9.42
Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Herr Finanzminister, Sie haben uns, den Abgeordneten hier in diesem Haus, gestern sehr ausführlich das Budget, den Bundesvoranschlag für 2023 vorgestellt. Und ja, ein paar Dinge finden wir gut: kluge Standortpolitikmaßnahmen wie die Transformation der Energiesysteme – das ist etwas, bei dem wir natürlich mitgehen und das wir unterstützen –, aber sonst ist das halt wieder eine ganz böse Mischung aus Strukturkonservativismus und aus „Koste es, was es wolle“.
Die Geschichte, die Sie uns gestern erzählt haben, diese schöne Geschichte mit Treffsicherheit, von der Zukunft und dem sorgsamen Umgang mit Steuergeld, ja das ist halt leider einfach nur eine Geschichte, denn die Zahlen sprechen eine andere Sprache. (Beifall bei den NEOS.)
2021: 18 Milliarden Euro Minus, obwohl wir 17 Prozent mehr Steuereinnahmen und ein Wirtschaftswachstum von 4,6 Prozent hatten.
2022 – das Jahr ist noch nicht vorbei, aber wir haben die Prognose –: 23 Milliarden Euro Minus im Budget. (Bundesminister Brunner: Krise! Krise!) Das Wirtschaftswachstum liegt wahrscheinlich bei 4,7 Prozent, so ist es prognostiziert, aber wir wissen ja noch nicht ganz genau, was dann letztendlich herauskommt.
2023 geht es genauso weiter: 17 Milliarden Euro Schulden sind vorgesehen.
Ich fasse zusammen: sprudelnde Steuereinnahmen, und das Einzige, was wirklich großartig war, ist das Geldausgeben. Bis 2026 werden wir fast 400 Milliarden Euro Schulden angesammelt haben. Das ist fatal, und das ist aus unserer Sicht unverantwortlich. (Beifall bei den NEOS.)
Das, was wir NEOS von Anfang an gesagt haben, ist schlicht und einfach eingetreten: Sie haben das Steuergeld während der Pandemie mit beiden Händen zum Fenster hinausgeworfen: 47 Milliarden Euro – 47 Milliarden Euro! Und in zwei Jahren ist es nicht gelungen, das Ganze transparent abzuwickeln – ich sage nur: Cofag –, und es ist auch nicht gelungen, sich die Wirtschaftshilfen, die natürlich notwendig waren (Abg. Wurm: Ihr wart da auch mit dabei!) – natürlich musste man manchen durch die Krise helfen, das ist ganz klar, vor allem, wenn man jemandem das Geschäft schließt –, nachher anzuschauen, zu schauen, welche Maßnahmen denn treffsicher waren. Dass man also die Wirtschaftshilfen analysiert und evaluiert, das ist bis heute nicht passiert. Weitermachen wie bisher, das können Sie offenbar!
Lieber Herr Finanzminister! Liebe ÖVP! Ich bin seit 20 Jahren in der Wirtschaft, seit 20 Jahren arbeite ich international, und ich muss Ihnen sagen: Nur weil man mehr Geld ausgibt, heißt das nicht, dass das gut ist. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Das Geld wächst nicht auf den Bäumen, es ist auch nicht abgeschafft. Das ist Geld der Steuerzahler, und ich finde es wirklich eine Chuzpe, sich hierherzustellen und zu sagen, dass Sie mit dem Geld der Steuerzahler sorgsam umgehen.
Wenn Ihnen das nicht zu denken gibt, dann müsste Ihnen doch ein wenig zu denken geben – ich finde es auch interessant –, dass sogar die SPÖ sagt: Hier wird viel zu viel Geld ausgegeben! (Zwischenruf des Abg. Weidinger.) – Also wenn die SPÖ das schon einmal sagt, dann müsste man doch zumindest ein bisschen in sich gehen und sagen: Da ist doch wohl Feuer am Dach! (Beifall bei den NEOS.)
Ja, wir NEOS werden die Menschen nie vergessen, wir werden auch die Unternehmen nicht vergessen, wir werden vor allem auch jene nicht vergessen, die im internationalen Wettbewerb stehen. Natürlich müssen da Hilfen ausbezahlt werden, aber eben treffsicher. Es muss jetzt einfach Schluss sein mit dieser Vollkaskomentalität, mit dieser Vollkaskopolitik, die sie hier machen. Steuergelder einfach hinauszuwerfen, mit der Gießkanne zu verteilen, das ist nicht nachhaltig, und so kann es nicht weitergehen! (Beifall bei den NEOS.)
Ich weiß ja tatsächlich nicht: Ist es Hilflosigkeit, ist es Visionslosigkeit oder ist es einfach die große Sorge vor dem Verlust der Wählerstimmen, dass man versucht, mit Steuergeldern Wählerstimmen zurückzukaufen? – Ich weiß nicht, was es ist, aber was ich weiß, ist, dass es verantwortungslos ist und dass es auf dem Rücken der Jungen passiert, und das kann nicht sein. Wir NEOS machen da nicht mit! (Beifall bei den NEOS.)
Jeder Euro, den wir jetzt für Zinsen ausgeben müssen – Sie wissen, wie rasant sich die Kosten da erhöhen –, fehlt uns einfach für Zukunftsinvestitionen. Bildung, Kinderbetreuung, Klimaschutz – all das hat überhaupt keinen Platz mehr. Da bräuchten wir einfach Spielräume für die Zukunft, aber das wird sich wohl nicht mehr ausgehen.
Wir hören, dass Universitäten über Personalstopps reden – das ist fatal in einem Land wie Österreich! Das kann es nicht sein.
Ich weiß, das will keiner mehr hören, aber das, was in diesem Land fehlt, ist das harte Arbeiten an den Reformen. Dazu hören wir wenig; ich sage nur: Stichwort Föderalismus. Da wird viel zu viel Geld unsinnig ausgegeben. Sie schaffen es einfach nicht, den Finanzausgleich zu entflechten, und das wäre ein Gebot der ersten Stunde, denn das ist nicht nur Steuergeldverschwendung, sondern es ist vor allem auch gefährlich. Es ist gefährlich, das haben wir in der Pandemie gesehen, und es ist auch jetzt gefährlich, denn wir müssen auf den Ausbau der Erneuerbaren schauen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist doch das Wichtigste und das Großartigste, was wir im Augenblick machen können, um diese elende Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren. Das wäre das Wichtigste, was Sie auf Ihrer Agenda haben sollten. Sie sagen Ja, aber Sie lassen sich von den Landesfürsten – mit Verlaub – am Nasenring durch das Dorf ziehen. (Beifall bei den NEOS.)
Die richten Ihnen über die Medien einfach aus: Bei mir wird es keine Windräder mehr geben, das gefällt uns nämlich nicht!, oder: Fotovoltaik brauchen wir überhaupt nicht in unserem Bundesland! (Zwischenruf des Abg. Weidinger.) – Also ganz im Ernst: Das kann es ja wohl nicht sein! Und dann stehen sie aber natürlich alle in der ersten Reihe, wenn es um den Finanzausgleich geht. Deswegen brauchen wir in diesem Land ganz dringend eine Föderalismusreform. (Beifall bei den NEOS.)
Wir brauchen eine Pensionsreform. Jeder dritte Euro unseres Budgets geht in die Pensionen – jeder dritte Euro! In der Schweiz arbeiten die Menschen bis 66 Jahre, dort ist das zumutbar, in Österreich hört man mit ein bisschen über 60 Jahren auf. Sie müssen da unglaublich schnell ins Tun kommen.
Wenn wir schon von der Schweiz reden: Die Schweiz gibt fast 17 Prozent ihres Budgets für die Bildung aus. In Österreich ist es sehr viel unter 10 Prozent.
Wenn der ehemalige Finanzminister Hannes Androsch recht hat, dann ist das Budget das Schicksalsbuch der Nation. Was wir jetzt sehen, ist, dass dieses Budget ein schwerer Schicksalsschlag für die Zukunft Österreichs ist. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
9.48
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gabriel Obernosterer. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.