14.51

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe mir erlaubt, noch einen Blick in das Regierungsprogramm 2020 bis 2024 zu machen und das Kapitel „Armutsbekämpfung“ aufzuschlagen. Ich darf daraus einen Satz zitieren, der da lautet: „Österreich zeichnet sich durch ein Sozialsystem aus, auf das sich die Menschen in der Vergangenheit verlassen konnten“. – Ja, das sage ich hier stolz als Sozialdemokratin: In der Vergangenheit konnten sich die Menschen auf dieses Sozialsystem verlassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Was ich gar nicht nachvollziehen und verstehen kann, ist: Wenn wir hier her­außen stehen und kritisieren und knackige Redebeiträge abgeben, dann passt es nicht. Wenn die Abgeordneten der ÖVP herauskommen und über die Vergan­genheit reden, hat man immer das Gefühl, sie waren nie dabei. Und wenn die Grünen herauskommen und über die Vergangenheit reden, sagen sie: Ihr Sozialdemokraten habt eine Alleinregierung gehabt, hättet ihr es doch ge­macht! – Habt ihr von den Grünen irgendeine Vorstellung, was Kompromisse in einer Koalition bedeuten? (Lebhafte Heiterkeit und Ja-Rufe bei den Grünen.) Ja, ihr Grünen habt ein paar Brosamen bekommen, genau, aber durchgesetzt habt ihr euch in vielen, vielen Bereichen nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Daher: Ja, eine Koalition ist auch dazu da, Kompromisse zu schließen, keine Frage, aber schauen wir uns die Themen, die wir jetzt behandeln, an! Ich glaube, der Sozialausschuss ist der Ausschuss, der fast am häufigsten tagt; der Gesund­heitsausschuss tagt auch sehr oft. Im Sozialausschuss handeln wir wirklich viele Themen ab, wo wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten das Gefühl haben, nämlich schon sehr lange, bevor der Krieg in der Ukraine begann, am Beginn der Pandemie, dass wir in eine Armutsfalle schlittern könnten. Nicht wir hier im Hohen Haus  das zeigt auch die Abschaffung der kalten Progression, dass wir hier nicht betroffen sind, sehr viele Menschen draußen aber zu wenig von der Abschaffung dieser kalten Progression haben. Das müssen Sie auch zur Kenntnis nehmen.

Wenn wir heute die Valorisierung von Sozial- und Familienleistungen beschließen – da sind wir dabei, das ist keine Frage –, dann haben wir, glaube ich, nicht einmal darauf hingewiesen, dass das relativ sehr spät ist (Abg. Steinacker: „Relativ sehr spät“ ist was?) und dass es, wenn es ab nächstem Jahr wirkt, für viele Menschen, die wenig haben, ganz schwierig ist, weil sie jetzt noch einen Winter vor sich haben, von dem sie nicht sicher sagen können, wie sie durch diesen Winter kommen werden. Ihr in euren warmen Häusern, in den warmen Wohnungen, in den Zweitwohnsitzen, die ihr vielleicht besitzt, könnt euch das natürlich nicht vorstellen. Alleinerziehende, Einelternhaushalte jedoch haben schon zu Schulbeginn große Probleme gehabt, und wenn jetzt die Schülerbeihilfe nach­träglich erhöht wird, ist das gut, aber es ist auch viel zu spät. Auch das müssen Sie, glaube ich, zur Kenntnis nehmen. Das heißt, diese soziale Krise, in der wir uns schon mittendrin befinden, wird sich durch einen kalten Winter noch weiter verschärfen.

Jedes vierte Kind in diesem Land ist mittlerweile von Armut betroffen, und es ist nichts passiert in puncto Trennungen, Scheidungen, in puncto Unterhalts­garantie. Es ist nichts passiert, dass die Sozialleistungen rechtzeitig angehoben wurden. Es ist nichts passiert, dass die Einmalzahlung – das wird dann der nächste Punkt sein – auf die Sozialleistung nicht angerechnet wird. All diese Dinge wurden von der Bundesregierung eigentlich versäumt, und wenn ihr als Koalition uns das als Zugewinn für die Menschen verkaufen wollt, dann werden die, die heute zusehen, nicht nur eines Besseren belehrt sein, sondern euch in Zukunft nicht mehr vertrauen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.55

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte, Frau Abgeordnete.