18.37

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit etwas Positivem anfangen, Herr Bundesminister. Die beiden Beschlüsse, das Gesund­heitstelematikgesetz dahin gehend zu verändern, dass die Apotheken auch in den nächsten sechs Monaten noch Zugriff auf die Elga-Verordnungen haben und daraus den Bedarf für die Patienten decken können – auch wenn das E-Rezept momentan nicht funktioniert oder da technische Probleme bestehen –, ist als positiv zu begrüßen. Auch die Übergangsregelungen, was die Suchtgiftrezepte anlangt, die im E-Rezept noch nicht abgebildet werden können, ist eine Not­wendigkeit.

Beides hat mit Corona an sich nichts zu tun. Warum das als Covid-abhängige Maßnahme verkauft wird, verstehe ich nicht. Es ist einfach faktisch so, dass die technische Abwicklung anders noch nicht funktioniert und dass diese Über­brückungslösungen tatsächlich für den Praxisalltag notwendig sind. Deshalb bin ich auch froh darüber, dass wir hier im Ausschuss Einstimmigkeit bei der Abstimmung gehabt haben, dass das in diesen Unterpunkten verlängert werden soll.

Auch die Ausschussentschließung, dass die Apotheken eine E-Rezept-Notfall­karte bekommen sollen, und zwar für den Fall, dass ein Patient in Zukunft ohne seine E-Card in die Apotheke kommt und das E-Rezept sonst nicht ausgelesen werden könnte, halte ich für sehr sinnvoll, um nicht zu sagen für zwingend notwendig. Ich habe allein am Montag schon wieder mehrere Anrufe und Fälle von Kunden in der Apotheke gehabt, wo genau das das Problem war: dass ein Patient nicht weiß, ob auf seiner E-Card überhaupt schon eine Verordnung drauf ist oder nicht, und wenn die E-Card dann nicht da ist, kann die Apotheke keine Auskunft erteilen und kann auch nicht versorgen, wenn es nicht diese Not­fallkarte für Apotheken gibt.

In diesem Sinn möchte ich vielleicht noch anmerken, dass wir auch, was den Notfallparagrafen zur Arzneimittelversorgung anlangt, noch immer Rege­lungsbedarf haben, der ebenfalls im Sinne einer Notfallregelung, vielleicht auch parallel mit den erweiterten Zugriffsmöglichkeiten für das E-Rezept, mitgeregelt werden könnte.

Bei den anderen Gesetzen, die verlängert werden, sehe ich das deutlich kritischer, denn wir haben eben durch diese Verlängerung eine Prolongierung der Parallelmaßnahmen oder des Krisenmodus. Da sind zwar einige Maß­nahmen dabei, die wir in der Vergangenheit unterstützt haben, weil sie in einer akuten Pandemie durchaus sinnvoll sein können. Da wir aber mittlerweile mindestens zwei Coronawellen gehabt haben, die von selber gebrochen sind, und wir uns definitiv in einem endemischen Zustand befinden, wäre es höchste Zeit, dass wir das gesamte Gesundheitsmanagement das Coronavirus betreffend in das Regelsystem überführen und Corona wie jede andere Infektionskrankheit mit unserem System und den bestehenden Regularien abdecken.

Genau das passiert nicht, wir prolongieren diesen Ausnahmezustand, diesen Notstand im Endeffekt mit Sondergesetzen, Sonderregelungen und Sonder­kostenersatz. Dass das nicht gescheit ist, darüber haben wir heute schon einmal diskutiert, als es um das Thema des Pflegekräfte- und Ärztemangels im öffent­lichen Gesundheitssystem gegangen ist, wo die Parallelstrukturen, die zur Krisenbekämpfung geschaffen wurden, im Regelsystem dann auch zu massiven Defiziten und in Summe zu Mehrkosten geführt haben.

Das führt mich zur Verlängerung des COVID-19-Lagergesetzes, was aus meiner Sicht tatsächlich der größte Fehlgriff ist, der da passiert. Sie müssen sich Folgendes vorstellen, meine Damen und Herren: Der Bund kauft direkt Arznei­mittel ein, lagert diese und verteilt sie. So weit, so schlecht, weil wir eigentlich ein sehr gut funktionierendes Arzneimittelvertriebssystem in Öster­reich haben, eines der besten Europas, wage ich zu behaupten, das diese Aufgabe problemlos hätte bewältigen können, hätte man es nur lassen. Bezie­hungsweise wurde auf diese Strukturen ja auch in der Logistik zurück­gegriffen, aber nicht in der Beschaffung und in der Erstlagerung.

Jetzt haben wir im heurigen Jahr Covid-Arzneimittel und Covid-Impfstoffe um 650 Millionen Euro gekauft, vollkommen am Bedarf vorbei, beziehungsweise waren sie, als wir sie gebraucht hätten, noch nicht auslieferbar, obwohl sie schon in Österreich lagernd waren. Bei den monoklonalen Antikörperpräparaten haben wir jetzt das Problem, dass die bei den aktuell zirkulierenden Varianten nicht einmal mehr wirken. Das heißt, wir haben Zehntausende, wenn nicht Hundert­tausende Coronainfektionen gehabt, wo wir diese Medikamente frühzeitig an Risikogruppen hätten abgeben sollen, vor allem im vergangenen Frühling. Geschehen ist das aufgrund dieser Parallelstrukturen nicht rechtzeitig und in viel zu geringem Ausmaß. Und jetzt wird von der Bundesregierung beziehungsweise den Regierungsfraktionen ein Gesetz beschlossen, mit dem dieses Lagergesetz nicht nur um sechs Monate verlängert wird, sondern in das gleichzeitig eine Bestimmung mitaufgenommen wird, wonach diese ganzen überbevorrateten Bestände im Endeffekt verschenkt werden können: Präparate im Wert von 650 Millionen Euro! Ein Teil ist zur Anwendung gekommen, aber sicherlich deut­lich mehr als die Hälfte dieser Präparate sind noch auf Lager und werden jetzt nicht nur an staatliche Organisationen und Gesundheitseinrichtungen aktiv abgegeben, nein, sie dürfen quasi überallhin verschenkt werden, an NGOs und Sonstige. Hauptsache, weg damit.

Das zeigt, wie ineffizient diese Beschaffungsstruktur war. Das, was man geglaubt hat, sich mit einer zentralen Beschaffung über die EU zu sparen, verpul­vern wir in Österreich aufgrund einer völligen Misswirtschaft im Lagermana­gement wahrscheinlich doppelt und dreifach. Deshalb die vehemente Kritik von mir an dieser Verlängerung.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, hätten wir das Ganze – bedarfsorientierte Bestellungen über den pharmazeutischen Großhandel und die Hersteller direkt mit Abrufkontingenten – gleich ins Regelsystem übergeführt, hätten wir diese Überbevorratung gar nicht gehabt. Das wäre uns unter dem Strich um ein Vielfaches billiger gekommen, und das Geld, sehr geehrter Herr Bundes­minister, bräuchten wir in anderen Bereichen ganz dringend.

Wir haben schon darüber gesprochen: Gerade auch auf der Ebene des Arznei­mittelvertriebs, bei den pharmazeutischen Großhändlern, aber auch bei den öffentlichen Apotheken bestünde zum Beispiel Bedarf, für notwendige Anti­bio­tika und andere systemrelevante und lebenswichtige Medikamente nationale Kontingente in den bestehenden Vertriebsstrukturen zu schaffen und das auch entsprechend zu honorieren. Im Bereich der Handelsspannen und des Kos­tenersatzes, in dem ja alles gesetzlich geregelt ist, trifft die Teuerung alle System­leister natürlich auch doppelt und dreifach hart: durch die gestiegenen Per­sonalkosten ab Jänner, die hohen Energiekosten, die hohen Treibstoffkosten in der Auslieferung. Auch da besteht dringender gesetzlicher Regelungsbedarf.

Die Sozialversicherung alleine wird das wahrscheinlich nicht schultern können. Da wäre eine Finanzunterstützung vonseiten des Bundes vielleicht auch hilfreich gewesen und da wäre ein guter Teil dieser 650 Millionen Euro für Präparate, die jetzt auf Halde liegen und vielleicht entsorgt oder verschenkt werden, besser investiert gewesen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

18.44

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Hammer. – Bitte.