gemeinsame stellen.

Das alles sind keine guten Vorboten für die Wahlen in Bosnien-Herzegowina im Oktober. Anstatt dass positiv für eine gemeinsame Zukunft gearbeitet und das Land in absehbarer Zeit in die Europäische Union geführt wird, gibt es immer noch Ressentiments, die eine große Gefahr für die Stabilität, den Frieden und die Rechtsstaatlichkeit darstellen. Die Narben des Krieges verheilen leider sehr langsam.

Österreich hat aber eine besondere Verantwortung. Wir haben diese mit den beiden hoch angesehenen Spitzendiplomaten Dr. Wolfgang Petritsch und Dr. Valentin Inzko, ihres Zeichens Hohe Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina, bereits in der Ver­gangenheit klar zum Ausdruck gebracht und auch umgesetzt. Wir müssen diesen Weg jedoch auch weiterhin konsequent beschreiten, um Bosnien-Herzegowina sowie die Länder des Westbalkans bei der Aufnahme in die Europäische Union nach bestem Wis­sen und Gewissen zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

Diese Staaten verdienen eine europäische Perspektive und eine friedliche Zukunft mit Prosperität. Das ist der beste Schutz, um solche Gräueltaten in dieser Region nie wieder aufkommen zu lassen. Dazu ist allerdings auch ein beherzter Kampf gegen Korruption zwingend notwendig, da Teile der politischen Eliten den Staat noch immer als Selbstbe­dienungsladen nutzen.

Abschließend möchte ich auf eine Entschließung des Europäischen Parlaments Bezug nehmen, in welcher der 11. Juli zum europäischen Gedenktag für die Opfer des Massa­kers von Srebrenica ernannt wurde.

Meine Damen und Herren, wenn Krieg ein Verbrechen am Frieden ist und wir uns als Menschheit darüber einig sein sollten, dann muss unsere ganze Anstrengung darauf gerichtet sein, den Frieden in Europa, möglichst auf der ganzen Welt zurückzugewinnen. Ja, es ist ein Gebot der Stunde, den Frieden zurückzugewinnen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

22.22

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ribo. – Bitte.