17.36

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ganz verschämt und inmitten einer Sondersitzung, die von der Bundesregierung selbst einberufen wurde, versteckt verkündeten Gesundheitsminister Rauch und Klub­obmann Wöginger in einer Pressekonferenz das Aus für die gesetzliche Impfpflicht. Zu Recht verschämt und versteckt, denn dieses Gesetz bildete den infamen und unglück­seligen Höhepunkt der Coronapolitik der Bundesregierung, leider aber nicht nur von ÖVP und Grünen, sondern mitgetragen auch von der SPÖ und großteils von den NEOS, auch wenn Gesundheitssprecher Kucher sich heute hier bemüht hat, sich nicht mehr an diese gesetzliche Impfpflicht zu erinnern, bei der er mitgestimmt hat, sondern über alles andere gesprochen hat – ich kann es gut verstehen.

Monatelang hat man zunächst durch verbale Entgleisungen den Boden aufbereitet. Man hat den Ungeimpften, diesem Teil der Bevölkerung, die Schuld gegeben: Nur weil sie so unsolidarisch seien, müsse es jetzt quasi zu dieser Impfpflicht kommen. Ein gewisser Herr Schallenberg hat schon einem Teil der Bevölkerung ungemütliche Weihnachten gewünscht, ihn in einen Dauerlockdown geschickt. Frau Edtstadler hat gemeint, Zugang zum öffentlichen Leben nur für Geimpfte werde der Alltag werden, Reisefreiheit gibt es nicht mehr, Kündigung für Ungeimpfte am Arbeitsplatz ist möglich, und das Wohnen ist ab Geltung der Impfpflicht für die Ungeimpften sowieso rechtswidrig.

Auch die Grünen sind diesen verbalen Entgleisungen und Exzessen in nichts nachge­standen, waren bei der Bevölkerungsbeschimpfung mit dabei. Hunderttausende Stel­lung­nah­men in den Gesetzesbegutachtungen, die Versammlungen, die Petitionen, die vielen, großen Ängste eines großen Teils der Bevölkerung wurden einfach übergangen, Kinder, Jugendliche, Arbeitnehmer bedrängt, dass sie die Impfung vornehmen, ob sie es wollten oder nicht, aus rationalen oder irrationalen Gründen – es war alles egal.

Es hat geheißen, man möge den Politikern der Bundesregierung und den Medien einfach glauben, zum Beispiel so einem Herrn (einen Ausdruck eines Medienberichts mit einem Foto des Abg. Wöginger in die Höhe haltend), der im Jänner dieses Jahres noch ein eifriger Befürworter der Impfpflicht war. Klubobmann Wöginger hat gemeint, trotz zahl­reicher Bedenken bleibe man beim Fahrplan. Alle, die sich dagegenstellen, wollten nur politisches Kleingeld machen. Die Stellungnahmen seien zwar ganz nett, man werde sie wenn notwendig auch einfließen lassen – hat man aber nicht getan. Die Impfpflicht sei auch bei Omikron notwendig.

Nicht einmal ein halbes Jahr später sieht es ganz anders aus. Es wurde ihm damals aber auch von Bundeskanzler Nehammer assistiert, auch von Klubobfrau Maurer, von Mückstein, in zahlreichen Interviews: Ab Mitte März muss gestraft werden, die Polizei muss kon­trollieren, da gibt es keine Zweifel!

Nun im Juni die Pressekonferenz: Das Ganze ist wieder vorbei. Die Herren Rauch und auch wiederum Klubobmann Wöginger verkünden das Aus. Man entdeckt plötzlich, dass die Situation mit der Omikronvariante nicht mehr so gefährlich ist, es ist nicht mehr verhältnismäßig.

Nur, zu der Argumentation, die man immer zu hören bekommt, im Herbst bei Delta sei es noch verhältnismäßig und daher verfassungskonform gewesen, im Frühjahr dann nicht mehr verhältnismäßig: Tut mir leid, so kurzfristig sind unsere Grundrechte und unsere Verfassung nicht angelegt. Man weiß, dass ein Virus mutiert, das wissen auch Nichtmediziner, und bei so einer Unsicherheit, die auch heute von verschiedenen Ver­tretern der Regierungsparteien hier geäußert worden ist, und bei bloßen Annahmen und Berechnungen darf man eben keine so schweren Grundrechtseingriffe verhängen.

Wöginger und Rauch sind auch draufgekommen, dass jetzt selbst die impfwilligen Per­sonen plötzlich eine negative Einstellung zum Impfen haben. Es kommt zu gesellschaft­lichen Verwerfungen – nein, so was? –, zu tiefen Gräben, und das Impfpflichtgesetz hat das Klima so vergiftet. Man will jetzt Brücken bauen. Es sei einfach nur mehr um die Frage gegangen: Bist du schon geimpft oder nicht geimpft? – Das sagt Klubobmann Wöginger, nachdem er monatelang eigentlich nichts anderes thematisiert hat.

Gesundheitsminister Rauch meinte, man muss jetzt auf Freiwilligkeit setzen. Bitte blei­ben Sie auf diesem Pfad! Bieten Sie sachliche Information, Empfehlungen, Aufarbeitung der Coronamaßnahmen: Was hat etwas gebracht?, sofern das überhaupt bei einer Maßnahme der Fall war. Evaluieren Sie den Erfolg, arbeiten Sie die Nebenwirkungen auf, und fallen Sie aus dem Katastrophenmodus endgültig heraus!

Und noch zum Abschluss: Vielen Dank an die unzähligen Personen, die aus unter­schiedlichsten Gründen, aus unterschiedlichsten Lagern, ob geimpft oder nicht geimpft, sich nicht an der Spaltung, an der Beschimpfung eines Teils der Bevölkerung beteiligt haben, die sich nicht beirren ließen, auf ihren Grundrechten beharrt haben, unsere Ver­fassung beschützt haben! Das gilt für die Teilnehmer an den Versammlungen, für die, die unbeirrt Petitionen unterschrieben haben, Stellungnahmen abgegeben haben und auch Volksbegehren trotz des großen Aufwandes ins Leben gerufen haben, wie das zuletzt sehr erfolgreiche Volksbegehren der Rechtsanwälte Höllwarth und Scheer, die auch darauf hingewiesen haben, dass es nicht nur um das gesetzliche Aus für die Impf­pflicht geht, sondern auch darum, dass es zu keiner Diskriminierung von ungeimpften Personen mehr kommen darf. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

17.42

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. – Bitte.