15.59

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, dass ich kurz auf die zahlreichen Reden rund um die Budgetdebatte eingehe. (Abg. Belakowitsch: Es hat keine Budgetdebatte gegeben, Herr Kollege!) Was ich heute erlebt habe – das betrifft vor allem die Redebeiträge der Grünen –, habe ich persönlich in dieser Form in diesem Hohen Haus noch nie erlebt. Ich habe mir am Anfang gedacht, dass es vorgefertigte Reden sind, dass Sigrid Maurer und August Wöginger gemeinsam ein Wording zum Budget ausgegeben haben – was an und für sich ja vielleicht normal wäre, denn es ist verständlich, dass ÖVP und Grüne ihr eigenes Budget loben wollen.

Je länger ich aber heute vor allem die Beiträge der Grünen dazu gehört habe, desto mehr bin ich zu der Überzeugung gelangt: Ihr glaubt ja wirklich, was ihr gesagt habt! Ihr glaubt ja wirklich, dass ihr gute Arbeit leistet (Abg. Schwarz: Jawohl!) und dass die Menschen für das, was ihr an Krisenmanagement rund um Corona und beim heutigen Budget aufgeführt habt, vielleicht noch dankbar sein müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Lebensrealität der Leute – ich habe mich jetzt an eine Pensionistenfeier in Klagenfurt im Sommer erinnert –: Wenn mir eine Pensionistin ganz offen sagt, dass sie sich inzwischen die Frage stellt, ob sie sich, mit der Teuerung konfron­tiert, Medikamente und Therapien noch leisten kann, und sagt, dass sie diese einsparen muss, weil sie mit dem Leben auch nicht mehr zurande kommt und sie das Geld nicht mehr hat und es sich hinten und vorne nicht mehr ausgeht, und die Grünen erzählen uns heute, wie wunderbar alles ist, dann zeigt das, dass ihr meilenweit von der Lebensrealität entfernt seid. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Und wenn Sebastian Kurz heute sein Buch präsentiert – die Hände zum Himmel, Gabriel Obernosterer ist schon wieder ganz begeistert, wenn er den Namen hört –: Das ist doch derselbe Fehler! Irgendwann glaubst du die Geschichten selber. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.) Sebastian Kurz hat uns mitten im Krisenmanagement, während Ärztinnen und Ärzte und das Pflegepersonal – auf die ihr im Budget leider auch vergessen habt – um das Leben von Patientinnen und Patienten gekämpft haben, erzählt, was er für ein Weltklassekrisenmana­ge­ment betreibt, wie super er ist und was das für eine tolle Bundesregierung ist. Dieselben Fehler macht ihr jetzt im Budget und bei der Teuerung genauso. Ihr erzählt den Menschen irgendwelche Gschichtln und irgendwann glaubt ihr sie selber. Das ist ganz gefährlich, wenn man die eigenen Geschichten irgendwann glaubt (Abg. Obernosterer schüttelt den Kopf und hält sich die Hand vor die Augen), Gabriel, das ist ganz, ganz gefährlich, denn das Krisenmanagement wird dadurch nicht besser. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.)

Es ist kein Zufall, dass wir bei der Coronakrise deutlich schlechter durch die Krise gekommen sind als andere Staaten, dass wir Milliarden Euro in Bereiche inves­tiert haben, Milliarden, die uns jetzt fehlen, 42 Milliarden Euro beim Fenster hinausgeworfen haben, ohne dass sie bei den Leuten angekommen sind. Heute erzählt man den Pensionistinnen und Pensionisten: Nein, das Geld für euch, für die Pension haben wir nicht! – Das ist doch eure Politik.

Wir werden nur dann aus der Krise herauskommen, wenn wir endlich aus den Fehlern lernen, egal ob im Coronakrisenmanagement, bei dem man den dritten Sommer hintereinander verschlafen hat. Ich kann mir selber nicht mehr zuhören, man glaubt es ja nicht! Sommer für Sommer geht man in den Sommerurlaub, kommt wieder her und verschläft den Sommer. (Beifall bei der SPÖ.) Ist das ein Krisenmanagement? Die Teststrategie wurde kaputt gemacht, wir fangen immer wieder von vorne an.

Herr Bundesminister für Gesundheit, wir hätten doch ganz, ganz andere Dinge, über die wir reden müssten: Zweiklassenmedizin. Wie geht es den Menschen in Österreich im ländlichen Raum? Haben wirklich alle gleich gute Leistungen? Passt die Versorgung? Da wäre doch so viel zu tun, aber nein, wir fangen immer wieder mit irgendwelchen Anträgen zu Corona an, wo nichts weitergeht.

Die einen sind dann die Grünen und die Schwarzen, die im Krisenmanagement nichts weiterbringen, die aus den Fehlern nichts lernen, und die anderen sind dann die Freiheitlichen mit ihren Geschichten. Die drucken aus dem Internet Zetteln aus, sind die Wunderwuzzis der Wissenschaft und glauben, dass sie etwas ganz Großem auf der Spur sind: Bitterstoffe, Wurmmittel, Krisenmana­ge­ment – einfach einen Topfen erzählen, der uns nicht weiterbringt! (Abg. Lausch: Ahnungslos! Du bist ahnungslos!)  Nein, das ist leider dasselbe Thema, das ist leider dasselbe Thema. So kommen wir aus dieser Krise nicht heraus. Eins und eins ist nicht drei, Herr Kollege, das könnt ihr uns im Coronakrisenmanagement hundertmal erzählen, das bringt uns nicht weiter.

Deswegen bitte ich wirklich: Machen wir nicht dauernd dieselben Fehler! (Beifall bei der SPÖ.) Die Menschen haben ganz, ganz andere Sorgen. Schauen wir, dass wir da etwas weiterbringen! Die Grünen sollten jetzt nicht auf Sebastian Kurz machen und sagen: Herr Bundesminister, so eine tolle Arbeit, die Sie leisten!, während die Menschen in der Lebensrealität sich nicht einmal mehr die Medika­mente leisten können. (Beifall bei der SPÖ.)

16.03

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schallmeiner. – Bitte.