19.42

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Sehr geehrte Frau Rechnungs­hofpräsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Jetzt stellen wir uns einmal vor, das hier wäre ein Wirtshaus in Vollbesetzung: 183 Gäste, die es sich gut gehen lassen, es ist auch ordentlich laut, und 37 dieser Gäste sind total unzufrieden und beschweren sich beim Wirt oder bei der Wirtin. Das sind 20 Prozent. Würden Sie als Wirt oder Wirtin die Beschwerden von 20 Prozent der Menschen als Gütesiegel betrachten? – Ich glaube, wahrscheinlich nicht. Wären Sie der Meinung, alles richtig gemacht zu haben, so wie das die ÖVP gerade am Anfang der Pandemie ganz oft gesagt hat?

20 Prozent der Antragstellerinnen und Antragsteller, das sind 50 000 Menschen, haben sich in den ersten Tagen der Auszahlung des Härtefallfonds bei diversen Beschwerdestellen bei der Wirtschaftskammer und beim Finanzamt gemeldet.

Der Härtefallfonds war diese „Koste es, was es wolle“-Konstruktion, die vor allem Einpersonenunternehmen hätte helfen sollen – Konjunktiv –, nämlich rasch und unkompliziert. Ja, unkompliziert ist es leider nicht gelaufen, wie wir jetzt auch dem Rechnungshofbericht entnehmen können. Der Bericht zählt nicht nur diverse Beschwerden auf, er zitiert auch eine Studie der Universität Wien, in deren Rahmen die EPUs zum Härtefallfonds befragt wurden. Zwei Drittel der befragten Unternehmerinnen und Unternehmer haben dem Konstrukt die Note Nicht genügend gegeben. Und das ist nicht alles: Im Durchschnitt haben die Unternehmerinnen und Unternehmer 10 Stunden gebraucht, um den Härtefall­fonds überhaupt zu verstehen – 10 Stunden, die sie nicht arbeiten konnten, in einer Zeit, in der es um alles gegangen ist.

An dieser Stelle möchte ich auch eine Bürgerin nennen. Es ist Sonja Lauterbach gewesen, die selbst ein EPU betreibt. Sie hat eine Facebook-Gruppe aus dem Boden gestampft und einfach den ganzen Laden für die verzweifelten EPUs geschupft. Sie hat unentwegt erklärt, informiert und eingeordnet – sie hat eigentlich als Bürgerin den Job der Regierung gemacht.

Jetzt hat man im Finanzministerium und in der Wirtschaftskammer auch die Kritik gehört. Man hat auch einiges am Härtefallfonds verändert. Das Ergebnis war dann, dass 30 Prozent der wiederum Befragten gesagt haben: Ja, es hat sich deutlich etwas verbessert! – Leider haben aber auch 40 Prozent der Befragten gesagt: Nein, es ist viel schlechter geworden! – Also ein ganz klares Beispiel von: an der Zielgruppe vorbei verwaltet.

Statt wirklich sinnvolle Maßnahmen zu konzipieren, ist einmal mehr zur Gießkanne gegriffen worden. Es wurden immer mehr und immer kompliziertere Konstrukte geschaffen; davon ist ja auch in den letzten Wochen einiges ans Licht gekommen.

Man muss aber auch Positives erwähnen. Laut Rechnungshofbericht ist nicht alles schlecht. Der Bericht hebt ausdrücklich hervor, dass auch über Beschwer­den und Kritik Buch geführt wurde; leider – und da sind wir auch schon wieder am Ende des Lobes – wurde außer Statistik nichts gemacht. Es gab keine Auseinandersetzung mit den Kritikpunkten. Es gab kein Lessons learned. Es gab keine Evaluierung, was man denn besser machen könnte.

Wir von den NEOS haben wirklich schon sehr lang und sehr oft auf viele fehlende Konstrukte, falsche Konstrukte hingewiesen, und da müssen wir die Cofag noch gar nicht erwähnen. Wenn Sie uns schon nicht zuhören, dann vielleicht einfach den Rechnungshofbericht lesen und dem folgen! Ich kann Ihnen diesen Bericht einfach nur ans Herz legen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

19.46

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun die Präsidentin des Rechnungshofes Frau Dr.in Margit Kraker. – Bitte, Frau Präsidentin.