15.36
Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Initiatoren und Initiatorinnen des Jugendvolksbegehrens! Als ich überlegt habe, was ich heute sage, ist mir eine Situation mit einer Freundin eingefallen, in der ich sie gefragt habe: Was würdest du, wenn du könntest, zu deinem jüngeren Ich sagen? Sie hat kurz überlegt und dann kurz und knapp geantwortet: Danke fürs Durchhalten!
Ich finde, dieser eine kurze Satz beschreibt die Situation von vielen jungen Menschen ziemlich gut. Die Situation betreffend psychische Erkrankungen von Jugendlichen und Kindern ist in Österreich wesentlich schlechter geworden. Corona, Ukraine, die Teuerung und die Klimakrise: Das geht nicht einfach so an uns vorbei, und ich bin daher sehr dankbar, dass diese Initiative direkt von jungen Menschen gestartet wurde und sie breit mitgetragen wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Es braucht diese Aufmerksamkeit, weil wir zum Teil immer noch nicht verstanden haben, dass das Leben mit einer psychischen Erkrankung sehr viel Stärke bedarf, was in unserer Gesellschaft leider immer noch mit Schwäche verwechselt wird. Ich hoffe auch, dass wir das Volksbegehren einmal mehr als Chance verstehen, dass wir das Schweigen brechen und dieses Thema endlich enttabuisieren, denn nicht darüber zu sprechen macht es bekanntlich nicht einfacher und hilft weder den Betroffenen noch den Angehörigen oder uns als Gesellschaft. Daher gefällt mir auch die Vision des Volksbegehrens sehr gut, aus der ich kurz zitieren möchte: „Die psychische Gesundheit darf nichts sein, was wir klein reden oder wofür wir uns schämen. Darüber sprechen, wie über Kopfweh. Betroffenen helfen, wie nach einem Sturz.“
Sätze wie: Das wird schon wieder!, Alles halb so wild!, oder: Da muss man sich halt ein bisschen zusammenreißen!, sind vermeintlich gut gemeint, aber helfen absolut nicht. Wir alle sind gefordert, psychische Probleme nicht länger kleinzureden, wir alle sind gefordert, ohne Scheuklappen über das Thema zu sprechen, es zu enttabuisieren, und wir, liebe Kollegen und Kolleginnen, sind politisch gefordert, Strukturen zu schaffen, dass jede und jeder die Unterstützung bekommt, die er oder sie braucht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch: ... erwachsen werden!)
Wir wissen, dass in diesem Bereich leider zu lange zu viel verschlafen worden ist, und wir sind nun dabei, schnell, aber auch langfristig strukturell das kränkelnde, unterfinanzierte System auf sichere Beine zu stellen, was leider auch Zeit braucht. Was uns aber gelungen ist – und darüber bin ich schon sehr froh –, ist die Aufstockung der Mittel für Sozialarbeiter und Schulpsychologen und -psychologinnen, die Aufstockung von Rat auf Draht, die Aufstockung von Therapieplätzen und die Installierung des Projekts Gesund aus der Krise, bei dem sich wirklich jeder und jede niederschwellig, unkompliziert und kostenlos Unterstützung holen kann.
Der Zwischenbericht vom Juni zeigt schon eines ganz deutlich: dass das Projekt gut angenommen wird. Wir haben 95 Anrufe täglich, die bei der Hotline eingehen. Wir haben 3 000 Behandlungsplätze vermittelt und 60 Gruppenbehandlungen konnten geschaffen werden. Das zeigt, dass das Angebot angenommen wird. Es braucht dieses Angebot und wir werden da ganz sicher dran bleiben und dieses Angebot ausbauen. (Beifall bei den Grünen.)
Zum Schluss noch kurz – weil wir bei demokratischen Instrumenten zur Mitbestimmung wie dem Volksbegehren sind –: Am Sonntag sind Landtagswahlen in Tirol, und ich bitte darum, dass Sie dieses demokratische Mittel der Wahl, das wir historisch hart erkämpft haben, in Anspruch nehmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
15.40
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte.