16.22

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Zumindest reicht der innere Koalitionsfriede noch so weit, dass EU-Richtlinien umgesetzt werden können, das ist insofern beruhigend. (Abg. Höfinger: Fürchtet euch nicht!)

Die EU-Richtlinie, die hier umgesetzt wird, sorgt dafür, dass Wertpapierfirmen auch selbst Depotgeschäft betreiben können und selbst Kundengelder entgegennehmen können. Insofern ist das ein Liberalisierungsschritt, den wir sehr begrüßen. Das ändert natürlich in Summe wenig daran, dass das Wertpapiergeschäft generell extrem überreguliert und überbürokratisiert ist und dass jeder Kundenbetreuer, der seinem Kunden Wertpapiere, auch beson­ders sichere und risikoarme, verkaufen möchte, einen Stapel an Unterlagen aus­füllen und sich da einer großen Bürokratie unterwerfen muss.

Das führt mich zur Besteuerung von solchen Wertpapiergeschäften, Kollegin Yılmaz hat es schon angerissen: Die Wertpapier-KESt besteuert ja nicht nur Gewinne, sondern teilweise besteuert sie auch die Substanz, wie Prof. Badelt im Budgethearing auch bestätigt hat. Warum ist das so? Wir haben ja heute schon ein Stadium erreicht, dass selbst die Arbeiterkammer den Mitglie­dern empfiehlt, das Geld nicht auf dem Sparbuch liegen zu lassen, sondern auch Wertpapiere zu kaufen. So weit sind wir. Wenn jetzt die knallrote Arbei­terkammer empfiehlt, Wertpapiere zu kaufen, dann möchte ich den Kollegen von der linken Seite Folgendes mitgeben: Sie kaufen heuer ein Wertpapier um den Preis von 100, und in fünf Jahren haben wir eine Inflationswirkung von sagen wir einmal 20 Prozent Inflation. Dann hat vielleicht dieses Wertpapier, wenn Sie Glück haben, einen Kurswert von 120, und wenn sie es verkaufen, müssen Sie die 20 versteuern, obwohl sie überhaupt keinen Ertrag erwirt­schaftet haben. Sie haben nur den Wert gesichert, und damit wird diese Sub­stanz, diese 20, mit der Wertpapier-KESt besteuert – für den kleinen Sparer, der nicht zockt (Abg. Herr: Oh, der kleine Sparer!), sondern der das Papier lange behält (Abg. Leichtfried: Wenn der Loacker für den kleinen Sparer spricht, stimmt was nicht!), der es für seine Altersvorsorge in der dritten Säule lange behält –, und das ist das Problem der Kapitalertragsteuer.

Ich verstehe schon, dass es ein bisschen wirtschaftliches Denken voraussetzt und dass das besonders auf der linken Seite des Spektrums schwierig ist (Ruf bei der SPÖ: Geh bitte, Gerald! – Abg. Krainer: Oje! Oje!) und natürlich auch auf der Bauernbund- und Beamtenseite schwierig ist.

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „KESt-Befreiung für längerfristige Veranlagungen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, umgehend eine Behaltefrist für die Kapitalertragssteuerbefreiung für Kursgewinne bei Wertpapieren und Fondsprodukten wieder einzuführen.“

*****

Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

16.25

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend KESt-Befreiung für längerfristige Veranlagungen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 187. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1757 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen (Wertpapierfirmengesetz – WPFG) erlassen wird und das Alternative Investment­fonds Manager-Gesetz, das Bankwesengesetz, das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarktauf­sichtsbehördengesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 geändert werden (1815 d.B.) – TOP 7

In dem seit gut einem Jahrzehnt bestehenden Niedrig- bzw. Nullzinsumfeld zahlt sich eine Veranlagung von Ersparnissen auf dem Sparbuch nicht mehr aus - im Gegenteil. Selbst bei den zwischen 2012 und 2020 durchgängig niedrigen jährlichen Inflationsraten von nie mehr als 2,4% (einmalig 2012, ansonsten darunter – Statistik Austria) führt das dazu, dass auf Sparbüchern eingezahlte Ersparnisse an Wert verlieren.

Angesichts aktueller Inflationraten von 10,6% (Nov 2022 iVz Vorjahr, Statistik Austria), einer Inflationsprognosen von um die 8,6% für das Jahr 2022 (OeNB, Okt 2022), und im Euro-Raum hartnäckig niedrigste Zinssätze, bedeutet eine Veranlagung per Sparbuch mittlerweile eine Enteignung durch die Hintertür. Sogar die Arbeiterkammer(AK) empfiehlt eine Veranlagung in Wertpapieren, weil sich über niedrig verzinste Spareinlagen der Verlust durch die Inflation ansonsten nicht mehr ausgleichen lässt (https://help.orf.at/stories/3212339/).

Immer mehr Österreicher_innen aller Einkommensniveaus veranlagen daher in den letzten Jahren in Wertpapiere, um ihre hart erarbeiteten Ersparnisse vor der unglückseligen Kombination von Niedrigstzinsen und Inflation zu schützen. Dabei nehmen sie zugunsten höherer Renditen bewusst auch höheres Risiko in Kauf. Nachdem der Staat bereits über die Lohn- und Einkommenssteuer gut an der Leistung der Steuerzahler_innen verdient hat, schneidet er in Folge auch bei Ersparnissen und Risikobereitschaft mit und erschwert ihnen somit den Werterhalt ihres Ersparten. Vermögensaufbau oder private Altersvorsorge rücken damit in immer weitere Ferne.

Ein Beispiel: Will eine Anlegerin bei einer jährlichen Inflation von 8,6% den Wert ihres Geld lediglich sichern, braucht sie - mit KESt - mittlerweile eine jährliche Performance von 11,7%. Könnte sie eine Veranlagung beispielsweise nach einem Jahr ohne KESt-Pflicht verkaufen, bräuchte dieselbe Anlegerin nur 8,6% Rendite, um den Wert ihrer Ersparnisse erhalten.

Die demographische Entwicklung und der daraus resultierende Druck auf das staatliche Pensionssystem werden einen massiven Ausbau der individuellen, privaten Vorsorge notwendig machen. Eine Kapitalertragssteuerbefreiung für länger­fristige Veranlagungen würde einen deutlichen steuerlichen Anreiz zugunsten einer längerfristigen Veranlagung in Wertpapiere setzen und den Bürger_innen da­bei helfen, ihre Ersparnisse gegen die Auswirkungen der wertevernichtende Kombina­tion aus Inflation und niedrigen Sparbuchzinsen abzusichern.

Die „Erarbeitung einer Behaltefrist für die Kapitalertragssteuerbefreiung für Kursgewinne bei Wertpapieren und Fondsprodukten“, also die Wiedereinführung der früheren Spekulationsfrist, ist im Regierungsprogramm 2020-24 vorgesehen und Anfang 2022 vom Finanzminister angekündigt. Eine rasche Umsetzung dieses Versprechens ist jetzt dringender notwendig, denn je.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, umgehend eine Behaltefrist für die Kapitalertragssteuerbefreiung für Kursgewinne bei Wertpapieren und Fondsprodukten wieder einzuführen."

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Gabriel Obernosterer. – Bitte, Herr Abgeordneter.