9.33
Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrter Finanzminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen und insbesondere hier auf der Galerie! Ich muss jetzt leider doch auf die Rede von Frau Parteivorsitzender Rendi-Wagner eingehen, weil ich glaube, meinen Ohren nicht ganz trauen zu können; auch Kollege Loacker hat bereits große Zweifel an dieser Rede geäußert.
In den letzten zweieinhalb Jahren, Frau Rendi-Wagner, hören wir von Ihnen und Ihrer Fraktion in jeder einzelnen Rede: Alles ist nichts, alles ist zu wenig, die Regierung tut nichts (Abg. Rendi-Wagner: Es ist falsch!) – ah, jetzt ist es falsch, sonst ist es immer zu niedrig –, die Regierung gibt zu wenig Geld aus, die Pensionen sind zu wenig erhöht. – Jetzt kommt das Budget – und jetzt ist plötzlich alles zu viel! (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Liebe Sozialdemokratie, es wäre vielleicht gut, wenn ihr euch einmal entscheiden würdet, was jetzt genau die populistische Linie ist, die ihr verfolgen wollt. Beides gleichzeitig – es ist alles zu wenig und es ist alles zu viel –, das geht sich nicht aus. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Leider muss ich auch die inhaltlichen Punkte aus Ihrer Rede aufgreifen. Sie behaupten hier, dieses Budget habe keine ökologischen Auswirkungen, keine sozialen Auswirkungen und sei ein finanzpolitischer Scherbenhaufen. Liebe Frau Rendi-Wagner (Abg. Rendi-Wagner spricht mit den Abgeordneten Leichtfried und Stöger) – vielleicht würden Sie auch zuhören –, das, was die Sozialdemokratie hinterlassen hat, Ihre Regierungen, nachdem Sie in Regierungen vertreten waren, unter roter Kanzlerschaft, ist ein energiepolitischer Scherbenhaufen, den wir jetzt zusammenräumen – unter anderem mit diesem Budget. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Unter diesem Motto steht dieses Budget auch insgesamt. Sie kennen es vielleicht aus der eigenen Wohnung: Der Vormieter hat lange nichts gemacht, die Schublade klemmt, die Tür quietscht, es zieht irgendwo rein, man müsste selber Hand anlegen, man müsste sich dazu aufraffen, sich einmal darum zu kümmern, das ordentlich zu reparieren, aber man nimmt sich nicht die Zeit dazu oder es gibt sonst irgendwelche Ausreden, die man hat. – Warum diese Metapher? – Die Wohnung, von der ich hier gesprochen habe, ist unser Land. Wir haben in der Vergangenheit viel zu viele Regierungen gehabt, SPÖ-geführte Regierungen, die ganz notwendige Reparaturen nicht gemacht haben, ganz notwendige Investitionen nicht gemacht haben. Sie wurden oft angekündigt, aber sie wurden nie umgesetzt. (Beifall bei den Grünen.)
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine, die aktuelle Energiekrise und ihre Folgen wirken da wie ein Brennglas: Man sieht genau, was früher unter den Teppich gekehrt worden ist und wo man mit einem schnellen Provisorium ins nächste Jahr gekommen ist, aber eben keine nachhaltigen Lösungen gemacht wurden – bis jetzt, denn wir ändern das jetzt, wir machen das jetzt! Wir krempeln die Ärmel hoch und greifen in die Maschine hinein, so dass es quietscht. Wir kitten nicht ein paar Löcher, wir reparieren ordentlich und umfangreich. (Beifall bei den Grünen.)
Und wir bauen um, und zwar unter dem Motto: Was gerichtet gehört, was repariert gehört, wird auch repariert. Unsere Schwerpunkte sind dabei klar: Energieunabhängigkeit, Abfederung der Teuerung, Sicherheit. Dass sich Österreich jahrelang von Gas und Öl aus despotischen Regimen abhängig gemacht hat und die österreichische Bevölkerung und Wirtschaft jetzt unter Putins Erpressungen, knapper Energie und hohen Preisen leiden, das gehört repariert. Dass die Preise jährlich steigen, die Sozialleistungen aber nicht, das gehört repariert, liebe Sozialdemokratie. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Dass die kalte Progression Teile der Gehaltserhöhung auffrisst, das gehört repariert. Und vor allem bei den letzten beiden Punkten gilt: Jahrzehntelang ist es von Bundesregierungen und Parteien versprochen worden – wir machen es jetzt!
Es hat immer geheißen: Wir schaffen die kalte Progression ab. Und bevor die SPÖ jetzt wieder vergisst (Zwischenruf der Abg. Rendi-Wagner) – nein, die SPÖ war nie dafür –: Ich habe jetzt gerade eine Presseaussendung gelesen, ich glaube von vorgestern, nach der sich SPÖ Wien und NEOS darin einig seien, dass die kalte Progression abgeschafft werden muss. (Abg. Leichtfried: Ja eh, ihr braucht nur unserem Antrag zustimmen!) Es gab Verhandlungen 2016, ich glaube, da waren Sie Teil der Bundesregierung, Frau Rendi-Wagner. 2016 gab es Verhandlungen zur Abschaffung der kalten Progression – gelungen ist es Ihnen nicht. (Abg. Rendi-Wagner: Hat anders ausgeschaut, Frau Kollegin Maurer! Anderer Antrag!) Diese Punkte sind versprochen worden, insbesondere die Valorisierung der Sozialleistungen. Rote Kanzler haben diese Regierungen geführt, und gemacht haben Sie es nicht. Wir machen es jetzt! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Wir alle hier wissen, dass vergangene Bundesregierungen, insbesondere auch sozialdemokratisch geführte, die Klimakrise schlichtweg verschlafen haben. Es wurde nichts getan. Die Abhängigkeit von Putin wurde weiter verschärft, anstatt etwas für den Klimaschutz zu tun – bis Kinder und Jugendliche auf die Straße gegangen sind. Fridays for Future: Vielen Dank an dieser Stelle an die Jugendbewegung, wir lassen sie nicht allein. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch: Chaoten, ja! Die sollen in die Schule gehen und etwas lernen!)
Wir investieren in eine grüne Transformation. 5,7 Milliarden Euro stellen wir für die österreichische Industrie bereit. Wir tauschen dreckige Öl- und Gaskessel aus und fördern die Mobilitätswende. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Wir bauen unser Land nicht nur in Sachen Klimaschutz um, sondern wir stehen auch zu unserem Versprechen betreffend saubere Politik. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das Justizbudget wird weiter erhöht, der Rechnungshof erhält 5 Millionen Euro mehr – auch im Zusammenhang mit dem Parteiengesetz, da der Rechnungshof nämlich dank grüner Regierungsbeteiligung jetzt endlich in die Parteikassen hineinschauen kann. (Beifall bei den Grünen.)
Besonders am Herzen liegt mir auch die Pflegereform in diesem Budget: 1,7 Milliarden Euro. Wir haben in den letzten beiden Jahren schmerzlich gesehen, welch unglaublich großer Belastung Pflegerinnen und Pfleger in diesem Land ausgesetzt sind. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Wir haben ihnen gedankt, wir haben geklatscht, aber das reicht natürlich nicht, denn Klatschen zahlt keine Miete.
In diesem Budget ist über eine halbe Milliarde Euro für höhere Gehälter für die Pflegenden in diesem Land vorgesehen. Das freut mich besonders, denn wir wissen auch, dass Pflegende vorwiegend Frauen sind, und gerade aus diesem Grund ist es auch besonders wichtig, die Pflegerinnen und Pfleger besser zu bezahlen und mit einer riesigen Pflegereform in diesem Budget zu unterstützen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Auch das Kunst- und Kulturbudget steigt. Man kann an diesem Punkt auch sagen, wir erhöhen die Militärausgaben, aber auch die Ausgaben für den kulturellen Bereich. Auch das ist ein Beitrag zur Sicherheit im Land, zur geistigen Sicherheit im Land, nämlich das Kulturbudget zu steigern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Sehr geehrte Damen und Herren, wir reparieren mit diesem Budget Dinge, die über Jahrzehnte nicht gemacht wurden: Abschaffung der kalten Progression, Valorisierung von Sozialleistungen, Pflegereformen, die jahrzehntelang versprochen und nicht gemacht wurden. Wir krempeln die Ärmel auf und greifen hin. Wir sorgen damit für den Umbau in der Republik, für ein sozial gerechtes Österreich und für ein klimagerechtes Österreich. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)
9.41
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte sehr.