10.15
Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn uns dieses Budget eines zeigt, dann ist es das: Wir haben in Österreich vielleicht eine Medienministerin, wir haben vielleicht eine Familienministerin, zumindest für jene Familien, die in den aktuellen Krisen keine zu großen Probleme haben; was wir aber sicherlich nicht haben – Ihre Rede hat es leider gezeigt –, ist eine Frauenministerin, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Die Abgeordneten Pfurtscheller und Steinacker: Also bitte, Mario!)
Die Arbeiterkammer kritisiert völlig zu Recht, dass die Regierung die Frauen- und Gleichstellungspolitik fast ausschließlich auf den Gewaltschutz reduziert. (Abg. Michael Hammer: Dazu brauchen wir die Arbeiterkammer, oder was?) Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, Gewaltschutz ist eine der zentralen Herausforderungen im Bereich der Gleichstellung. Ich schließe mich meinen Kolleg:innen aber absolut an: Die Krise, die wir aufgrund von männlicher Gewalt gegen Frauen haben, braucht eine entschiedene politische Antwort. Genau diese Antwort liefert Ihr Budget aber nicht, Frau Ministerin.
Gerade angesichts der aktuellen Teuerung und Inflation sind die zusätzlichen Mittel im Bereich des Gewaltschutzes nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie liefern nämlich vor allem keine strukturellen Lösungen für die grundsätzliche Krise. Ja, es gibt mehr Geld für den Gewaltschutz, aber von großen Würfen sind wir weit entfernt. (Abg. Pfurtscheller: Bitte, Mario, das glaubst du ja selber nicht! Wer hat dir denn die Unterlage geschrieben? Selber denken und nicht einfach eine Unterlage von Kolleginnen übernehmen!) Ich weiß, Sie betonen immer, dass die meisten Mittel für den Gewaltschutz in anderen Ressorts liegen. Aber genau das meine ich ja, wenn ich sage: Wir haben keine Frauenministerin, wir haben keine Gleichstellungsministerin! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Pfurtscheller: Mein Gott!)
Diese Rolle müssten Sie, Frau Ministerin, beanspruchen. Sie müssten die Gesamtverantwortung für den Kampf gegen männliche Gewalt an Frauen, die Schlüsselrolle, die Koordinierung übernehmen, das tun Sie aber nicht. (Abg. Steinacker: Das tut sie doch! Jetzt mache ich gleich eine tatsächliche Berichtigung! Gewaltschutzgipfel, 6. Dezember!)
Schauen wir uns zum Beispiel einen zentralen Baustein im Gewaltschutz, nämlich die präventive Arbeit mit Männern und Burschen, an: Da sind wir meilenweit von einer strukturellen Lösung entfernt. Die Männerberatungsstellen hanteln sich von Projektförderung zu Projektförderung. (Abg. Pfurtscheller: Männerberatung ist im Sozialministerium, zu deiner Information! Wieder eine falsche Unterlage bekommen!) Das Budget bringt in diesem Bereich keine dringend benötigte Basisfinanzierung. Und wenn sich die Kolleginnen von der ÖVP so aufregen, dann wissen sie, dass ich mit meiner Kritik Recht habe, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Sieber und Steinacker.)
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Solange wir nicht genug in die Gewaltpräventionsarbeit von und mit Männern investieren, werden wir das Gewaltproblem auch nicht wirksam in den Griff bekommen.
Zum Abschluss, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, seien wir ehrlich: Dieses Budget hat abseits des Gewaltschutzes kaum etwas zu bieten. Ja, es werden 1,8 Millionen Euro in den Frauenfonds gesteckt; das ist eine Einrichtung abseits der parlamentarischen Kontrolle. Sonst liefert die Regierung aber keine eigenen Schwerpunkte, kaum Projekte und vor allem nicht die strukturellen Antworten auf Ungleichbehandlungen und Diskriminierung, die wir so dringend brauchen.
Wieder einmal gibt es kein eigenes Budget für die Gleichstellung der LGBTIQ-Community, keine Schwerpunkte im Kampf gegen Hatecrime, keine Mittel für Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit. Während Hassverbrechen gegen queere Menschen zunehmen, macht die Regierung einfach die Augen zu. Während gerade junge LGBTIQ-Personen massiv unter den psychosozialen Folgen der aktuellen Krisen leiden, tut die Regierung so, als gäbe es kein Problem.
Während transidente Menschen von immer stärkeren Diskriminierungen betroffen sind und nicht einmal ihre Gesundheitsversorgung flächendeckend gesichert ist, schauen Sie weg. Die Regierung ignoriert diese Probleme genauso wie die Beschlüsse des Nationalrates zum Verbot von Konversionstherapien oder zum Schutz intergeschlechtlicher Kinder. Auf diese Gesetze warten wir immer noch, denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, Fakt ist: Es gibt in dieser Regierung keine Frauen- und keine Gleichstellungsministerin! (Beifall bei der SPÖ.)
10.19
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf das Bundesrealgymnasium 23 aus der Anton-Krieger-Gasse recht herzlich bei uns begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Zu Wort gemeldet ist Frau Nationalrätin Jachs. – Bitte.