15.11

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren zum wiederholten Male über Neuwahlan­träge der Opposition, und es gibt laufend so viele aktuelle Themen dazu. Heu­tiger aktuellster Anlass sind die Äußerungen von Bundeskanzler Nehammer in der Aktuellen Stunde heute Früh und auch in der „Pressestunde“ am Sonntag.

Er meinte da: „Ich bin der Bundeskanzler“ der Republik Österreich und habe „ös­terreichische Interessen zu vertreten. […] Wir müssen uns“ nun „selbst hel­fen“. – Ich habe mir gedacht: Mein Gott, er hat es!, wie in „My Fair Lady“. Ich war froh. Ich dachte, er denkt endlich an Österreich, an die österreichische Bevölkerung, er denkt daran, die österreichischen Interessen zu vertreten! Das müsste aber dazu führen, dass man die Politik ändert. Da ist man dann schnell wieder am Boden, denn wenn man dann seinen Ausführungen zum Asylthema lauscht, stellt man fest: Er macht es derzeit wie Ex-Bundes­kanzler Kurz. Knapp vor den Wahlen kopiert man die freiheitlichen Forderungen. Ich weiß nicht, wie weit uns das führen wird; Sie wissen genau, mit dem grü­nen Koalitionspartner kommen Sie überhaupt nicht weit, da sind alles nur hohle Worte. Ich würde auch ein bissel aufpassen, so auf Ungarn oder auch auf die Türkei loszugehen, weil die noch Kontakte zu Russland hat. Beide Länder können uns Zigtausende weitere Flüchtlinge schicken, mit denen wir nicht fertig werden.

Spricht der Herr Bundeskanzler die EZB – vielleicht einer der Preistreiber, einer der Inflationstreiber – und die Europolitik einmal an? – Nein. Oder hat er end­lich nach neun Monaten begriffen, dass die EU-Sanktionen uns mehr schaden als Russland, und wird er endlich in Brüssel Politik dafür machen, dass man da nicht weiterschraubt, sondern zurückschraubt und dass vielleicht auch endlich Ausnahmen für Österreich verhandelt werden, so wie das die meisten an­deren Länder gemacht haben? – Nein, nein, alles weit gefehlt! Wir, die Freiheit­lichen, sind radikal, wir reden Unsinn, und es ist russische Kriegspropa­ganda?! Ich weiß nicht, was die Russen sagen.

Wir kritisieren die EU-Sanktionen natürlich. Und wenn es seitens des Herrn Bundeskanzlers heißt, dass wir hier heute in schwierigen Zeiten leben, ist Schuld des Kriegs und nicht der Sanktionen, dann stimmt das nicht. Die Ukraine lebt in den schwierigsten Zeiten, weil Krieg ist, bei uns ist es nicht so. Uns geht es schlecht, weil wir diese EU-Sanktionen bedingungslos mittragen, weil wir die EZB-Politik mittragen, weil wir die Coronapolitik hinter uns haben, und weil diese ganze Asyl- und Migrationsfrage natürlich horrende Kosten verursacht. Tun Sie nicht so, als ob der Krieg die Sanktionen in dieser Form zwingend mit sich gebracht hätte! Nein, es ist nicht so! Sie hätten nur Ausnahmen verhandeln müssen, Sie hätten mäßigend einwirken müssen, Sie hätten ja einfach im Sinne der österreichischen Bevölkerung gestalterisch einwirken müssen.

Wenn Kollege Weidinger von der ÖVP es als Knechtschaft von Russland bezeichnet, dass wir seit Jahrzehnten auf einer Vertragsbasis auf Augenhöhe verlässlich günstige Energie bezogen haben, verstehe ich es nicht. Ist es nun besser, wenn wir das Zigfache bezahlen und unsere Wirtschaft und die Arbeitsplätze bedroht sind?

Das heißt, auch da hat man nach neun Monaten nicht begriffen, was man anrichtet. Man brüstet sich mit den Beihilfen und Zuschüssen, durch die man die Privatpersonen und die Unternehmer zu Almosenempfängern macht, an­statt die Wirtschaft leben zu lassen. Wie lange werden wir uns das leisten kön­nen? – Wir können es eigentlich derzeit schon nicht, und uns schaden die Sanktionen längst schon mehr als Russland. Das wissen wir, und trotzdem steigen wir nicht aus. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

Die Gazprom macht nach wie vor Rekordgewinne, die Leistungsbilanz in der Russischen Föderation war noch nie so gut. Es wird ihnen auch schaden, natürlich – aber was haben wir davon? Es geht darum, unsere Interessen zu vertreten und den Krieg nicht anzufeuern. Sie unterstützen eine Politik, zum Beispiel von der deutschen Außenministerin Baerbock, die sagt, Russland muss vernichtet werden. Das heißt: endloser Krieg! Wer redet da bitte dem Krieg das Wort – wir oder die Politik, der Sie sich bedingungslos ausgelie­fert haben? (Beifall bei der FPÖ.)

Außenminister Schallenberg war da übrigens im Außenpolitischen Ausschuss schon weit vernünftiger. Er hat gesagt, es wird auch in Zukunft ohne Russ­land keine Sicherheit in Europa geben. Das ist Gott sei Dank schon ein bisschen anders, aber es hat sich noch nicht zum Herrn Bundeskanzler durchge­sprochen. Das heißt, wer die Sanktionen kritisiert, ist deswegen nicht pro­russisch.

Das ist einfach Unsinn, wenn man sagt, die Explosion der Energiekosten ist allein eine Folge des Kriegs. Es ist Unsinn, sie ist eine Folge der Sanktionen (Ruf bei der ÖVP: ... Sanktionen ...!), sie ist vor allem auch eine Folge der irren Energie­wende, die Sie mittragen, weil Sie an Ihren Koalitionspartner gebunden sind. Diese große Aussage, wir haben die Abhängigkeit von russischem Gas von 80 auf 20 Prozent reduziert, hält, glaube ich, der Überprüfung nicht ganz stand. Mich würde es interessieren, beantworten Sie einmal: Woher kommt es, woher kommt es nächstes Jahr, was kostet es, wie lange können wir uns das noch leisten, wie sicher ist das? Wirtschaftsminister Habeck in Deutschland hat genau dieselbe Aussage gemacht, er sagt auch, die Abhängigkeit von russischem Gas hat sich von 80 Prozent auf 30 Prozent reduziert. Auf die Frage: wie, wann, wo, zu welchen Kosten?, hat er gesagt: Nein, das betrifft Ge­schäftsgeheimnisse von den Energieversorgern, das kann er nicht beantwor­ten. – Das ist wahrscheinlich auch Ihre Antwort, aber Sie werden es irgendwann einmal darlegen lassen.

Kollege Stocker von der ÖVP hat uns vorgeworfen, wir sind der Geist, der stets verneint. – Wir sind der Geist, der diese Bundesregierung, diese Politik ver­neint. Wir machen uns da sicher nicht mit schuldig, wir sagen Nein zu den EU-Sanktionen in dieser Form, Nein zur unkontrollierten Einwanderung, Nein zur irrationalen Energiewende, endgültiges Nein zur Coronapolitik und Nein zu dieser Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ.)

15.18

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte.