10.30

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, auch auf der Galerie! Es erfüllt mich mit wirklich großer Freude, dass wir heute dieses Pflegepaket beschließen. Das, was wir vor ein paar Wochen vorgestellt haben, ist tat­sächlich die größte Pflegereform seit Jahrzehnten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Egal, ob es um die Versorgung von einem geliebten Menschen aus der eigenen Familie geht oder ob wir irgendwann selber darauf angewiesen sind: Die Pflege ist ein Thema, das uns alle an einem Punkt in unserem Leben ganz direkt betrifft.

Ich war im Juni in Vorarlberg bei meiner Kollegin Landesrätin Katharina Wiesflecker in einem Pflegeheim in Alberschwende, habe mir das vor Ort angeschaut, mit den Be­wohnerInnen gesprochen und mir angesehen, was das Pflegepersonal dort leistet. Diese Besuche waren in den letzten beiden Jahren coronabedingt sehr schwer möglich, aber bei diesem Besuch ist mir noch einmal besonders aufgefallen: Wir reden immer davon, dass der Pflegeberuf so ein harter Beruf ist. Das, was Pflegekräfte leisten, geht aber weit, weit über das, was die körperliche Arbeit betrifft, hinaus. Pflegekräfte sind ganz wichtige Bezugspersonen, sie gestalten den Alltag der Bewohnerinnen und Bewohner in den Heimen, sie spenden Trost, wenn er gebraucht wird. Es ist das nette Wort, es ist die Begrüßung am Morgen, die die Qualität ausmachen.

Die Bewohner und Bewohnerinnen in diesem Pflegeheim haben alle gesagt, es geht ihnen gut, sie sind grundsätzlich zufrieden, aber sie haben eine große Sorge – und das haben sie alle gesagt –, nämlich betreffend die Belastungsgrenzen ihrer BetreuerInnen, ihrer Pflegekräfte. Sie haben uns mitgegeben: Bitte schaut, dass das besser wird, schaut, dass mehr Geld da ist, dass mehr Personal da ist, damit sie nicht überlastet werden! – Das war ganz eindringlich, und mit dieser Pflegereform, die wir hier heute auf den Tisch legen und die wir heute in ersten Teilen beschließen, machen wir genau das: Wir verbessern die Situation der Pflegekräfte ganz maßgeblich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn wir über die Zukunft der Pflege reden, dann geht es nicht nur um die Gesundheit und das Wohlbefinden der pflegebedürftigen Menschen, sondern es geht genauso um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen, die die Pflegearbeit leisten, in den unterschiedlichsten Einrichtungen, in der mobilen Pflege und in der eigenen Familie.

Diese Gespräche haben mich noch einmal darin bestätigt, dass das, was wir hier vor­legen, tatsächlich das ist, was es braucht. Ich glaube, das ist die Grundvoraussetzung für gute Politik: Dieser Pflegereform sind ganz umfängliche, ausgeweitete Gespräche, runde Tische, ein großer StakeholderInnenprozess vorausgegangen, bei denen sehr, sehr viele Institutionen eingebunden waren, Betroffene eingebunden waren, noch ge­startet unter Rudi Anschober, und mit Johannes Rauch bringen wir jetzt diese Pflege­reform zu Ende.

Was machen wir in diesem Paket? – Wir nehmen nicht nur 520 Millionen Euro, sondern wir nehmen jetzt 570 Millionen Euro in die Hand, um die Gehälter der Pflegekräfte auf­zubessern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das macht im Schnitt etwa ein zusätzliches Monatsgehalt im Jahr aus, und ich bin froh, dass es auch gelungen ist, dass wir die Pflegekräfte, die BegleiterInnen von Menschen mit Behinderungen jetzt mit aufnehmen konnten – deshalb auch diese 50 Millionen Euro Steigerung –, denn auch diese sollen gut inkludiert sein.

Es ist ganz klar, Kollege Muchitsch: Das muss die Basis für dauerhafte Verbesserungen sein. Sie wissen genau, wie die Kompetenzverteilung ist, es sind da die Länder zustän­dig. Ich muss schon sagen, dass mich das etwas verwundert: Wir kennen Sie als engagierten, erfolgreichen Gewerkschafter, der an sich immer das tut, was für die ArbeitnehmerInnen im Land gut und richtig ist. Ich kann Ihre Kritik an diesem Teil nicht nachvollziehen, und es wundert mich ein bisschen, dass das Selbstbewusstsein auf­seiten der Gewerkschaft offensichtlich fehlt und dass die Gewerkschaft es sich nicht zutraut, die Verbesserungen, die wir jetzt mit über 1 Milliarde Euro für die Gehälter er­reichen, nach den zwei Jahren, die wir jetzt bereits abgesichert haben, weiter ein­zufordern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben in diesem Gesetz ganz, ganz viele Maßnahmen drinnen, die nicht nur das Gehalt betreffen, sondern auch für die Entlastung der Pflegekräfte sorgen. Wir haben eine einheitliche Mehrstundenregelung für Nachtdienste und eine zusätzliche Entlas­tungswoche. Wir sorgen dafür – und das ist ja die große Herausforderung –, dass wir die Pflegekräfte bekommen, die wir brauchen. Es sind nicht nur 76 000, es sind wohl 100 000, Kollege Muchitsch, die wir brauchen, und es gibt nicht nur 600 Euro Aus­bildungsbonus für die, die in Erstausbildung sind, nein, es gibt auch 1 400 Euro Stipen­dium für Menschen, die in diesen Beruf umsteigen wollen. Das ist natürlich Geld, mit dem man sich die Lebenshaltungskosten leisten kann. Niemand hindert ein Bundes­land – beispielsweise das Burgenland – daran, noch weitere Maßnahmen zu setzen.

Die pflegenden Angehörigen wurden angesprochen: Auch da gibt es Unterstützung mit dem Angehörigenbonus in Höhe von 1 500 Euro. Wir werden noch weiter daran arbeiten, was den BezieherInnenkreis betrifft.

Wir haben in diesem Gesetz auch auf ganz viele Forderungen aus der Praxis reagiert, was die Kompetenzverteilung betrifft. Wir haben auch die Reaktionen aus der Branche gehört, von der Caritas über die Diakonie, die Bundesländer, andere NGOs bis hin zu den VertreterInnen der zu Pflegenden. Dieses Paket ist riesig, und es ist genau das Paket, auf das seit Jahren, seit Jahrzehnten gewartet wird, das es unter anderen Regierungen nicht gegeben hat und das es jetzt unter einer schwarz-grünen Bun­desregierung gibt. Ich bin durchaus auch stolz darauf, dass das jetzt gelingt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir legen heute den Grundstein, mit dem wir die Pflege in Österreich nachhaltig und langfristig sichern und verbessern – für alle Menschen, die Pflege brauchen, und das oft rund um die Uhr; für die unglaublich engagierten Pflegekräfte, die Tag und Nacht alles in ihrem Job geben und dabei weit mehr leisten als die physische Pflegearbeit im engsten Sinn; für Menschen aller Altersstufen, denen wir den Einstieg und Umstieg in einen zukunftssicheren Pflegeberuf ermöglichen, mit einer attraktiven und zugänglichen Aus- und Weiterbildung; und für die vielen pflegenden Angehörigen, die dafür sorgen, dass ihre liebsten Angehörigen gut gepflegt, gut betreut zu Hause, in ihrer vertrauten Umgebung leben können. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Ja, das ist ein sehr großer Schritt, weitere werden folgen. Ich bin auch vollkommen d’accord mit der Forderung, dass Tageszentren ausgebaut werden müssen et cetera. Verantwortlich sind da die Länder, und daher kommt an dieser Stelle auch meine Aufforderung an alle Fraktionen hier: Wir brauchen in diesem Bereich die konstruktive Zusammenarbeit mit den Bundesländern, in denen auch Sie, liebe Sozialdemokratie, Verantwortung tragen. Arbeiten wir gemeinsam an einer nachhaltigen Verbesserung in der Pflege, im Sinne aller Menschen in unserem Land! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.39

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte.