18.56

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Außenminister, ich bin ganz bei Ihnen, wenn Sie, was den russischen Angriffskrieg in der Ukraine betrifft, sagen, dass die Menschenrechts­erklärung und die Charta der UN eine rote Linie sind, absolut.

Das aber als rote Linie zu bezeichnen und gleichzeitig in Ihrer Partei – wie auch in der FPÖ – Leute zu haben, die die Europäische Menschenrechtskonvention neu diskutieren wollen, sie überarbeiten wollen: Das geht sich nicht aus, entwe­der oder, das geht nicht zusammen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Wer in dem jetzigen Kontext, wie es gesagt worden ist, darüber nachdenkt, die EMRK zu überarbeiten, der tut das einzig und allein mit der Überlegung, sie zu verwässern, Caselaw zum Beispiel nicht mehr anerkennen zu wollen.

Ich glaube, ich habe noch nie in meinem Leben hier einen so banalen Antrag eingebracht, wie ich jetzt gleich einbringen werde, aber es ist leider notwendig. Dieser Antrag betrifft die Achtung der Europäischen Menschenrechts­kon­vention.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Achtung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert sich vollumfassend zu der sich im Verfassungsrang befindlichen Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu bekennen und für die unveränderte Geltung ebendieser vehement einzutre­ten, denn Menschenrechte sind die Säule des Rechtsstaates und unverhan­delbar“.

*****

(Beifall bei der SPÖ. – Abg. Amesbauer: Unverhandelbar ist ...!) – Und unverhandel­bar!

Zum Zweiten, zur Austrian Development Agency: Als wir sie im Jahr 2003 gesetzlich festgelegt haben, war die Idee, dass man die ADA mit 200 Millionen Euro dotiert. Umgerechnet, inflationsbereinigt quasi, wären das heuer 314 Millionen Euro.

Jetzt haben wir zugegebenermaßen mehr als im Jahr zuvor, nämlich real 137 Millionen Euro, aber das ist immer noch weniger als die Hälfte – und zwar weit weniger als die Hälfte – von dem, was ursprünglich geplant war. Also ich verstehe ja, dass man sich abfeiert, alles gut, aber wir müssen die Kirche auch im Dorf lassen. Wir werden nicht ansatzweise näher Richtung 0,7 Prozent kommen, wenn wir diese Erhöhungen in dieser Schnelligkeit weiter voranbringen. Dazu bedarf es viel, viel mehr, und dazu braucht es auch endlich einen wirklichen Pfad, der politisch akkordiert ist.

Zum Schluss ein drittes Thema, die Ukraine: Da kann man zur Frage der Waffen­exporte diese oder jene Meinung haben. Was uns wahrscheinlich alle eint, ist die Angst, dass, wenn dieser Krieg vorüber sein wird, es eine unglaublich hoch militarisierte Zone mitten in Europa gibt, mit unendlich vielen Waffen, die nicht von heute auf morgen verschwinden werden. Ich denke, es stünde Österreich auch in seiner Rolle als eines der immer weniger werdenden neutralen Länder in Europa sehr gut an, sich jetzt schon zu überlegen, wie man denn dann nach dem Krieg die Region demilitarisieren kann, denn in einer Gesellschaft, die im wahrs­ten Sinne des Wortes auf Waffen lebt, wird ein Frieden in Europa nicht greifbar und nicht möglich sein. Ich glaube, es wäre eine lohnende Aufgabe, sich da sehr bald etwas zu überlegen und auch daran seine Neutralitätsüberlegungen in Zukunft zu schärfen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

18.59

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr

Genossinnen und Genossen

betreffend: Achtung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)

eingebracht in der 183. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 15. November 2022 im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023- BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) - UG 12 Äußeres

Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) wurde im Jahr 1950 vom Europarat ausgearbeitet, dem alle europäischen Staaten mit Ausnahme von Belarus, Russland und Kosovo angehören. Österreich ist Mitglied des Europarates und in der UG 12 sind für diesen 5,850 Mio. Euro an Mitgliedsbeiträgen vorgesehen.

Für Österreich hat die EMRK eine besondere Bedeutung, da sie hierzulande seit 1964 im Verfassungsrang steht.

Menschenrechte sind unteilbar. Laut dem Regierungsprogramm positioniert sich Österreich in der kommenden Legislaturperiode aktiv als internationaler Vorreiter beim Menschenrechtschutz und in der Friedenspolitik sowie als Ort des Dialogs und bekennt sich zu einem umfassenden Menschenrechtsschutz als fester und integraler Bestandteil der österreichischen Außenpolitik1. Weiters wird im Regierungsprogramm die Aufwertung des Menschenrechtsschutzes in allen Ressorts der Bundes- und Lan­desregierungen, sowie das Engagement für Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte aktiv hervorgehoben.

Die Europäische Menschenrechtskonvention ist Antwort Europas auf den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust. Bundespräsident Alexander Van der Bellen bekräftigte in den letzten Tagen, dass die EMRK eine große Errungenschaft der Menschheit sei, ein Kompass der Humanität und zum Grundkonsens der Republik gehöre.2

Auch die Bundesministerinnen Edtstadler und Zadic bezeichneten die EMRK als unverhandelbar. Anschließend an dieses Bekenntnis stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

„Die Bundesregierung wird aufgefordert sich vollumfassend zu der sich im Ver­fas­sungsrang befindlichen Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu bekennen und für die unveränderte Geltung ebendieser vehement einzutreten, denn Menschenrechte sind die Säule des Rechtsstaates und unverhandelbar“.

1 Regierungsprogramm 2020 – 2024 „Aus Verantwortung für Österreich“, S.129

2 Vgl. https://orf.at/stories/3293806/; Stand: 15.11.2022

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bettina Rausch. – Bitte.