12.45.35

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Staatssekretärin! Diese Aktuelle Stunde der FPÖ ermöglicht es uns auch (Abg. Michael Hammer: Die eigene Position zu finden!), offen über die Europäische Union zu sprechen und deren Maßnahmen beziehungsweise Nichtmaßnah­men zur Bewältigung der Flüchtlingswelle unter – und das ist mir ganz besonders wichtig – Einhaltung und Wahrung der Menschenrechte und des Völkerrechts.

Diese Aktuelle Stunde ermöglicht es uns aber auch, offen über den Wohlstand und die persönliche und soziale Sicherheit der Menschen in Österreich zu diskutieren. Und ja, angesichts der aktuellen Flüchtlingsströme, Herr Bundes­kanzler, fragen sich viele Menschen: Was hat die Regierung aus der Flücht­lingswelle 2015 gelernt? Wann kommt die Regierung endlich vom Reden ins Tun? (Abg. Steger: Sehen Sie jetzt auch schon Probleme?) Warum werden Flüchtlinge, die größtenteils zu Recht auf der Flucht sind, in Ungarn durchgeschleust, im Burgenland aufgegriffen, dann mittels Transport nach Spielfeld in die Südsteiermark überstellt, um erst dort einen Asylantrag stellen zu können, und erst dort entsprechend aufgenommen? Da funktioniert im Sys­tem etwas nicht. Warum hat in einem gemeinsamen Europa Ungarn nur 500 Asylanträge aufliegen, während Österreich bis Jahresende 100 000 erreichen wird? All diese Fragen stellen sich die Menschen. Offenbar hat die ÖVP diesbezüglich seit 2015 nichts gelernt. (Beifall bei der SPÖ.)

Warum werden Vorschläge der SPÖ für eine funktionierende rasche Integration dieser Menschen in Österreich einfach vom Tisch gewischt? (Ruf bei der FPÖ: Na, da werden sich die Arbeiter freuen!) Warum werden diese nicht ange­nommen? – (Abg. Gödl: Welche Vorschläge: vom Doskozil oder von der Rendi-Wagner oder vom Leichtfried?) Es kann nicht das Ziel sein, hier diese Pro­bleme nicht zu lösen.

Die ÖVP trägt seit 20 Jahren die Verantwortung in diesen Fragen. Herr Bundeskanzler, seit 20 Jahren stellt Ihre ÖVP den Innenminister, seit 20 Jahren stellt Ihre ÖVP den Außenminister, seit 20 Jahren trägt die ÖVP die Verantwortung für Integration. (Abg. Ottenschläger: Das soll so bleiben!) Und wir hören heute hier in dieser Aktuellen Stunde wieder viele Ankündigungen, aber es folgen leider keine Maßnahmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich diese Aktuelle Stunde auch dazu verwenden, um das Thema soziale Sicherheit und Spaltung der Gesellschaft in Österreich anzuspre­chen. (Abg. Ottenschläger: Bis jetzt kein einziger Vorschlag! Nichts!) In meiner Funktion als Sozialsprecher, Herr Bundeskanzler, muss ich Ihnen sagen: Sie haben gesagt, Sie lassen die Menschen nicht allein. Aber: Sie lassen nicht alle allein, aber Sie lassen sehr viele Menschen allein. Und Sie spalten die Gesellschaft auch in sozialen Fragen. Ich bringe Ihnen dazu drei Beispiele.

Zu dem von Ihnen so hochgelobten Familienbonus: Menschen mit einem Brut­toeinkommen ab 1 700 Euro bekommen 2 000 Euro Familienbonus. Men­schen, deren Einkommen darunterliegt, die alleinerziehende Mutter, die in Teil­zeit beschäftigt ist, bekommt nicht diese 2 000 Euro, sondern 550 Euro. Und damit spalten Sie auch in sozialen Fragen die Gesellschaft.

Ein weiteres Beispiel: die Pendlerpauschale – hochgelobt hier von den Re­gierungsparteien. Warum spalten Sie die Gesellschaft bei der Pendlerpauschale? Warum bekommen Besserverdienende eine höhere Pendlerpauschale als Menschen, die nicht so viel verdienen, obwohl sie im gleichen Ort leben, die gleiche Fahrtstrecke haben und auch im gleichen Betrieb arbeiten? (Beifall bei der SPÖ.)

Drittes Beispiel: Warum spalten Sie die Menschen bei den Steuerfreigrenzen? Warum erhöhen Sie die Steuerfreiheit beim Einheitswert für die Bauern? Warum erhöhen Sie den Reiseaufwandsersatz für Sportler – das ist heute am Nach­mittag auf der Tagesordnung – von 60 Euro auf 120 Euro pro Tag bei Steuerfrei­heit? Warum bleibt es bei den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen seit 1996 bei 26,40 Euro am Tag picken? Warum erhöhen Sie nicht auch da diese Aufwandsersätze für die Menschen, die jeden Tag Steuern ablie­fern? (Abg. Haubner: Das eine sind Ehrenamtliche, das andere sind - -!)

Herr Bundeskanzler! Ihre Abgeordneten haben heute die Möglichkeit, bei un­seren Anträgen, die da eine Gleichstellung bedeuten, mitzustimmen. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Menschen, die mobil sind, Menschen, die zum Arbeits­platz fahren, haben sich auch eine höhere Steuerfreiheit bei Taggeldern, Diäten und Aufwandsersatz verdient, auch beim Kilometergeld, genauso wie Sie es heute Nachmittag für die Sportler planen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie schon ankündigen, ein Stück des Weges gemeinsam zu gehen, dann stimmen Sie, Ihre Abgeordneten der ÖVP, unserem Antrag betreffend Gas­preisdeckel auch zu. (Beifall bei der SPÖ.)

12.51

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Amesbauer. – Bitte.