13.34
Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Wenn man den Oppositionsparteien heute bei ihren Beiträgen zu dieser Debatte zuhört, könnte man meinen, in Österreich und hier im Parlament steht nichts anderes zur Diskussion und wir haben nichts anderes zu tun, als über Korruption zu sprechen; wir haben auch sonst nichts zu tun (Unruhe im Saal); die Bundesregierung kann angeblich nicht arbeiten (Abg. Schnedlitz: Kann sie auch nicht!); und wir selbst sehen die Bedürfnisse der Menschen nicht und agieren nicht mit Gesetzen und Notwendigkeiten, egal ob es Covid-Hilfen sind, egal ob es Hilfen bei der Energiekrise und in Bezug auf die Inflation sind. – So ist es nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nein, hier wird gearbeitet. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schnedlitz: Doch!)
Unsere Verfassung sieht nicht umsonst eine genaue Trennung zwischen Gesetzgebung, die wir hier im Parlament machen, der Vollziehung durch die Bundesregierung und der Rechtsprechung vor, und zwar arbeiten alle in einem ausbalancierten System und sich wechselseitig kontrollierend. Wir hier sind für die Gesetzgebung zuständig, und wir haben uns an die Gesetze zu halten. (Abg. Schnedlitz: Machen Sie jetzt Staatsbürgerkunde?) Das ist ja wohl klar: Keiner steht über den Gesetzen, und bei Fehlverhalten oder Anzeigen sind die Staatsanwaltschaften gefordert, zu ermitteln, um festzustellen, ob es entweder zu einer Anklage kommt oder, wenn sich der Verdacht oder die Tatbestände nicht erhärten lassen, die Verfahren eingestellt werden. (Abg. Kickl: Hauts euren Ethikrat ausse!)
Es gilt auch, die verschiedenen Korruptionsvorwürfe, die im Raum stehen, die Thomas Schmid jetzt auch mit seinem Geständnis wieder einmal vorgelegt hat, abzuwägen. Betroffen ist in dieser Causa natürlich auch eine Vielzahl von hochrangigen Politikern, aber meine Damen und Herren, wir alle, Sie alle, wie Sie heute hier sind, Sie da oben auf der Galerie, die Damen und Herren, die uns von zu Hause zuhören: Haben Sie Ihr Urteil schon gefällt? Haben Sie sich Ihre Meinung schon gebildet? Ist das, was derzeit in den Medien transportiert und gesendet wird, denn alles, was der Wertung durch die Staatsanwaltschaften zu unterziehen ist? Die Staatsanwaltschaften haben die Beweise, die Geständnisse, verschiedene Dinge zu prüfen, aber genauso auch die Gegenbeweise zu ermitteln. (Abg. Kickl: Und wie war das bei Ibiza?)
Meine Damen und Herren, tun Sie das bitte nicht! Vorverurteilen Sie die Menschen nicht! Sie könnten selbst einmal betroffen sein. Kollege Kickl, du könntest auch einmal Betroffener sein. (Abg. Kickl: Ich war das bei Ibiza! – Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Kassegger: Er war Betroffener!) Na ja, es kann ja wieder kommen, aber man versucht ja trotzdem, nicht eine Vorverurteilung - -. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen. – Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Kickl.) Was war in Ibiza?
Es gibt in Österreich ein lückenloses Strafrecht für aktive Amtsträger. Wie Kollegin Meinl-Reisinger auch vorhin gerade gesagt hat, gibt es das nicht, um für werdende Amtsträger eine entsprechende Strafbarkeit zu generieren. Ich darf Ihnen sagen, das ist schwierig genug, denn wir betreten bei den objektiven Tatbeständen, die wir neu schaffen, Neuland. Es gibt in ganz Europa, auf der ganzen Welt keine Vorverlegung von Straftatbeständen für den Fall, dass du vielleicht zufällig einmal ein Amt bekommst.
Wir wollen das, und wir werden auch weiter intensiv verhandeln, aber wir müssen die Dinge bis zum Ende denken, damit die Staatsanwaltschaften bei den Ermittlungen klar wissen: Das sind die Tatbestandsmerkmale, diese müssen erfüllt sein. Wir überlassen es nicht den Gerichten, nach einer Anklage dann eventuell unsere Gesetze, die wir gemacht haben, zu interpretieren. Wir sorgen für klare, objektive Tatbestandsmerkmale, damit diese sehr heiklen Themen auch ordentlich einer strafrechtlichen Beurteilung zugeführt werden können. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)
Ich sage ganz klar: Intensive Verhandlungen wird es auch zu dem Thema der Schaffung des unabhängigen, weisungsfreien Bundessstaatsanwaltes geben. Ja, wir stehen zu dieser Idee, wir stehen zur Umsetzung, denn es gilt, die oberste Anklagebehörde Österreichs aus der tagespolitischen Debatte herauszuhalten. Es geht für uns aber jedenfalls auch um die Sicherstellung der parlamentarischen Kontrolle, und es geht uns darum, dass das Parlament bei der Bestellung entsprechend mitwirken kann. (Zwischenruf der Abg. Erasim.) Wenn das so umgesetzt wird, wie ich es vorschlage, ist die Anklagebehörde demokratisch legitimiert und damit auch gestärkt. (Beifall bei der ÖVP.)
An unseren Koalitionspartner gerichtet: So, wie es Usus ist, hat uns die Regierung Vorschläge geschickt. Wir arbeiten in der Koordinierung an den Themenstellungen. Ich sage ganz klar Ja zu einer Verschärfung des Korruptionsstrafrechts, aber mit Augenmaß und gerader Linie und objektiven, sauberen Tatbeständen. Ich sage Ja zum Informationsfreiheitsgesetz. Es ist schwierig genug, aber wir werden auch das lösen. Und ich sage Ja zum Bundesstaatsan-walt.
Aber bitte: Einige Punkte sind dermaßen heikel, dass wir sie durchdenken, zu Ende denken müssen. Es kann nicht sein, dass allein die Unterstützung einer Bürgerinitiative eines Kandidaten im Wahlkampf schon zu einer Vorverurteilung und dann möglicherweise zu einer Verurteilung führt, wenn jemand dann möglicherweise des Mandatskaufs beschuldigt wird. Wir denken das zu Ende, dafür stehe ich, dafür steht die ÖVP, und wir werden gute Gesetze auf den Tisch legen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.)
13.40
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hafenecker. – Bitte.