13.07
Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren hier und liebe Zuseher zu Hause! Die Regierung präsentiert heute ein in ihren Augen sehr umfassendes Paket zum Tierwohl in Österreich, ein Paket, das man eben auf Biegen und Brechen durchbringen wollte und das nicht einmal im Ausschuss behandelt wurde. Ehrlich: Für mich sieht Demokratie anders aus. (Ruf bei der ÖVP: Stimmt ja nicht! – Beifall bei den NEOS sowie Beifall und Bravoruf bei Abgeordneten der SPÖ.)
Auch den Umgang mit den Ideen von anderen Parteien finde ich ein bisschen schräg: Der Tierschutzminister wollte im Mai die Fiaker noch verbieten, jetzt will er eine Studie dazu. Das ist genau das, was wir im letzten Plenum gefordert haben, deshalb bringe ich jetzt folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten MMag. Katharina Werner, Bakk., Kolleginnen und Kollegen betreffend „Hitzefrei für Fiakerpferde“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, eine Studie in Auftrag zu geben, welche die physiologischen Folgen des Einsatzes von Arbeits-, und insbesondere Fiakerpferden unter klimatisch herausfordernden Bedingungen auf die Tiergesundheit erforscht und geeignete evidenzbasierte Maßnahmen für den zukünftigen Einsatz empfiehlt, um ggf. Handlungsempfehlungen abzuleiten.“
*****
Also: Wenn Sie die Ideen schon verwenden, dann seien Sie so ehrlich, sagen Sie, von wem sie sind, und stimmen Sie einfach zu! (Beifall bei den NEOS.)
Zurück zum Tierschutzpaket: Es ist weit nicht so umfassend, wie man es uns verkaufen möchte. Der gesamte Haustierbereich wurde ausgelagert, er wird dann im Herbst präsentiert. Tierqual wird dadurch unnötig verlängert, denn es gibt da eine Reihe von Maßnahmen, auf die man sich eigentlich schon geeinigt hat und die man jetzt sofort hätte setzen können.
Was bleibt von den großen Ankündigungen also übrig? – Um ehrlich zu sein: nicht viel.
Positiv sehen wir, was im Geflügelbereich erreicht wurde. Das sinnlose Kückentöten endet, und die Biodiversitätsweiden werden eingeführt. Das ist aber leider so ziemlich alles. Egal ob man die Kälbertransporte, die Anbindehaltung und so weiter und so fort anschaut: Da gibt es einfach zu wenig Fortschritt für uns. (Ruf bei der ÖVP: Ah geh ...!)
In den Medien wurde das Ende der Vollspaltenböden groß verkauft. Ich finde es gut, dass sich der Herr Minister nach dem letzten Plenum unsere Aufforderung zu Herzen genommen und da noch einmal nachverhandelt hat. Jetzt steht zumindest ein Enddatum drinnen, aber: 2040 – ernsthaft? –, und das nur bei den Schweinen.
Als ich das gelesen habe, habe ich es für einen schlechten Scherz gehalten. Es ist ein fauler Kompromiss, ein Auslagern der Verantwortung in die Zukunft, und die Menschen spüren das. Ich glaube, ganz zu Recht fragen sie sich, ob es dafür einen grünen Tierschutzminister gibt. Selbst die AMA hat nämlich ambitioniertere Ziele.
Man weiß genau, dass die österreichischen Landwirte ihre Produkte vor allem in Deutschland nicht mehr werden verkaufen können, wenn da nicht rasch eine Veränderung bewirkt wird. Da brauchen wir eine Linie und einen echten Fortschritt. Laut einer Anfragebeantwortung durch den Landwirtschaftsminister haben Sie aber weder einen Plan noch konkrete Zahlen für diese Umstellung. Das wäre uns ein Anliegen: Wir brauchen hier wirklich konkrete Zahlen.
Abschließend möchte ich noch festhalten: Mir ist bewusst, dass es gerade jetzt angesichts der Inflation schwierig ist, mehr Tierwohl an den Konsumenten zu bringen, aber ich bin überzeugt davon, dass wir diese multiplen Krisen meistern werden und die Konsumenten auch ihren Beitrag dazu leisten werden, wenn man sie lässt.
Die Politik hat nicht die Aufgabe, nur an morgen, übermorgen oder an das nächste Wahlergebnis zu denken. Die Politik hat die Aufgabe, die Zukunft zu gestalten. Das braucht Mut, und im Tierschutz würde ich mir mehr Mut wünschen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Höfinger: Sehr praxisfremd, Wahnsinn! Absolut weg von der Realität! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
13.11
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten MMag. Katharina Werner Bakk., Kolleginnen und Kollegen
betreffend Hitzefrei für Fiakerpferde
eingebracht im Zuge der Debatte in der 168. Sitzung des Nationalrats über den Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Mag. Faika El-Nagashi, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz-TSchG) und das Bundesgesetz über den Transport von Tieren und damit zusammenhängenden Vorgängen (Tiertransportgesetz 2007 – TTG 2007) geändert werden (2586/A)– TOP 11
Die Situation von Fiakerpferden in Innenstädten ist immer wieder Thema, insbesondere wenn die Temperaturen steigen und an der 30 Grad Marke kratzen oder diese übersteigen. Ob und ab wann die Umstände für die Tiere gesundheitlich belastend sind ist wissenschaftlich nicht eindeutig:
Der Studie der Universität von Guelph in Kanada (2012) zufolge ist besonders feucht-warmes Sommerwetter, etwa nach einem Gewitter, gefährlich. Bei heißem, feuchtem Wetter reichen 17 Minuten Training mit mäßiger Intensität aus, um die Körpertemperatur eines Pferdes auf gefährliche Werte zu erhöhen. Die Komforttemperatur für Pferde liegt bei 5 bis 10 Grad. Minusgrade bis 15 Grad unter Null stecken sie problemlos weg. Aber alles, was über die 20-Grad-Plus-Marke hinausgeht, belastet bereits ihren Organismus. Im Hochsommer reicht dann der Schweiß alleine oft nicht mehr aus, um ein Pferd herunterzukühlen, selbst dann nicht, wenn die Produktion, gesteuert vom zentralen Nervensystem, auf Hochtouren läuft und bis zu 30 Liter Schweiß pro Stunde erzeugt werden.
Laut der kanadischen Studie können die Auswirkungen schwerwiegend sein. Steigt die Körpertemperatur eines Pferdes von den normalen 37-38 Grad auf bis zu 41 Grad, können die Temperaturen in den arbeitenden Muskeln bis zu 43 Grad erreichen, eine Temperatur bei der Proteine in den Muskeln laut Studie zu denaturieren beginnen. Pferde die unter Hitzestress leiden, können an Hypotonie, Koliken oder sogar Nierenversagen leiden. Die Forschung der Universität von Guelph zeigt, dass bei einer Luftfeuchte von 75 Prozent, Pferde ihren Körper nur bis zu einer Außentemperatur von 20 Grad ausreichend kühlen können. Bei trockner Hitze, beispielsweise 50 Prozent Luftfeuchte, können die Tiere auch bis 30 Grad gut mit den Klimaverhältnissen umgehen. Danach überhitzen die Tiere. Die Pferde versuchen sich dann durch verstärktes Atmen weiter herunterzukühlen, die Atemfrequenz liegt dann oft höher als die Herzfrequenz, was den Körper in eine Extrembelastung versetzt.
Diese Forschungsergebnisse stammen aber aus dem Jahr 2010 und nehmen zudem keinen Bezug auf die Studie der VetMed Wien aus dem Jahr 2008.
Die Studie der Vetmed Wien aus dem Jahr 2008 kommt zum Schluss, dass die im Rahmen der Studie erhobenen klimatischen Bedingungen einem damals typischen Wiener Sommer entsprachen und überforderten die untersuchten Fiakerpferde in ihrem physiologischen Anpassungsvermögen nicht. Hitzestress, in Form einer Überforderung des thermoregulatorischen Systems im Pferd, wurde in keiner der annähernd 400 Messungen an den Tieren festgestellt.
Die aktuelle Diskussion um das Verbot von Fiakerpferden bezieht sich von den verschiedensten Seiten unter anderem auf die genannten Studien aus den Jahren 2008 und 2012. Die nicht nur widersprüchlich sondern angesichts der Entwicklung des Klimas überholt sind. Seit Erstellung der beiden Studien sind mehr als 12 Jahre vergangen. 12 Jahre, in denen sich die klimatischen Bedingungen für die Pferde in Österreich gänzlich anders gestalten als damals. Selbst wenn sich der Tierschutzminister gemäß dem VfGH Urteil aus dem Jahr 2017 ( G347/2016) nicht als zuständig für die Regelung der klimatischen Bedingungen sieht, sondern die Kompetenz bei den Bundesländern sieht, so ist es seine Aufgabe für eine evidenzbasierte Entscheidungsgrundlage bezüglich geeigneter Maßnahmen für den tierschutzfreundlichen Einsatz von Arbeits- insbesondere Fiakerpferden zu sorgen und daraus ggf. Handlungsempfehlungen abzuleiten. Statt eines generellen Verbotes des Einsatzes von Fiakerpferden wären etwa die Auslagerung in gekühlte Unterkünfte und Ställe außerhalb der Innenstadt als Standorte mit voriger Buchung und dann Abholung der TouristInnen oder einem Shuttle zu den auslagerten Standorten denkbar. Dazu bedarf es jedoch aktueller Daten und Studien, die die momentanen klimatischen Bedingungen berücksichtigen und die Wirksamkeit derartiger Maßnahmen untersuchen.
• https://news.uoguelph.ca/2010/06/when-the-rider-is-hot-the-horse-is-hotter/
• https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/klimawandel-bringt-hund-und-pferd-an-ihre-hitzegrenze,SeesfcE
• https://www.vetmeduni.ac.at/fileadmin/news_import/Fiakerstudie_Endbericht.pdf
• https://www.ris.bka.gv.at/VfghEntscheidung.wxe?Abfrage=Vfgh&Dokumentnummer=JFT_20170926_16G00347_00&IncludeSelf=False
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, eine Studie in Auftrag zu geben, welche die physiologischen Folgen des Einsatzes von Arbeits-, und insbesondere Fiakerpferden unter klimatisch herausfordernden Bedingungen auf die Tiergesundheit erforscht und geeignete evidenzbasierte Maßnahmen für den zukünftigen Einsatz empfiehlt, um ggf. Handlungsempfehlungen abzuleiten.“
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.
Zu einer Stellungnahme hat sich jetzt Herr Bundesminister Johannes Rauch zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.