13.08

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zusehe­rinnen und Zuseher zu Hause oder sonst wo vor den Bildschirmen! Es ist schon bedauerlich, lieber Kollege Shetty, dass Sie an diesem wichtigen, guten und sinnvollen Antrag die Genese so in den Vordergrund stellen und bemängeln, denn in Wahrheit geht es um die Sache. (Abg. Künsberg Sarre: Na um Gottes willen!) Selbstverständlich ist das heute ein extrem wichtiges Signal, dass alle Parteien diesen Antrag unterstützen – unbedingt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wo stehen wir denn? – Reparatur wird erst in den letzten Jahren allmählich wiederentdeckt. Wir wissen alle, dass das ein essenzieller Schlüssel zu Senkung des Ressourcenverbrauchs und vor allem zum Senken der Abfallströme ist, denn zum Beispiel Elektronik und Elektroware erfahren neben Textilien den größte Zuwachs bei den Abfallgruppen. Das ist also ein extrem wichtiger Punkt, den wir da heute zum Glück geeint beschließen.

Aus der Perspektive des Konsumentenschutzes: Was hat denn der Konsument, die Konsumentin für Möglichkeiten, überhaupt zu wissen, welche Geräte reparaturfähig sind? – Dazu führe ich eine der jüngsten Umfragen an: 70 Prozent der Bevölkerung geben an, in Sachen Klimaschutz mittelmäßig informiert zu sein und nicht genau zu wissen, was notwendig ist, um Klimaschutzmaßnah­men aktiv zu unterstützen. Jedoch finden 90 Prozent der Bevölkerung Österreichs Maßnahmen für den Klimaschutz sinnvoll und notwendig. Das ist eine wichtige Botschaft, die sich um Konsumverhalten, aber auch Produktions- und Konsummuster dreht. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Neben Energiewende, Energieerzeugung, Mobilität, Ernährung und Gebäude­infrastruktur ist das Produktions- und Konsummuster eine der essenziel­len Stützen für klimafreundliche Maßnahmen. Das ist der Schlüssel für indivi­duelles Verhalten, es ist aber auch der Schlüssel in Richtung Wirtschaft, Produktion sowie Produktionsdesign und in Richtung Arbeitsmarktentwicklung beziehungsweise Ausbildung. Bei den Konsumgütern sind wie erwähnt Elektro- und Elektronikgeräte und Textilien besondere Sorgengruppen, wenn es darum geht, dass das Abfallvolumen nicht noch größer wird. Umso wichti­ger ist, dass Reparieren auf allen Ebenen gefördert wird, und es geht dabei nicht nur um das Know-how, sondern vor allem auch um die Information und den Informationszugang für Konsumentinnen und Konsumenten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auf EU-Ebene wurde mit der Ökodesignrichtlinie 2021 eine wichtige Grundlage geschaffen: das Recht auf Information für zehn Warengruppen. Unter an­deren sind da die wichtigen Warengruppen Waschmaschinen und Trockner, Geschirrspülmaschinen, elektronische Displays, Kühlgeräte, Licht­quellen und auch Elektromotoren aufgeführt.

Das muss man im Zusammenhang mit den ersten Ergebnissen des Repa­raturbonus österreichweit sehen. Seit April 2022 gibt es in Österreich den Reparaturbonus für Elektro- und Elektronikgeräte, und die Erfahrungen decken sich eins zu eins mit den Zielrichtungen dieser wichtigen Pro­duktgruppen.

Was sind die top fünf der Geräte, deren Reparaturkosten zur Förderung bereits eingereicht wurden? – Im Zeitraum April bis jetzt, also in den knapp sie­ben Monaten, seit es den Reparaturbonus gibt – die Erfahrungen zeigen, dass die Nachfrage extrem groß ist, es ist ein Erfolgsprojekt, es wurden bereits fast 300 000 Förderboni abgewickelt (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP) –, sind die top fünf der Produkte, für die der Reparaturbonus ein­gereicht wurde, genau diese Gruppen, über die wir jetzt gesprochen haben und die auch die meisten Abfälle verursachen: eins: Mobiltelefone; zwei: Ge­schirrspüler; drei: Haushaltswaschmaschinen; vier: Kaffeemaschinen; und fünf: Notebooks. Der Reparaturbonus geht also genau in das Segment, in dem wir die Abfälle reduzieren wollen, die Ressourcen schonen wollen und vor allem die Lebensdauer der Produkte, auch im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten, unbedingt verlängern wollen – ein Erfolgsprojekt ersten Ranges. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Eine zweite wichtige Erkenntnis dieses Projektes betrifft die Kosten. Das Modell sieht vor: 50 Prozent der Reparaturkosten werden bis zu einem maximalen Betrag von 200 Euro ersetzt. Es hat sich in diesen sieben Monaten gezeigt, dass der durchschnittliche Betrag bei 100 Euro liegt. Der Reparaturanteil ist der­zeit also niedriger, als er sein könnte. Umso erfreulicher ist, dass man dadurch mit den vorgesehenen Mitteln etwas länger auskommt – ein tolles Projekt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das betraf jetzt die Reparaturen von Geräten, die man einem Betrieb zur Reparatur übergibt, für die man dann den Bonus in Anspruch nimmt. In Wahrheit gibt es aber noch einen anderen großen Bereich, und zwar jenen, wenn man selber in der Lage ist, Ersatz- oder Verschleißteile auszutauschen. Oft feh­len aber die Informationen über das Durchführen von leichten und kleine­ren Reparaturen, oft lassen sich die Geräte gar nicht öffnen oder aufschrauben oder gibt es zu dem Gerät keine Gebrauchs- oder Austauschanleitung. Und da setzt jetzt wieder die Ökodesignrichtlinie an, genau das, worüber wir heute reden: Die Möglichkeit der Reparierbarkeit muss den Konsu­mentinnen und Konsumenten auch als Information zur Verfügung stehen, das heißt, das Recht des Käufers auf Reparatur umfasst, dass der Aus­tausch von Ersatzteilen möglich ist und auch die Information dazu vorhanden ist.

Es wurde vom Kollegen Kühberger schon angesprochen: Welche Teile kann man beim Auto heute noch reparieren oder austauschen? Bei meinem ersten Auto, das ich als Studentin hatte, konnte ich noch problemlos die Scheinwerfer­birnen austauschen. Probiert das heute einmal! Ich habe noch mit Polyester an meinem Auto gearbeitet. Also das sind ja beinahe geschichtsträchtige Tätig­keiten, die man heute gar nicht mehr machen kann. Der Zugang zu einzel­nen Teilen ist oft gar nicht mehr möglich, weil das große, verschweißte Einzel­teile oder Elektronikteile sind, die man gar nicht mehr tauschen kann.

Der nächste Punkt ist: Information zu Reparatur und Wartung. Es geht darum, zu wissen, welche Tätigkeiten regelmäßig durchgeführt werden müssen, und es geht um den Zugang zu Gebrauchsanleitungen, zu Programmupdates, zu Bauan­leitungen und darum, dass die Ersatzteile sieben bis zehn Jahre vorgehalten werden müssen und es überhaupt die Möglichkeit gibt, das Gerät zu reparieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich komme zum nächsten Punkt: Wegwerfen hat in den letzten Jahren zu einem geradezu verschwenderischen Umgang geführt. Ich zeige das anhand des Beispiels Onlinewarenhandel. Greenpeace hat 2020 eine Studie veröffentlicht, wonach vom Gesamtvolumen des Onlinehandels 1,4 Millionen Pakete aus Österreich mit neuwertiger Kleidung oder Elektronik vernichtet wurden. Das be­deutet, bevor sich überhaupt die Frage stellt, etwas zu reparieren, zu er­neuern oder zu warten, noch bevor wir überhaupt in dieses Stadium kommen, werden 1,4 Millionen Pakete entsorgt, vernichtet. Es ist billiger, Neuware zu vernichten, als sie wieder in den Wirtschaftskreislauf und vor allem in den Nutzungskreislauf einzuführen. Da leisten wir uns eine Ressourcenver­geudung allererster Güte.

Auch der Klimarat, der sich mit all diesen Fragen in den Hauptbereichen von Mobilität bis Konsum und Produktionsmustern befasst hat, hat sich dezidiert für ein Verbot der Vernichtung von Neuwaren ausgesprochen. Das ist den Men­schen ein großes Anliegen.

An dieser Stelle ein Dank an die Mitglieder des Klimarates, die in einem halben Jahr unglaublich intensive und fachkundige Arbeit geleistet und 88 Emp­fehlungen an die Regierung gerichtet haben. An diesen sieht man, wie inhaltlich kompetent der Klimarat ist und dass er mit sehr viel Expertise gearbeitet hat.

Der Klimarat spricht sich also für ein Verbot, Neuwaren zu vernichten, aus, für ein Verbot, genusstaugliche Lebensmittel zu vernichten, und dafür, dass Retoursendungen im Onlinewarenhandel kostenpflichtig sein müssen, also mit dem kostenlosen Hin- und Herschicken durch die ganze Welt aufzuhören. Aus allen Gemeinden kenne ich die Klagen, dass die unterschiedlichen Zulieferer in Wahrheit zu einem echten Problem geworden sind, und weiß, dass mitt­lerweile niemand mehr einsieht, dass Pakete kreuz und quer durch ganz Öster­reich gefahren werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch die Umsetzung des Rechts auf Reparatur ist eine der Empfehlungen des Klimarats und im Zusammenhang damit die Förderung der Kreislaufwirt­schaft, der Aufbau von Know-how, von Bildung, aber auch der Ausbau von Aus­bildungsmöglichkeiten und Information, all das, was Reparaturen ermögli­chen kann.

Es ist also wichtig, dass der Konsument weiß: Was kann ein Produkt? Ist es re­paraturfähig? Kann man Komponenten austauschen? Und da mache ich jetzt einen Schwenk zu einem anderen Bereich, zu einem Antrag, der heute von allen Fraktionen gemeinsam eingebracht wurde und im nächsten Umwelt­ausschuss behandelt werden wird. Dabei geht es um das Wissen, wenn ich ein Produkt kaufe, welche Inhaltsstoffe überhaupt darin enthalten sind, und das ist bei den Nahrungsmitteln natürlich ein sehr großes Thema. Im konkreten Fall geht es um eine Information über Bestandteile von Nahrungsmitteln, nämlich bei Haifischprodukten. Österreich importiert gar nicht wenige Fischpro­dukte, von denen man nicht weiß, ob sie Bestandteile von illegal gefisch­ten, streng geschützten Arten enthalten oder nicht; und der Konsument, die Kon­sumentin hat aufgrund von mangelnder Deklaration keine Möglichkeit, zu wissen, ob Bestandteile geschützter, streng geschützter Arten illegal enthal­ten sind. Daher wurde heute dazu ein Selbständiger Entschließungsantrag von uns eingebracht. Ich bedanke mich für die Unterstützung aller Fraktionen, dass das möglich geworden ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Danke, dass es möglich geworden ist, hier ein nationales Verbot von kommerziellen Haiproduktimporten und die gesetzlichen Vorgaben des Ar­tenschutzes zu prüfen, auch des Gesundheitsschutzes, weil da auch ge­sundheitsschädliche Methylquecksilberbestandteile festgestellt wurden und Haifische insgesamt in den Ökosystemen der Meere eine wichtige Funktion einnehmen und daher auch für den Klimaschutz relevant sind.

Erfreulicherweise findet derzeit die internationale Artenschutzkonferenz statt, bei der zum ersten Mal 60 gefährdete Haiarten unter Schutz gestellt wur­den – ein Meilenstein im Artenschutz, der gestern bei der Konferenz in der CITES, der Konvention über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen, gesetzt wurde. Dieser Schutz von gefährdeten Haiarten ist ein wichtiges Signal und ein großer Erfolg für den Artenschutz. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Nur wenn Konsumentinnen und Konsumenten die Chance haben, bei einem Produkt zu wissen, welchen Einfluss sein Inhalt oder die Erzeugung hat, oder auch, wie die Auswirkungen dieses Produktes sind, ist es möglich, auch einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz, zum Artenschutz und für ei­ne nachhaltige Welt zu leisten. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

13.21

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich würde gleich abstimmen lassen, wenn ich Ihre Zustimmung bekomme. – Gut.