18.03

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Diskussion über die Wirkung der EU-Sanktionen in Russland und/oder eben bei uns möchte ich folgende Tatsachen vorausschicken, die wir gesichert aus der Geschichte der Sanktionen wissen: Sanktionen treffen im­mer die Bevölkerung und nicht die Herrscher und Despoten und ihre Entourage. Das wissen wir aus dem Iran, aus Venezuela, aus Kuba oder aus dem Irak (Vizekanzler Kogler: Die Rüstungsindustrie ist gleich die Bevölkerung, okay!), die zum Teil jahrzehntelang mit Sanktionen belegt waren. Das heißt: Trifft das zu, was Sie alle hier behaupten, dass Russland gerade wirtschaftlich in den Abgrund fährt, dann trifft das die Bevölkerung.

Ich stehe dazu, dass ich mir das, im Gegensatz zu Klubobfrau Maurer, die sich ein dauerhaftes Siechtum für ganz Russland wünscht, für die einfache russische Bevölkerung nicht wünsche. (Beifall bei der FPÖ.) Das sind 140, 150 Millionen Men­schen, die sich sicher zum Großteil den Krieg nicht wünschen, die sich Frieden wünschen. Ich wünsche mir keine Verarmung, das kann ja auch für die Si­cherheitssituation und für den Wohlstand in Europa nicht gut sein – so weit denken Sie nicht. Es trifft in Russland also wenn, dann die Bevölkerung und nicht Putin und seine Klasse, die zunehmende Proteste unterdrücken wird. – So viel zu den Sanktionen. Das wissen wir, dennoch beschreiten Sie diesen aus­sichtslosen Weg. Sie sprechen zu Recht nur mehr von den EU-Sanktionen, nicht mehr von den westlichen Sanktionen oder den Sanktionen der ganzen Welt, wie es am Anfang geheißen hat.

Die USA haben diese Sanktionen der EU zwar diktiert, aber die USA haben in der Geschichte noch nie Sanktionen verhängt, die ihnen selbst geschadet haben, denn sie haben noch ein gesundes nationales Interesse. Den USA schaden auch diese Sanktionen nicht, sie sind natürlich Profiteur. Die EU und insbesondere Deutschland und Österreich treffen diese Sanktionen am härtesten, und Sie haben bis jetzt noch nicht erklärt, warum wir da dabei sind. Es geht bei den Sanktionen nie um Moral, es geht immer um Geld.

Nun, Frau Verfassungsministerin Edtstadler betreibt seit gestern eine Charme­offensive. Sie sitzt in der „Pressestunde“ und auch heute hier flötet sie: Die Beibehaltung der EU-Sanktionen gegen Russland ist alternativlos! (Vizekanzler Kogler: Eh!) Sie wirken da, wo sie wirken müssen, nämlich in Russland. Und wer sagt, dass die Sanktionen uns mehr schaden als Russland, der bedient das russische Narrativ. – Ich fürchte, ich muss mich jetzt auf dieses dünne Eis begeben, obwohl ich keine Putin-Versteherin bin. Ich maße mir nicht an, dass ich einen Mann verstehe, der in den Hinterhöfen von Leningrad aufgewachsen und im KGB großgeworden ist. Ich maße mir auch nicht an – so wie Sie –, dass ich einen Schauspielerpräsidenten in der Ukraine verstehe. Ich verstehe auch US-Präsident Biden nicht, der als Vizepräsident in der Obama-Regierung für die Ukraine zuständig war, dessen Sohn dort sehr umtriebig war. Ich bin der Meinung, dass wir alle von allen drei Herren einen angemessenen Abstand hal­ten und uns als Österreich neutral verhalten sollten. (Beifall bei der FPÖ.)

Da es von Ihnen beiden, den Regierungsvertretern, hieß: Es ist gesichert, dass die Sanktionen Russland mehr schaden als uns!, machte ich mich auf die Su­che nach Österreichern, die in Russland leben. Es gibt genug, die uns nicht nahe­stehen, die auch hin- und her- - (Abg. Brandstätter: Trollfabrik!) – Ja, jetzt kommt gleich: Trollfabrik! – Ich habe mit einem direkt gesprochen, ich habe es recherchiert und gecheckt. Ich sage Ihnen nur, dass es mit Stand Anfang Oktober in Russland, im Ballungsraum Moskau, so aussieht: Es gibt keine Teuerungs­debatte, weil es keine Teuerung gibt, die Lebensmittelpreise sind nicht gestiegen und es gibt auch alles. Sonstige Waren – interessanterweise auch internationale Waren, die unter die Sanktionen fallen – gibt es in Hülle und Fülle. Das sind wahrscheinlich noch Restbestände, weil Sanktionen ja nie umgangen werden – das lernen wir ja auch aus der Geschichte. Es gibt keine Inflationsdebatte, weil es keine Inflation gibt. Es gibt Strom, Gas, Benzin, Diesel im Überfluss – gut, das wissen wir, dass Russland rohstoffreich ist. Der Strom für den Haushalt kos­tet 10 Cent pro Kilowattstunde, für die Industrie 6 Cent pro Kilowattstun­de, damit die Industrie und die Wirtschaft am Leben gehalten werden. Wenn ich mich recht erinnere, gilt in Wien ab 1.10. ein Kilowattpreis von 40 Cent. – So viel dazu. (Zwischenruf des Abg. Schwarz.)

Bisher war es für die Ausländer, die in Moskau gearbeitet haben, besser, in Euro bezahlt zu werden, jetzt ziehen sie es vor, in Rubel bezahlt zu werden. Warum wohl? Moskau und Russland profitieren auch sehr davon, dass sie die letzten zwei Jahre praktisch keine Coronamaßnahmen gesetzt, keinen Tag Lockdown gehabt haben, da hat sich die Wirtschaft sehr erholt. – So sieht es aus. Das sind gesicherte Aussagen von Menschen, die jetzt in Moskau leben.

Da frage ich mich: Sie bleiben bei Ihrer Aussage, dass die Sanktionen in Russland mehr wirken als bei uns, was haben wir aber hier? – Hier haben wir Teuerungs­debatte, Inflationsdebatten, Wirtschaftseinbruch, Rezession – sogar Sie spre­chen davon –, die kritischste Situation seit 1945. Bundeskanzler Nehammer hat gesagt, das sei eine rote Linie bei den Sanktionen: Wenn sie uns oder der EU mehr schaden als Russland, muss man sofort den Schlussstrich ziehen. – Wenn er paktfähig wäre, müsste er das machen. Es ist nicht nur eine rote Linie, sondern es ist ein roter Teppich, der überall liegt und unübersehbar ist.

Nun, das Wording geht darum auch schon in die Richtung, dass die Sanktionen in Russland langfristig wirken. Schauen wir, was sie bei uns noch bewirken!

Die gelindeste Option bei uns: Es werden nur ein paar Betriebe insolvent, es gibt da und dort ein bisschen Wohlstandsverlust – wir wissen, dass die Grünen da­mit kein Problem haben –, ein Teil der Industrie wird ein bisschen abschalten – wird schon alles wieder. Die Fallhöhe ist für Deutschland und Österreich auf jeden Fall am allergrößten.

Wir leiden und es wird die ganze Zeit von Haltung gesprochen. Die Grünen sind so moralisch: Haltung kostet!, hat der Vizekanzler gesagt, Haltung statt Feigheit! – Nur eine Frage: Wie war das damals, vor ungefähr 30 Jahren, mit dem Wehr­dienst – wenn ich so unhöflich sein darf, Ihr Alter zu schätzen –, haben Sie da auch Haltung gezeigt und sich vielleicht gedacht: Na, ich mache schon Wehr­dienst, damit ich einmal meine Heimat verteidigen kann!? – Nein, da war man dann doch lieber Zivi, gell? Im Sommergespräch aber sagen Sie (Abg. Wögin­ger: Was soll das sein? Das ist der Wehrersatzdienst! Was heißt das?): Nein, jetzt wür­den Sie für die Ukraine auch zu den Waffen greifen. Ist eh klar: Die Heimat ver­teidigen, nein, die Ukraine schon! (Beifall bei der FPÖ.)

Nur: Niemand von Ihnen riskiert sein Leben am Schlachtfeld in der Ukraine (Abg. Wöginger: Also was soll denn das?!), obwohl Sie immer sagen, Sie stehen so unerschütterlich an der Seite der Ukraine. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger: Na geh, da hört es sich auf! So eine Sauerei!)

18.10

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Scherak. (Abg. Stefan: Wir sind nämlich dann die Soldaten, und nicht die! – Ruf: Wer? – Zwischenruf des Abg. Hafenecker. – Der Präsident gibt das Glockenzeichen. – Abg. Stefan: Die hetzen ... unsere Kinder! Meine Kinder gehen zum Heer! – Zwischen­ruf des Abg. Strasser. – Ruf bei den Grünen: Hallo! – Abg. Wöginger: ... überhaupt kein Verständnis!)