11.38

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich darf da vielleicht noch ein bisschen Aufklärung in die Sache bringen, Herr Kollege Laimer hat nämlich vollkommen recht: Sowohl die SPÖ als auch wir von der FPÖ haben dem Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz in zweiter Lesung zugestimmt. Wir haben dann nur in dritter Lesung, bei der nicht partiell über das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz, sondern über das gesamte Budgetbegleitgesetz abgestimmt wurde – in dem auch viel anderer Unsinn drinnen war (Ruf bei der ÖVP: Hoi, hoi!) –, dagegengestimmt. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben auch noch einen Abänderungsantrag eingebracht, in den wir unsere Ergänzungen zum Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz gepackt haben.

Jetzt aber zum eigentlichen heutigen Thema, zum Budget: Leider ist es in Öster­reich so, dass immer erst etwas Tragisches passieren muss, bevor die Politik bereit ist, mehr Geld in unsere Sicherheit zu investieren. Nach dem Lawinen­un­glück in Galtür, das war im Februar 1999 – ich kann mich deswegen noch so genau erinnern, weil ich damals als Einjährig-Freiwilliger gerade beim Bundes­heer war –, gab es plötzlich Geld, um neue Hubschrauber zu kaufen, die Black-Hawk-Hubschrauber wurden dann angeschafft. Jetzt hat es einen Krieg in Europa gebraucht, damit es endlich zu einer merklichen Budgeterhöhung im Vertei­digungsbereich kommt. Es ist traurig und bedenklich, dass immer ein entsprechender Anlassfall benötigt wird und die Politik nicht verantwor­tungsbewusst und vorausschauend in unsere Sicherheit investiert.

Auch wenn die geplante Budgeterhöhung grundsätzlich positiv ist – immerhin wird erstmals die lange geltende Schallmauer von 3 Milliarden Euro durch­brochen –, bleibt trotzdem nüchtern festzuhalten, dass diese weniger hoch ist, als ursprünglich von Nehammer und Tanner versprochen. Man bedient sich darüber hinaus noch eines Budgettricks, indem man erstmals die Bundesheer­pensionen einrechnet, um das Etappenziel von 1 Prozent des BIPs zu erreichen. Das gelingt aber nicht einmal mit diesem Trick, und zwar nicht einmal annähernd.

Im Jahr 2026 sollen wir dann nach Ihren gefakten Berechnungen 1,5 Prozent des BIPs erreichen. Nach unseren seriösen Berechnungen – Herr Kollege DDr. Fuchs wird Ihnen das später noch genau vorrechnen – erreichen wir im Jahr 2026 aber nicht einmal dieses 1 Prozent des BIPs ganz, obwohl die Pensionen hineingerechnet werden, geschweige denn die von Ihnen, Frau Bun­desminister, behaupteten 1,5 Prozent des BIPs. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesminister, Sie belügen uns in diesem Zeitraum bis 2026 - - (Bun­desministerin Tanner: Hallo! Hallo! Das ist unglaublich! – Ruf bei der ÖVP: Das ist ja unglaublich!)

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, für den Ausdruck „Sie belügen“ erhalten Sie entweder ein Ordnungsruf oder Sie nehmen ihn auf der Stelle zurück. Darum würde ich Sie jetzt ersuchen, weil ich glaube, Sie wissen, dass das – in welcher Form auch immer – ein Ausdruck ist, den wir im Hohen Haus nicht verwenden.

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (fortsetzend): Frau Präsidentin, dann lassen Sie es mich so ausdrücken: Die Frau Verteidigungsministerin (Abg. Deimek: Sagt die Unwahrheit!) stellt die Zahlen in den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage bewusst falsch dar und schwindelt uns daher einen Betrag von 1,9 Milliarden Euro vor, den es gar nicht gibt. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Wenn man dann nämlich auch noch die Bundesheerpensionen herausrechnen würde, dann würden wir von einem Betrag von 4,57 Milliarden Euro reden. (Beifall bei der FPÖ.)

Festzuhalten bleibt, dass wir auch mit Ihrem Budgettrick, die Pensionen da einzurechnen, bis ins Jahr 2026 dieses 1 Prozent, das eigentlich schon für heuer versprochen war, nicht ganz erreichen werden und im Jahr 2026 ganz, ganz weit weg von den 1,5 Prozent sind.

Von Nato-Ländern werden übrigens 2 Prozent des BIPs verlangt. Deutschland plant, sogar noch mehr als diese 2 Prozent auszugeben und darüber hinaus zusätzlich noch ein Sonderinvestitionspaket von 100 Milliarden Euro. Ein neu­traler Staat wie Österreich müsste eigentlich verhältnismäßig mehr Geld ausgeben als ein Staat, der einem Verteidigungsbündnis, einem Militärbündnis angehört.

Wesentlich wäre es aber auch noch, die völlig veraltete Sicherheitsstrategie zu überarbeiten, die inhaltlich aus dem Jahr 2011 stammt und im Jahr 2013 hier im Hohen Haus beschlossen wurde, also rund 20 Jahre alt ist. Die aktuelle Sicher­heitslage in Europa unterscheidet sich grundlegend von jener, die der nunmeh­rige Generalstabschef im Mai 2020 im Hinterzimmer eines Nachtlokals ausgewählten Journalisten vorgestellt hat und dabei die militärische Landesverteidigung für obsolet erklärt hat.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Überarbeitung der ,Österreichischen Sicherheitsstrategie‘“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird in Anbetracht des Krieges in Europa aufgefordert schnellstmöglich die immer noch gültige Sicherheitsstrategie unter Einbeziehung aller im Hauptausschuss des Nationalrates vertreten Parteien zu überarbeiten.“

*****

Frau Bundesminister, ich darf abschließend zusammenfassen: Sie und Bundes­kanzler Nehammer haben großspurig viel angekündigt, können oder wollen Ihre Versprechungen jetzt nicht einhalten und bedienen sich falscher Zahlen und unseriöser Budgettricks, um in der Öffentlichkeit dennoch gut dazustehen. Das gelingt Ihnen aber nicht. Lesen Sie dazu nur den hervorragend recherchierten Artikel in der Tageszeitung „Die Presse“ von gestern. (Abg. Deimek: Die Anleihen an die ...! Die Frau Minister ist aus Niederösterreich!)

Das schaffen auch nur Sie, Frau Bundesminister: dass eine grundsätzlich positive Budgeterhöhung selbstverschuldet und vollkommen berechtigt als Niederlage empfunden und diskutiert werden muss. (Beifall bei der FPÖ.)

11.44

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Reifenberger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Überarbeitung der „Österreichischen Sicherheitsstrategie“

eingebracht im Zuge der Debatte über TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes-voranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.), Untergliederung 14 – Militärische Angelegenheiten, in der 183. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 17. November 2022  

Die Auszahlungen im Budget 2023 der UG 14 sind im BVA-E 2023 mit 3.317,9 Mio Euro veranschlagt. Die Hauptaufgaben der UG14 sind die militärische Landes­ver­teidigung sowie der Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handels­fähigkeit sowie die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren, die Hilfeleistung bei Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfangs und die Hilfeleistung im Ausland bei Maßnahmen der Friedenssicherung, der humanitären Hilfe und der Katastrophenhilfe.

Dem Budgetbericht 2023 konnte entnommen werden:

Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine stellt eine sicherheits­politische Zäsur in Europa dar. Die seit dem Ende des Kalten Krieges in Europa existierende Friedensordnung wurde damit in ihren Grundfesten erschüttert. Diese Entwicklung bringt neue, weitreichende Herausforderungen mit sich und verlangt eine Neubeurteilung der bisherigen Sicherheitsstrategie Europas und Österreichs.

Schon die Sicherheitspolitische Jahresvorschau 2021 besagt:

Zu Beginn des Jahres 2021 ist eine qualitative Veränderung in der Beurteilung der Risikolage Österreichs festzustellen. Die Sicherheitslage Österreichs ist nicht mehr bloß von einer allgemeinen und eher abstrakten Verschlechterung der Lage gekenn­zeichnet, vielmehr sind mehrere der bislang nur prognostizierten Szenarien nunmehr auch tatsächlich eingetreten.

Die Bundesregierung nahm am 1. März 2011 den Bericht über eine österreichische Sicherheitsstrategie zustimmend zur Kenntnis, in weiterer Folge wurde diese im Parlament bis 2013 diskutiert. Diese Sicherheitsstrategie beruht auf Informationen und Beurteilungen aus dem Jahr 2010 und ist somit mehr als veraltet und überholt. In der Ukraine führen Streitkräfte mit starken Panzer-Verbänden und anderen schweren Waffensystemen mit massiver Artillerie- und Luftunterstützung einen konventionellen Krieg. Der 24. Februar 2022 hat einen europäischen Epochen­wech­sel eingeleitet, dessen Konsequenz eine wesentlich verbesserte Verteidigungs­fähigkeit Europas sein muss.

Die aktuellen und absehbaren Rahmenbedingungen für die Sicherheit Österreichs und der Europäischen Union unterscheiden sich grundlegend von jenen, die ein General im Mai 2020 in einem Hinterzimmer eines Nachtlokals Journalisten vorgestellt hat, nämlich die Abschaffung der militärischen Landesverteidigung. Dass es eines Krieges in Europa bedurfte, um diese Bewusstseinsänderung bei den Regierungsparteien herbeizuführen, ist eine Tragik.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird in Anbetracht des Krieges in Europa aufgefordert schnellstmöglich die immer noch gültige Sicherheitsstrategie unter Einbeziehung aller im Hauptausschuss des Nationalrates vertreten Parteien zu überarbeiten.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter David Stögmüller. – Bitte.