9.11

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Guten Morgen, Herr Präsident! Herr Bundeskanzler, Vizekanzler! Sehr geehrte Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren! Es sind fast fünf Wochen vergangen, seitdem wir das letzte Mal in diesem Hohen Haus über das Budget diskutiert haben (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt ja nicht, dazwischen war ja der Ausschuss! Wir haben ja Ausschüsse gehabt! – Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller) – fünf Wochen, in denen sich dieses Parlament sehr intensiv in ganz vielen Ausschüssen mit Ihren Bud­getplänen befasst hat, sie diskutiert hat. Allein in diesen fünf Wochen sehen wir aber vor allem auch eines: Wir sehen, dass keine Ihrer Antiteuerungsmaßnahmen gegen diese Teuerung greifen. (Abg. Pfurtscheller: Also!) Wir sehen, dass die Preise alleine in dieser Zeit weiter gestiegen sind. Wir sehen, dass die Inflation in Österreich weit vor anderen Ländern weiter steigt. Wir sehen, dass der Klima­bonus, den Sie quasi mit einer Gießkanne über diesem Land verteilt haben, schon längst ausgegeben wurde. Wir sehen vor allem auch Menschen, die jetzt schon in ihren kalten Wohnungen sitzen – nicht, weil sie nicht heizen können, sondern weil sie Angst vor der nächsten Gasrechnung, die im Winter oder spätestens im Jänner oder Februar per Post kommt, haben. Wir sehen, dass die Energiekosten für die heimische Wirtschaft bald zwei- bis dreimal so hoch sein werden wie jene Kosten für die Wirtschaft in Deutschland. Das ist ein Riesen­problem, rein wirtschaftlich, wie Sie hoffentlich wissen.

All das sehen wir, obwohl Sie, meine Damen und Herren der Bundesregierung, viele, viele Milliarden ausgegeben haben – Milliarden, die in den letzten Wochen und Monaten keinen einzigen Preis in diesem Land gesenkt haben, weil: Geld alleine löst einfach keine Krisen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Das glauben die Roten selber nicht!)

Was es hingegen wirklich braucht, sind nachhaltige, kluge und wirksame Maß­nahmen, damit die Preise in diesem Land endlich zu sinken beginnen. Kurz­fristig – weil es rasch Hilfe braucht – braucht es vor allem angesichts der explo­dierenden Energiepreise und des bevorstehenden harten Winters – so wie gerade letzte Woche für Deutschland im Bundestag beschlossen – endlich einen Gaspreisdeckel für Österreich, sehr geehrte Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.) Es braucht einen Gaspreisdeckel, um endlich schnell die Preise zu senken, um soziale Verwerfungen, die drohen, wenn das nicht passiert, zu verhindern, um zu verhindern, dass aus einer Energiekrise eine soziale Krise in Österreich wird, und auch um zu verhindern, dass es in Österreich Deindustrialisierung gibt, wenn die Industrie nicht mehr mithalten kann und nicht mehr wettbewerbsfähig ist. (Abg. Belakowitsch: ... Sanktionen!)

Ich frage mich schon – und das fragen sich schon viele seit Monaten –: Worauf warten Sie eigentlich noch? Bis ein Gaspreisdeckel allerdings wirkt – das wissen auch die Deutschen –, dauert es ein paar Wochen, meist zwei bis drei Monate. Daher braucht es zusätzlich als Überbrückung für diesen Winter, analog zum deutschen Modell – und die werden sich doch etwas dabei überlegt haben –, eine sofortige Hilfe für die Haushalte, für die Unternehmen im Dezember, damit die Gasrechnung im Dezember – und das ist machbar – für Haushalte und Unternehmen komplett erlassen wird. Das ist machbar, das wäre wirksam und das ist auch rasch machbar. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist der kurzfristige Aspekt. Kommen wir aber zu den notwendigen mittel- und langfristigen Maßnahmen in der Energiefrage! Auch diese langfristigen und mittelfristigen Investitionen sollten – sollten! – ja eigentlich in einem Budget bereits ablesbar sein, denn es geht ja unter anderem um Investitionen für die Zukunft. Wenn wir seit Monaten alle sehr schmerzhaft unsere große Abhängig­keit von fossiler Energie feststellen (Abg. Maurer: Na, wo ist denn die herge­kom­men?!), mit den damit verbundenen exorbitanten Energiepreisen, ja, dann braucht es natürlich einen Plan. Dann braucht es einen Plan, wie man in Zukunft mehr Unabhängigkeit für Österreich, mehr Versorgungssicherheit, mehr Leist­barkeit durch erneuerbarer Energie schafft. Das wäre das Ziel.

Dazu braucht es natürlich einen Plan. Ja, genau das wäre die zentrale Aufgabe für die Politik und für eine Regierung der nächsten Jahre. Der Staat muss in dieser wichtigen Frage nämlich nicht nur Taktgeber sein, er muss Impulsgeber, er muss der Motor einer solchen wirklich zukunftsorientierten Strategie sein. Lese ich das in Ihrem Budget, Herr Bundesminister? – Nein, das lese ich leider so nicht heraus. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Brunner: Dann müssen Sie es besser lesen, noch einmal lesen! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)  Wir haben Ihr Budget sehr gut gelesen und deswegen kommen wir auch zu diesem Schluss. Da ist leider so gut wie nichts dazu herauszulesen, und wenn Sie jetzt – und Sie werden das im Anschluss machen – von ein paar Hundert Millionen sprechen, die Sie im Bereich Transformation investieren, dann kann ich nur sagen: Ja, das ist viel Geld, da haben Sie recht, aber die Energiewende in unserem Land werden Sie damit alleine nicht schaffen, vor allem wenn Sie keinen Plan haben, wie Sie das umsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist immer wieder dasselbe Muster und es ist auch hier dasselbe Muster: Wenn es um diese wesentliche Zukunftsinvestition in Transformation geht, wird planlos Geld rausgeworfen. Es wird planlos Geld rausgeworfen, damit Sie dann sagen können: Wir machen eh a bissl was. (Abg. Maurer: A bissl was - -!) Sie erzählen uns von Milliarden und Millionen, die Sie ausgeben, aber wenn man genauer hinsieht, dann muss man ja vor dem, was Sie eh a bissl machen, fast Angst haben, sehr geehrte Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Warum muss man Angst haben? – Weil die wenigsten Ihrer Ausgaben nachhaltig sind, die wenigsten wirksam sind, die wenigsten durchdacht sind. Eines ist aber ein großes Problem: Es gibt erstens keinen Plan und es kostet zweitens viel Steuergeld, das Sie hier nicht durchdacht rauswerfen.

Dieses Budget ist eigentlich nichts anderes als ein Eingeständnis, dass Sie, meine Damen und Herren der ÖVP und der Grünen, keinen gemeinsamen Plan für die Zukunft unseres Landes haben. (Beifall bei der SPÖ.) Das liest sich aus Ihrem Budget heraus und das überrascht nicht, weil Sie nämlich eines wissen: Ihre Regierung ist schon heute Geschichte. (Beifall bei der SPÖ.)

Fast drei Viertel – und da sind wir nicht allein – der österreichischen Bevölke­rung – und das zieht sich jetzt über Monate – vertrauen Ihnen nicht mehr. (Abg. Ottenschläger: Aber es gibt schon noch Mehrheiten in diesem Haus!) Sie vertrauen Ihnen als Bundesregierung nicht mehr, sie trauen Ihnen nichts mehr zu (Abg. Michael Hammer: Aber Ihnen auch nicht! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) und deswegen kann ich nur noch einmal sagen: Machen Sie den Weg endlich frei für eine handlungsfähige, starke Bundesregierung (Abg. Michael Hammer: Da sind Sie aber nicht dabei!), die fähig ist, die Zukunftsaufgaben dieses Landes nachhaltig zu bewältigen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Das ist ein Rücktritts­angebot!)

Ich möchte zum Schluss kommen und ich möchte zum Abschluss noch einmal auf einen wesentlichen Punkt zu sprechen kommen: Für die Energiewende braucht es unter anderem eine sehr gute, eine enge, eine vertrauensvolle Koope­ration mit der Industrie, mit der Wirtschaft, aber nicht nur, denn es braucht vor allem auch eine Zusammenarbeit mit der heimischen Forschung und der Wissenschaft. Wir haben exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in unserem Land, und einer von ihnen wurde kürzlich mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Darauf können wir wirklich alle sehr stolz sein. Nur, sehr geehrte Bundesregierung (Abg. Michael Hammer: Wie lange dauert die Langweilerei noch?!): Nobelpreisträgern zu gratulieren alleine reicht nicht, denn Forschung und Entwicklung kosten Geld.

Und auch da muss der Staat vorangehen, auch da muss der Staat der Motor sein, Forschung ermöglichen und Forschung fördern, den Weg ebnen. Aber was machen Sie? – Sie stellen gerade einmal die Hälfte der zusätzlich notwendigen Mittel für die Forschung, für die Wissenschaft und die Universitäten zur Ver­fügung. Sehr geehrte Bundesregierung, das ist fahrlässig! (Beifall bei der SPÖ.) Sie vergehen sich an der Zukunft des Forschungs- und Industriestandortes Österreich.

Das Einzige, das Sie als Bundesregierung für die Zukunft dieses Landes wirklich hinterlassen, ist ein riesiger Schuldenberg. Den hinterlassen Sie wahrhaftig und den werden Generationen in unserem Land in den kommenden Jahren und Jahrzehnten noch bezahlen müssen. Wofür? – Für nichts: Schulden ohne Nutzen und Wirksamkeit – für nichts! Und wenn ein Budget die in Zahlen gegossene Politik ist, dann kann man über Ihre Politik einfach nur sagen: planlos, hilflos und auch sinnlos, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren der ÖVP und der Grünen, falls Sie es selbst noch nicht wissen, sage ich es Ihnen gerne: Ihre Regierung ist am Ende. (Beifall bei der SPÖ.)

9.21

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Wöginger. – Bitte.