12.16
Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Österreicherinnen und Österreicher, Menschen, die in Österreich leben! Sehr geehrte Besucher:innen hier im Hohen Haus auf der Galerie! Zunächst einmal ist es mir ein ganz besonderes Anliegen, einen Dank auszusprechen: Danke an die Freiheitliche Partei dafür, dass sie diese Aktuelle Stunde einberufen hat, weil sie damit tatsächlich Themen in den Vordergrund stellt, die die Menschen in unserem Land mehr als belasten. Wir sind im dritten Jahr der Pandemie, wir erleben Krieg in Europa, wir haben eine Energiekrise, eine Teuerung, eine steigende Inflation und wir haben eine Migrationskrise, die uns tatsächlich vor große Herausforderungen stellt.
Von der Vielzahl seiner Punkte, die der Klubobmann erwähnt hat, aus der Seitenrandposition des Hineinrufens, möchte ich einen herausgreifen, der tatsächlich wichtig ist. (Abg. Belakowitsch: Alle sind wichtig!) Wir haben es uns in Österreich nicht leicht gemacht, der Schengenraumerweiterung gegenüber Bulgarien und Rumänien nicht zuzustimmen. (Abg. Kickl: Gespannt, wie lange Sie es durchhalten!) Das Thema, das uns dabei plagt, ist nicht ein parteipolitisches oder eine schnelle Schlagzeile, die man erreichen will, sondern die Herausforderung, dass wir über hunderttausend irreguläre Migrantinnen und Migranten, in der Regel Migranten, in Österreich aufgegriffen haben und mehr als 75 000 davon nicht registriert waren.
Was heißt: nicht registriert? – Nicht registriert bedeutet, diese Menschen haben irgendwo eine EU-Außengrenze durchschritten, sind durch EU-Mitgliedsländer durchgegangen und wurden dabei polizeilich kein einziges Mal erfasst. Über 75 000 nicht registrierte Grenzübertritte heißt, 75 000-mal nicht zu wissen, wer die Grenze überschreitet, ob mit guter oder mit böser Absicht. (Abg. Meinl-Reisinger: Sollte man mit Ungarn reden, oder? Oder mit Serbien!) Gleichzeitig haben wir uns in der EU auf die Fahnen geheftet, gegen den Terrorismus, gegen die organisierte Kriminalität, gegen den Menschenhandel, gegen den Waffen- und Drogenschmuggel aktiv vorzugehen. Wenn wir aber in 75 000 Fällen – und das ist nur Österreich – nicht wissen, wer unsere Grenzen überschreitet, dann ist das nicht nur für Österreich ein Sicherheitsthema, sondern für die ganze Union. Und weil das nicht nur wir so sehen, sondern auch die Niederlande, haben wir uns dazu entschlossen, die Schengenraumerweiterung jetzt nicht zu vollziehen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kickl und Krisper.)
Was bedeutet der Schengenraum? Der Schengenraum bedeutet: Europa hat Außengrenzen, und nach innen gibt es keine Grenzen mehr. – Eine zutiefst positive europäische Vision, ein zutiefst positiver europäischer Ansatz, manche haben sogar von einer zutiefst europäischen Vision gesprochen, aber die Realität schaut längst anders aus. Seit 2015 kontrolliert die Bundesrepublik Deutschland die Grenzen zu Österreich. Jeder Österreicher, jede Österreicherin, der beziehungsweise die Deutschland bereist, kann von deutschen Bundespolizisten kontrolliert werden. (Abg. Belakowitsch: Wird er aber nicht!)
Österreich kontrolliert die Grenzen zu Ungarn und zu Slowenien, nicht nur mit der Polizei, sondern auch mit dem Bundesheer, und die Bundesrepublik Deutschland kontrolliert dazu jetzt noch die Grenzen zu Tschechien, daraufhin die Tschechen zur Slowakei und wir auch noch die Grenze zur Slowakei. (Abg. Krisper: Logik, wo bist du? – Abg. Meinl-Reisinger: Da sehen Sie vielleicht das Problem!) Das heißt, das grenzfreie Europa nach innen existiert schon jetzt nicht (Abg. Scherak: Ja, weil ihr angefangen habt, die Grenzen zu ...!), und in so einer Phase, in der wir ein tatsächliches Problem haben, denkt die EU-Kommission noch daran, die Erweiterung durchzuführen. (Abg. Kickl: Na ja, Ihr Herr Karas auch! Das habt ihr im EU-Parlament selbst beschlossen!)
Österreich wurde von manchen Kritikern gescholten, warum wir denn jetzt Nein sagen. Das hätte doch nichts mit Schengen zu tun; denn die, die das behaupten, sehen Schengen nur als freien Transitverkehr zwischen den Ländern, nicht aber, dass es da auch um Freizügigkeit im Personenverkehr geht. 75 000 nicht registrierte Personen zeigen das Versagen des Systems (Zwischenrufe bei FPÖ und NEOS), und das System versagt nicht nur im Schengenbereich an sich, sondern wir haben ein Scheitern auch im EU-Asylsystem.
Die Zahl, die Klubobmann Kickl anspricht, ist tatsächlich besorgniserregend. Sie zeigt auch das Ungleichgewicht in der Europäischen Union, ja, sie zeigt auch, dass die Maßnahmen Österreichs jetzt notwendig und richtig sind, weil die Kommission jetzt, zum ersten Mal seit Langem, tatsächlich das Problem als solches erkannt hat und es auch für Österreich benennt. (Heiterkeit des Abg. Kickl.) Die Fragen der Migration, die Fragen der illegalen Einreisen, der Kampf gegen organisierte Kriminalität und Schlepperei – da dürfen wir hier in diesem Saal keine Sekunde naiv sein – funktionieren nur in einer Gemeinschaft, funktionieren nur zusammen, aber das passiert jetzt gerade eben nicht.
Der Innenminister hat klare Forderungen aufgestellt, wie man dem Problem begegnen kann. (Abg. Belakowitsch: Der soll nicht Forderungen aufstellen ...!) Das Thema ist der Außengrenzschutz, der tatsächlich einmal funktionieren muss. Das Thema ist, dass wir Rückführungen nicht nur nationalstaatlich regeln, sondern tatsächlich europäisch organisiert, sodass wir Kooperationen mit den Herkunftsstaaten haben, damit ein schnelleres, effizienteres Zurückbringen auch möglich ist. (Beifall bei der ÖVP.)
Darin liegt viel Potenzial. Im Fünfpunkteplan ist auch die Zurückweisungsrichtlinie enthalten – diese gibt es noch nicht, Österreich setzt sich dafür ein, dass sie entwickelt wird –, die die Möglichkeit gibt, dass man, wenn man große Kontingente an Menschen aufgreift und weiß, dass sie keine Asylberechtigung bekommen werden, sie auch schnell zurückweisen und damit auch zurückführen kann. (Abg. Belakowitsch: Also was jetzt? ...!)
Weil uns die Union derzeit aber in dieser Frage zu wenig hilft und wir außergewöhnlich belastet sind, ist es notwendig und wird es notwendig sein, dass Österreich selbst Initiativen ergreift. Diese Initiativen sind unter anderem, dass wir den Asyltourismus gestoppt haben – ein Wort, das für viel Aufregung sorgt, das aber bei genauer Betrachtung zu 100 Prozent zutrifft, auf Menschen zum Beispiel, die nach Serbien fliegen und sich von Serbien aus auf den Weg machen, um sich ein Land in der Europäischen Union auszusuchen, in dem sie den Asylantrag stellen.
Es war unsere Initiative, jetzt gemeinsam mit Ungarn und Serbien einen Plan zu entwickeln, wie wir gegen die illegale Migration an unseren Grenzen vorgehen können (Abg. Kickl: Es ist so hilflos!), und die Wahrheit dabei ist, dass wir erste Erfolge verzeichnen können (Abg. Belakowitsch: Welche?): Der Präsident Serbiens hat die Visaliberalisierung betreffend Tunesien und Burundi sowie mit Jahresende Indien zurückgenommen. (Abg. Meinl-Reisinger: Den Druck hat ja die EU-Kommission gemacht! ...! Das ist ja lächerlich!) Tunesien ist für uns jetzt schon besonders sichtbar, weil wir gesehen haben, dass die Zahl von 100 Asylanträgen pro Tag derzeit gegen null tendiert, und genau so erwarten wir es uns auch gegenüber Indien. (Abg. Kickl: Weil’s kalt ist draußen!)
Zur Kooperation mit Ungarn: Ungarn ist unser Nachbar. Gegen Ungarn werden vonseiten der EU verschiedene rechtsstaatliche Verfahren geführt, weil Ungarn immer wieder gegen EU-Recht verstößt. Österreich unterstützt diese Verfahren, weil Rechtsbruch in der Union tatsächlich ein Problem ist. (Abg. Belakowitsch: Ja weil ... 3 000 Asylanträge!) Gleichzeitig ist es unser Nachbar, und gleichzeitig haben wir 100 000 Aufgriffe an dieser Grenze zu Österreich, und deshalb braucht es die Kooperation auf Polizeiebene, um gegen die illegale Migration, gegen die Schlepperei, gegen die organisierte Kriminalität vorzugehen. Genau deshalb hat heute der Innenminister mit dem ungarischen Innenminister eine große Sicherheitsoperation in Ungarn gestartet. (Beifall bei der ÖVP.)
Das heißt, Österreich ist selbst initiativ, weil wir uns selbst helfen müssen, bis uns tatsächlich ein funktionierender Außengrenzschutz der Europäischen Union diese Hilfe abnimmt.
Wir sind aber auch ein Land, das immer bereit ist, denen, die in Schwierigkeiten sind, zu helfen, gerade in der Europäischen Union. So sehr wir jetzt zur Schengenraumerweiterung Nein sagen, sagen wir Ja dazu, dass Bulgarien bei seinem Außengrenzschutz unterstützt werden muss. Bulgarien hat eine lange Landgrenze zur Türkei, der Präsident selbst bittet um diese Hilfe. Die Kommission ist da zu träge, zu wenig entscheidungsfreudig, die Kommission ist nicht bereit, finanzielle Hilfe zu leisten, wenn es darum geht, einen Grenzzaun zu errichten. (Abg. Kickl: Wie lange ist denn das schon so mit der Grenze?) Das ist tatsächlich ein Problem, und Bulgarien braucht da auch die Fürsprache Österreichs. Es braucht den Druck auf die Kommission, dass endlich finanzielle Mittel in die Hand genommen werden, um Länder dabei zu unterstützen, tatsächlich ihre Grenze zu sichern. Österreich setzt sich dafür ein. (Beifall bei der ÖVP.)
Genauso unterstützen wir auch Rumänien auf diesem Weg. Die Union steht immer auch für Gemeinsamkeit; dann aber, wenn das System versagt, dann, wenn man sieht, dass man sich selbst helfen muss, weil andere nicht helfen, genau dann müssen wir das tun, was wir gerade machen: Die Asylbremse ist das entscheidende Mittel gegen die steigenden Asylantragszahlen, die Kooperation mit den Ländern, die davon betroffen sind, dass der Grenzschutz tatsächlich entwickelt wird. Wir werden den Druck im Europäischen Rat auch weiterhin aufrechterhalten, indem wir das Thema Migration auch bei diesem Rat auf die Tagesordnung gebracht haben – das habe ich gestern mit dem Präsidenten des Europäischen Rates Charles Michel vereinbart.
Jetzt zu einem Thema, das immer wieder gerade von der Freiheitlichen Partei bedient wird und mit dem aus meiner Sicht in einer Zeit des eigentlich notwendigen nationalen Zusammenhalts immer wieder versucht wird, einen Spalt in die Gesellschaft zu treiben. (Abg. Belakowitsch: Warum spalten Sie denn immer, Herr Bundeskanzler?) Es geht um die sogenannten Sanktionen gegen die Russische Föderation.
Ich habe Ihnen sehr genau zugehört, Herr Klubobmann. (Abg. Belakowitsch: Ja hoffentlich! – Abg. Wöginger: Wenn du einmal eine Ruhe geben würdest, hättest du auch zuhören können! Die ganze Zeit: qua, qua, qua!) Sie haben davon gesprochen, dass wir uns einseitig positionieren. Herr Klubobmann, ich gehe davon aus, dass Sie als Vertreter einer im Parlament vertretenen Partei nicht dem Krieg das Wort reden möchten (Abg. Kickl: Das machen Sie!), denn der Krieg, den wir gerade erleben, ist von der Russischen Föderation gegen die Ukraine ausgelöst worden. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Es ist nicht die Ukraine in die Russische Föderation einmarschiert, sondern die Russische Föderation in die Ukraine, und die Russische Föderation hat versucht, den ukrainischen Präsidenten zu stürzen, indem die Truppen von Nord nach Süd, nach Kiew vorgestoßen sind und daran dann, für die russische Armee überraschenderweise, massiv daran gehindert worden sind. Man kann schon versuchen, Fakten zu verdrehen, aber das wird da selbst Ihnen nicht gelingen, weil der Befund eindeutig ist, wer der Aggressor ist und wer der Verteidiger ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Ja, ja! Sie setzen halt einen willkürlichen Anfangspunkt!)
Aus dieser Haltung – durch Ihre Brille gesehen auch nachvollziehbar – sind dann die Sanktionen schuld an dem, was unser aller Leben erschwert. (Abg. Belakowitsch: Wer sagt das?) Die Wahrheit ist aber: Das Gegenteil ist der Fall. Gäbe es keinen Krieg, so gäbe es keine Sanktionen. (Abg. Kickl: Ja, nicht bei jedem Krieg gibt es Sanktionen!) Gäbe es keinen Krieg, so gäbe es keine brutale Spekulation im Energiebereich. (Abg. Steger: ... bei jedem Krieg Sanktionen ausgesprochen, oder?) Und ohne diesen Krieg – das auszusprechen, meine sehr geehrten Damen und Herren, erachte ich für das Wichtigste, gerade hier im Hohen Haus –, ohne diesen Krieg gäbe es auch kein Leid, kein Morden, kein Vergewaltigen, kein Töten. Ursache und Wirkung auseinanderzuhalten, dazu sollte jeder hier im Hohen Haus in der Lage sein, und gerade das nationale Selbstbewusstsein eines neutralen Staates sollte dazu führen, dass man immer mit denen solidarisch ist, die gerade besonders in Not sind. Und das sind jetzt die Ukrainer und die Ukrainerinnen! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Sie machen es sich ein bissl einfach!)
Betreffend aber die Dankbarkeit, die ich heute ausgesprochen habe, für diese Aktuelle Stunde: Ich bin tatsächlich dankbar dafür, denn in unsicheren Zeiten ist es wichtig, den Menschen Sicherheit zu geben.
In unsicheren Zeiten ist es wichtig, nicht Panik zu verbreiten, keine Angst zu schüren, keinen Zwiespalt in der Gesellschaft zu säen (Zwischenruf des Abg. Amesbauer), sondern miteinander die Krise zu bewältigen. (Abg. Belakowitsch: Ja, die Lebensgefährder!) Ich trete vor Ihnen den Faktenbeweis an und lade Sie dazu ein, doch noch Ihren Weg ein Stück weit zu überdenken.
Bei Ausbruch des Krieges, am 24.2., und in den Folgemonaten war die größte Angst, war das dominierende Thema in Österreich, dass wir zu wenig Gas haben werden, dass die Menschen in diesem Winter frieren werden und dass die Industrie nicht produzieren kann. (Abg. Belakowitsch: ... frieren eh!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das, was diesem Land, den Menschen in diesem Land und auch hier diesem Hohen Haus durch die Beschlüsse gelungen ist, ist tatsächlich herzeigbar und soll in Zeiten, in denen die Menschen so viel Angst haben, Mut machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Unsere Gasspeicher in Österreich, die zu den größten in Europa zählen, sind zu über 90 Prozent gefüllt. (Abg. Kickl: Jetzt muss man sich das Gas nur noch leisten können!) Das Ziel war 80 Prozent, und die größte Angst war, dass wir die Abhängigkeit von russischem Gas nicht werden reduzieren können. (Abg. Doppelbauer: Ja haben wir auch nicht!) Diese war tatsächlich riesig, unsere Abhängigkeit von russischem Gas lag bei 80 Prozent. (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.) Dieses Jahr ist es gelungen, die Abhängigkeit von 80 auf circa 20 Prozent zu reduzieren (Abg. Doppelbauer: Das ist doch ein vollkommener Blödsinn! – Abg. Kickl: Und was bedeutet das für die Konsumenten?), und das Mutmachen für die Menschen, die sich vorher so gesorgt haben und Angst gehabt haben, ist für mich wichtig. (Abg. Kickl: Was bedeutet das für die Stromrechnung? – Weiterer Ruf bei der FPÖ: ... Gasrechnung?)
Wenn es ein Problem gibt, sucht man eine Lösung, und wenn man die Lösung gefunden hat, dann gibt es hier das Hohe Haus, das die notwendigen Gesetze beschließt, und wovon die Menschen dann profitieren.
Wo spüren die Menschen die Wirkung davon, denn das Gas im Speicher allein ist ja an sich noch zu wenig? – Wir haben den Menschen auch dabei geholfen, durch diese Teuerungswelle zu kommen. Seit 1. Dezember gilt die Stromkostenbremse. Wir haben den Energiebonus ausgezahlt. Wir haben den Antiteuerungs- und Klimabonus in der Höhe von 500 Euro pro Erwachsenem und 250 Euro pro Kind pro Haushalt ausgezahlt. (Abg. Kickl: Nein, das ist nicht richtig!) Wir haben gezeigt und werden das weiterhin zeigen, dass wir die Menschen, gerade die, die besonders davon betroffen sind, wie die Bezieher:innen von kleinen Pensionen, von geringen Einkommen, in einem besonderen Ausmaß entlastet haben, damit sie durch diese Teuerung kommen können. (Abg. Belakowitsch: Wo haben Sie entlastet?) Aber im Gegensatz zu denen, die alles versprechen und dann nichts halten müssen, weil sie eben am Spielfeldrand stehen, haben wir auch immer ehrlich zugegeben, dass wir nicht alle Folgen lindern können, aber es dort zu tun, wo es notwendig ist.
Wenn wir heute darüber sprechen, dass wir erleben, dass unser deutscher Nachbar den sogenannten Doppelwumms beschlossen hat, also eine enorme Gaspreisbremse und eine dann schon nicht mehr so enorme Stromkostenbremse, denn die in Österreich ist deutlich stärker ausgeprägt als jene in der Bundesrepublik Deutschland (Abg. Leichtfried: Ja, ja, genau!), so zeigt das nur eines: Auch da war Österreich wieder schneller. Wir haben den Unternehmern im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland schon dieses Jahr geholfen – durch den Energiekostenzuschuss mit Gültigkeit bis Oktober, 1,4 Milliarden Euro, um sie durch diese Krise zu begleiten. Das ist viel. Es ist auch schwierig für die Unternehmen, überhaupt keine Frage, aber das Wichtigste ist, sie werden damit nicht alleingelassen.
Wir werden den Energiekostenschutzschirm weiter aufspannen: Stromkostenbremse für die Haushalte, Heizkostenzuschuss, gerade fürs Heizen, das, wovon die Menschen betroffen sind, 450 Millionen Euro zusätzlich für die Länder, die da in die Auszahlungsmöglichkeit kommen, und 50 Millionen Euro für die Menschen, die davon bedroht sind, die Herberge zu verlieren, denen Obdachlosigkeit wegen Delogierung droht. Das sind konkrete Maßnahmen. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Das sind keine Fantastereien, das ist keine Polemik und das ist vor allem eines, und das ist mir wichtig (Abg. Kickl: Sie sind bei den Symptomen, nicht bei der Ursache!) für die Menschen, die gerade jetzt in großer Sorge leben, und darauf können sich die Menschen in diesem Land verlassen: Diese Koalition zwischen Volkspartei und Grünen, diese Bundesregierung wird sie auf dem Weg durch die Krise nicht allein lassen (Abg. Leichtfried: Na, ihr habt sie schon!), und wir werden auch durch diese Krise stärker hindurchkommen, als wir hineingegangen sind (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen – Zwischenruf des Abg. Kickl) – mit Mut, Zuversicht, Entschlossenheit, anstatt die Angstpropaganda der anderen zu übernehmen und weiterzuverbreiten.
Wir haben gezeigt, dass wir uns widersetzen können, und wir arbeiten weiter daran, dass wir hinsichtlich der Abhängigkeit gerade von fossiler Energie freier werden. Wir arbeiten weiter daran, dass wir die Zukunftstransformation tatsächlich einleiten und nicht nur durch Krieg und Krise in der Entwicklung unserer Gesellschaft, aber auch des Industrie- und Wirtschaftsstandortes Österreich gedämpft sind. Der Transformationsfonds in der Höhe von über 5 Milliarden Euro ist die Begleitung in die Zukunft und diese Weichenstellung, damit der Standort Österreich nach wie vor attraktiv ist, dass wir in neue Technologien investieren können. (Abg. Meinl-Reisinger: ... das Geld ausgeben!) Das sind Maßnahmen, die notwendig sind, damit Arbeitsplätze entstehen und wachsen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Und wieder ein Faktenbeweis: Im Jahr 2022 – und das ist tatsächlich, das kann ich Ihnen als politisch Verantwortlicher sagen, eines der besten Gefühle, das man erleben kann (Abg. Belakowitsch: Was ist da politisch ...?!), wenn man großen Investoren gegenübersteht, die bereit sind, in die Zukunft und in Arbeitsplätze zu investieren –: BMW in Steyr, 1 Milliarde Euro, jeder zweite Elektromotor kommt demnächst aus Österreich; Boehringer Ingelheim, ein großer Pharmakonzern, 1 Milliarde Euro in Bruck an der Leitha und viele Arbeitsplätze. Gestern war ich bei Infineon in Kärnten, einem der größten Arbeitgeber, innovativ und deswegen wichtig für Österreich, weil Infineon Forschung und Produktion in Österreich weiterentwickeln will. (Abg. Kickl: ... ist eine Haider-Erfindung! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch. – Abg. Kickl: War ein guter Landeshauptmann! – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Kickl und Wöginger.) Das ist Halbleiterproduktion, das ist Zukunft, das wird für die Frage der Energieeffizienz notwendig sein.
Warum ich das erwähne, ist: Es bringt den Menschen halt leider wenig, wenn man weiter die Angstkarte bedient, die Kriegspropaganda fortführt und aus der Angst heraus wie gelähmt vor den Herausforderungen steht. Wir als Bundesregierung haben die Verpflichtung, dieses Land durch diese Krise zu führen, genauso wie die Menschen, und so, wie wir in die Frage der Zukunft mit dem Transformationsfonds investiert haben, haben wir Strukturveränderungen vorgenommen, die jetzt ihre Wirkung entfalten. (Abg. Meinl-Reisinger: Wo?)
Die ökosoziale Steuerreform – ein Riesenprojekt, das trotz Coronakrise umgesetzt wurde. Was bedeutet das für die Menschen? – Es gibt eine CO2-Bepreisung und gleichzeitig eine Entlastung. Wie ist das möglich? – Die Steuertarifstufen wurden von 42 auf 40 Prozent, von 35 auf 30 Prozent, von 25 auf 20 Prozent gesenkt. Und immer, wenn wir eine Steuerreform beschlossen haben, kam sofort die Kritik, dass durch die kalte Progression, durch die sogenannte schleichende Steuererhöhung, dieser Vorteil der Steuerreform aufgefressen wird. (Abg. Kickl: ... leuchtet noch kein Lamperl nach 20 Minuten!) Wir haben die kalte Progression abgeschafft (Abg. Belakowitsch: Schon 21 Minuten!), mit dem Ziel, auch da für nächstes Jahr den Menschen konstant mehr Geld zur Verfügung zu stellen, weil diese schleichende Steuererhöhung eben nicht stattfindet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Weil das alles zu tun und das andere nicht zu vergessen ist: Wir leben in einer Zeit der großen Herausforderungen im Bereich der Sicherheit. Viel ist darüber in Österreich schon seit Jahrzehnten gesprochen worden, vieles ist falsch gemacht worden; wenn ich an die militärische Landesverteidigung denke. (Abg. Amesbauer: Hallo ...!) Dieser Regierung, dieser Koalition gelingt es zum ersten Mal, der militärischen Landesverteidigung nachhaltig mehr Geld zur Verfügung zu stellen. (Abg. Belakowitsch: Gott sei Dank ist jetzt einmal die ÖVP ...! – Abg. Amesbauer: Wie lange sind Sie schon in der Regierung?) Das heißt tatsächlich mehr Sicherheit, mehr Katastrophenschutz und -einsatz, den unsere Soldatinnen und Soldaten täglich leisten, und es bedeutet vor allem auch in die Zukunft gerichtet eine Investition für ein sicheres, freies Österreich. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt sicher viele gute Gelegenheiten für die Opposition, die Regierungsarbeit zu kritisieren, schlechtzureden (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), aber ich werde den Versuch nicht aufgeben, Sie gerade in einer Zeit der größten Bewährungsphase dieses Landes, eine der größten Bewährungsphasen für die Menschen in diesem Land, einzuladen, ein Stück weit den Weg mitzugehen, ohne Angst, parteipolitisch etwas zu verlieren, ohne Angst, dadurch vielleicht in den Umfragewerten auch wieder zu sinken (Heiterkeit des Abg. Kickl), sondern den Mut zu haben, den Menschen in einer Zeit der Krise Sicherheit zu geben, mit Zuversicht für unser Land. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
12.39
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stocker. Jedem Redner stehen jetzt 5 Minuten Redezeit zu. – Bitte. (Abg. Kickl: Gehen wir gemeinsam den Weg der Nulllohnrunde für Sie! Für uns auch! Gehen wir es gemeinsam! Das können wir gleich machen! – Abg. Wöginger: Das hast du schon übersehen! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP. – Der Präsident gibt das Glockenzeichen.)