10.11

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Wir sprechen heute über das Volksbegehren Rücktritt Bundesregierung. Auch wenn die Inhalte durchaus streitbar sind – es gibt einige Themen, die darin zu Recht kritisiert wer­den, nämlich die Frage der Coronapolitik, der Nachvollziehbarkeit von Maß­nahmen und ob sie evidenzbasiert sind, aber manche Punkte, die da an Kritik enthalten sind, teilen wir als NEOS nicht –, ist das Grundansinnen sehr verständlich, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Wir sehen eine Bundesregierung, die mittlerweile seit einer sehr langen Zeit von Skandalen erschüttert wird und gleichzeitig, weil sie eben aufgrund der eigenen Skandale die Hände so voll hat, nicht die Energie hat, um notwendige Reformen voranzutreiben.

Wir sehen – das haben wir auch bei den bis gestern dauernden Budgetdebatten gesehen –, dass es für alle Bereiche gilt. Es ist egal, ob wir von der Anti­korruptionspolitik – da fehlt das Informationsfreiheitsgesetz, die Whistleblower­richtlinie ist nicht umgesetzt worden und der Bundesstaatsanwalt kommt nicht –, über die Frage eines gesunden Haushalts oder über Klima- und natürlich auch Bildungspolitik sprechen: Reformen werden in unserem Land derzeit einfach nicht umgesetzt, weil die ÖVP mit den eigenen Skandalen beschäftigt ist. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Leichtfried.)

Wir haben es uns als NEOS in der Vergangenheit nicht leicht gemacht und nicht frühzeitig zu Neuwahlen aufgerufen, weil wir natürlich gesagt haben: Es gab eine Wahl, es gibt eine Regierung, die ist legitimiert und die soll einmal arbeiten! – Wir haben das lange, lange gesagt. Es gab viele Skandale, bis auch wir gesagt haben, es reicht, es kann so nicht weitergehen. Der Punkt ist aber erreicht. Auch unsere Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger hat das zuletzt klarge­macht.

Diese Untätigkeit auf der Reformebene gepaart mit einer Form von Intransparenz – bis hin zu korruptivem Verhalten – hat natürlich auch in der Coronazeit tiefe Spuren hinterlassen.

Wenn wir da ein Beispiel herausnehmen, nämlich die Frage der Cofag, dann sehen wir, auch dort gab es keine zielgerichtete Maßnahme. Es wurden vielfach improvisierte Maßnahmen aus dem Ärmel geschüttelt; man hat auf die eigenen Experten, auf die Finanzprokuratur, auf die Finanzämter, auf den Verfassungsdienst, verzichtet; man hat auch bei der Konstruktion dafür ge­sorgt, dass es keine Rechtssicherheit für diejenigen, die dann Anträge ein­bringen, gibt; und man hat – und das ist ganz zentral – Unternehmerinnen und Unternehmer durch die Maßnahmen, die man bei der Cofag festgezurrt hat, tatsächlich zu Bittstellern degradiert.

Hat es gereicht? Hat man durch eine solche Politik wenigstens schnell geholfen, weil das damals ja das Versprechen der türkis-grünen Regierung war? – Das hat man nicht, und das wird auch in diesem Volksbegehren durchaus kritisiert. Wir sehen, dass bei der Cofag noch heute von den 800 000 Anträgen auf Fixkostenzuschuss 10 Prozent offen sind, das heißt, 80 000 Anträge sind noch immer nicht bearbeitet. Wir sehen, dass – es gibt nicht einmal eine genaue Zahl – 26 bis 76 Prozent der Anträge für die unterschiedlichen Arten des Ver­lustersatzes nach wie vor nicht bearbeitet sind. Selbst beim leicht abzu­wickelnden Umsatzersatz sind 2 Prozent der Anträge noch nicht bearbeitet.

Das bedeutet, wir sehen – was wir auch auf der großen Ebene sehen und was das Volksbegehren kritisiert –, runtergebrochen auf die konkreten Maßnah­men, um einer Krise zu begegnen, eine nicht funktionierende Bundesre­gierung sehr deutlich vor Augen. Intransparenz, Korruption und Untätigkeit sind eine toxische Mischung. Daher unterstützen wir NEOS auch die Forderung nach einer Neuwahl. (Beifall bei den NEOS.)

Abschließend, Herr Präsident, möchte ich Ihnen für den Ordnungsruf danken, den Sie Kollegen Hauser gegeben haben. Wir müssen im Nationalrat darauf achten, dass wir nicht nationalsozialistische Begrifflichkeiten, die die Freiheitliche Partei nur zu gerne verwendet, tolerieren, denn wenn wir dieses Gift in unser Haus einziehen lassen, dann zerstören wir unsere De­mokratie – und das ist nicht akzeptabel. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen. – Abg. Amesbauer: ... auch gleich wie­derholen!)

In diesem Sinne: Neuwahlen jetzt und für mehr Psychohygiene auch in diesem Haus! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

10.15

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Yil­dirim. – Bitte.