11.19
Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn sich die Regierungsparteien nur halb so viel Zeit für gute Regierungsarbeit nehmen würden als für irgendwelche Marketingsprüche, dann wären wir in Österreich in vielen, vielen Bereichen schon deutlich, deutlich besser unterwegs. (Beifall bei der SPÖ.)
Was wir heute von Wöginger und Maurer erlebt haben, wie sie sich gemeinsam so partnerschaftlich herausgestellt und gesagt haben: die allerallerbeste Pflegereform aller Zeiten, das haben wir vor drei Jahren auch schon gehabt, und da hat das Pärchen anders ausgeschaut, es hat nämlich Wöginger und Hartinger-Klein geheißen. Die sind auch nebeneinander aufmarschiert und haben uns immer wieder gesagt (Abg. Heinisch-Hosek: Die Patientenmilliarde!): die allerallerbeste Gesundheitsreform aller Zeiten, es wird eine Patientenmilliarde geben und wie super alles werden wird. Über alle, die das nicht gut gefunden haben, die gewarnt haben, hat es geheißen: Die haben keine Ahnung von der Gesundheitspolitik. (Zwischenruf der Abg. Erasim.) Große Sprüche hat es gegeben: eine Patientenmilliarde, alles wird wunderbar sein, Hartinger-Klein und August Wöginger miteinander. (Beifall bei der SPÖ.)
Letzte Woche war es schwarz auf weiß im Rechnungshofbericht nachzulesen – ein Desaster. Nichts ist besser geworden für die Patientinnen und Patienten, da hat sich gar nichts gebessert. Ein Batzenminus ist aus der Patientenmilliarde geworden. Das heißt, es ist Marketing von August Wöginger (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer), immer in unterschiedlicher Besetzung – einmal ist es Frau Hartinger-Klein, inzwischen ist Hartinger-Klein ausgetauscht worden, nun heißt sie Sigrid Maurer – und es sind immer dieselben Mechanismen, die wir hier im Parlament erleben.
Wenn wir heute über die Pflege reden, da reden wir von Respekt gegenüber der Pflege. Frau Kollegin, ich sage Ihnen ehrlich etwas: Wenn man über die Berufsgruppe drüberfährt und in Sonntagsreden immer wieder von Respekt redet, dann wäre doch eine Form des Respekts, einfach der Berufsgruppe einmal zuzuhören. (Ruf bei den Grünen: Was?) Ich nenne ein kleines Beispiel: Gibt es eine einzige Person hier im Parlament, die mir einen Fachexperten oder eine Fachexpertin aus dem Bereich der Pflegewissenschaft nennen kann, der oder die die Pflegelehre begrüßt? (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) In ganz Österreich gibt es keine einzige Fachgesellschaft, die findet, dass die Pflege-lehre sinnvoll ist. Junge Burschen und Mädels mit 15 und 16 Jahren in den Pflegebereich zu lassen, die dann diese Arbeit leisten müssen, ist das Verbrennen von Menschen. Alle Fachgesellschaften warnen davor. (Beifall bei der SPÖ.) Hier im Parlament wird groß vom Respekt gegenüber der Pflege geredet, aber in Wahrheit ist es euch völlig egal, was die Fachexperten aus der Pflege sagen. (Abg. Michael Hammer: Sozialistische ...!)
Es ist ein kleines Nest irgendwo in Tirol, wo der Wirtschaftsbund ein paar Experten um sich gesammelt hat. Kollege Hörl, da bist du ganz vorne mit dabei. Ihr bildet euch ein, dass man durch die Pflegelehre das alles billiger machen kann. (Zwischenruf der Abg. Ribo.) Alle Fachexperten warnen davor. (Abg. Hörl: Also du gehörst nicht dazu!) – Kollege Hörl, ich darf dich bitten: Ich mische mich nicht ein bei den Seilbahnen, aber lass du dafür die Finger von der Pflege, dann werden wir gut miteinander auskommen! Ist das ein Deal? (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Abg. Hörl breitet die Arme aus, erhebt sich und neigt den Kopf.) Also: nicht nur von Wertschätzung reden, sondern die Wertschätzung auch tatsächlich leben!
Kollege Muchitsch hat ausgezeichnet ausgeführt: Das ist „Stückwerk“ und „Husch-Pfusch“. Das beste Beispiel ist, dass man über Nacht wieder einmal alles hat reparieren müssen – das zeigte sich an der Rede der armen Kollegin Ribo von den Grünen. Obwohl du erzählt hast, das ist so eine tolle Pflegereform, musstest du am Schluss noch einmal alles an deiner Rede abändern. (Abg. Ribo – einen Daumen hebend –: Ein ...!) Das ist ja ein Stückwerk. Wenn in der eigenen Rede hinten und vorne noch immer Sachen fehlen, ist das nicht wirklich durchdacht. Das hast du heute auch selbst bemerkt.
Ich möchte noch einen Punkt bringen (Abg. Michael Hammer: ... überhaupt mal einen Punkt bringen! – weiterer Zwischenruf bei der ÖVP): Wenn es dann heißt, wie viel Geld ausgegeben wird, muss man im Duden oder im Lexikon unter Laissez-faire nachschauen, dann findet man wirklich ein Foto von Minister Rauch. Zu sagen: Die Bundesländer haben nun eine halbe Milliarde Euro zur Verfügung, macht was Gescheites damit, schaut, dass die Menschen in der Pflege arbeiten, dass da irgendwas ankommt! – ohne Richtlinien, ohne Spielregeln –, das ist doch bitte keine Gesundheitspolitik, wenn jeder macht, was er will. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Ribo.)
Der Bereich ist so wichtig, vom Bodensee bis zum Neusiedler See. Alle Menschen verdienen die beste Pflege, und dafür braucht es auch Kriterien, einen einheitlichen Pflegeschlüssel. Aber irgendwo zu sagen: Da habt ihr ein bisschen Geld, tut dafür aber den Mund halten!, das ist keine Pflegereform. (Ruf bei der ÖVP: Unsoziale Aussagen! – Abg. Weidinger: Unerhört! Unerhört!) Dasselbe, was Hartinger-Klein uns vor zwei Jahren erzählt hat, hat Sigrid Maurer uns heute wieder erzählt. Viel Marketingblabla, viel Gerede von Wertschätzung und großen Reformen – und in Wahrheit kommt derselbe Topfen heraus. (Ruf bei der ÖVP: Das war echte Lärmbelästigung jetzt!) Das ist leider das türkise Marketing, bei dem die Grünen sich derzeit leider instrumentalisieren lassen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kühberger.)
11.23
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ernst Gödl. – Bitte.