11.46
Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind alle Politiker und stellen gerne große, weltbewegende Vorhaben vor, die wir beschließen. Bei einem anderen Thema würde ich mich jetzt wahrscheinlich auch hier ans Rednerpult stellen und Ihnen allen erklären, wie groß und wie extrem wichtig diese Änderung des Meldegesetzes ist, welche weltbewegende Lösung wir da gefunden haben, aber nicht heute. Wichtig ist diese Änderung schon, sehr wichtig sogar. Wir garantieren damit, dass trans- und intersexuelle Personen endlich auch im Melderegister als solche anerkannt werden und dementsprechend den Respekt bekommen, den sie verdienen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Das ist keine Frage von Politik oder Ideologie, das ist einfach eine Frage der Anerkennung und der Menschenwürde. Es geht darum, für Tausende österreichische Bürgerinnen und Bürger Klarheit und auch Sichtbarkeit zu schaffen.
Meine Damen und Herren, seien wir ehrlich: Eine solche Änderung sollte zumindest in meinen Augen absolute Routine sein. Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, das Personenstandsgesetz hat sich geändert, und nun passen wir die wichtigen Formulare des Staates dem Personenstandsregister an. Für mich ist so eine kleine formale Änderung, noch dazu eine, die so vielen der Vulnerabelsten unter uns das Leben dermaßen erleichtert, etwas, das ich mir von diesem Haus auch erwarte. (Beifall bei den Grünen.)
Ich sehe keinen Grund, wieso etwas so Selbstverständliches so hart erkämpft werden musste. Dabei richte ich mein Augenmerk besonders auf die Fraktion, die sich hier ans Rednerpult stellt, Geschlechter und Personenstand vermischt und von der Thematik überhaupt keine Ahnung hat und wissenschaftsfeindlich ist. Das hat sich nicht erst jetzt herausgestellt. Frau Kollegin, Sie sind selber Ärztin und wissen, was Intersexualität heißt. (Abg. Belakowitsch: Und was heißt divers und offen?) Nichtsdestotrotz: Kommen Sie endlich im 21. Jahrhundert an! Die Kollegin hat es bereits gesagt: Kommen Sie im 21. Jahrhundert an! (Beifall bei den Grünen.)
Wenn Sie Angst vor dieser Personengruppe haben, dann will ich es Ihnen erklären (Abg. Belakowitsch: Nein, ich habe keine Angst davor! Eher vor eurer Ideologie der Gesellschaftszersetzung und -zerstörung!): Es geht nicht darum, dass man von Geschlecht zu Geschlecht wechseln kann, sondern es geht um Personen, um Neugeborene, die intersexuell auf die Welt kommen und nicht einem Geschlecht zugeordnet werden können. Das kann nur anhand der Chromosomen bestimmt werden. Da kann man sich nicht einfach da oder dort eintragen lassen. Es muss ein ärztliches Attest eingebracht werden. Das ist eine wesentliche Hürde für viele Menschen. Darin muss die Intersexualität festgestellt werden. Da ist keine Willkür dabei oder sonst etwas, sondern es geht um Gerechtigkeit, um Menschenwürde. Da erwarten wir uns, dass das hier auch umgesetzt wird. (Beifall bei den Grünen.)
Diese Realität, die Sie mit Ihrem Widerstand auch immer wieder schaffen, liebe FPÖ, bewirkt, dass noch immer viel zu viele LGBTIQ-Personen in Österreich regelmäßig Diskriminierung ausgesetzt werden, zum Teil auch Hass und Gewalt – viel zu viele. (Abg. Belakowitsch: Um das geht es da aber nicht! Da geht es ja nicht um sexuelle Ausrichtung, da geht es um Geschlecht!)
Jetzt möchte ich auch an etwas erinnern: Letzte Nacht wurden in Bratislava wieder zwei Menschen vor einer Schwulenbar, vor einer LGBTIQ-Bar erschossen, eine Kellnerin wurde angeschossen, aufgrund von Homosexuellenfeindlichkeit und Homofeindlichkeit (Abg. Belakowitsch: Aber da geht es um was anderes!), und das ist tragisch. Das ist diese Gewalt, die geschürt wird, aber die es in Österreich nicht geben soll und nicht geben darf. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist zutiefst widerwärtig und abzulehnen, dass Menschen aufgrund ihrer Sexualität noch immer Hass und Gewalt ausgesetzt werden. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.) Ihre Partei schürt diese leider. Sie helfen nicht, sondern Sie spalten.
Mit dieser Neugestaltung, Herr Minister, wird das Meldegesetz künftig vorsehen (Abg. Belakowitsch: Ihr zerstört die Gesellschaft, und die ÖVP ist mit dabei!), dass neben „männlich“ und „weiblich“ auch die Bezeichnungen „divers“, „inter“, „offen“ und „keine Angabe“ stehen – ein kleiner, aber wichtiger queerpolitischer Schritt, mit dem wir die Politik wieder näher an die Lebensrealität und auch an die Menschen, an die Österreicherinnen und Österreicher heranrücken.
Ich darf mich jetzt noch kurz besonders auch bei der SPÖ und bei den NEOS, die heute auch bei diesem Beschluss mitgehen, bedanken. Ich glaube, das zeigt auch wieder, dass gerade in der Community über die Parteigrenzen hinweg auch zusammengearbeitet wird. Diese Community gibt damit ein sichtbares Zeichen, dass wir auch zusammenarbeiten, und ich finde es auch sehr wichtig, dass wir damit auch hier im Parlament zeigen, dass wir einen wichtigen Schritt für Gleichstellung, Anerkennung und Toleranz setzen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
11.51
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. – Bitte.